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Marco Polo der Besessene 2

Marco Polo der Besessene 2

Titel: Marco Polo der Besessene 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Jennings
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sie auszunutzen. Mir war mehr als ein wenig unbehaglich zumute zu hören, wie ein rauher und vor keinem Mord zurückschreckender Bandit mir erklärte, er sei mir zu Dank verpflichtet, ihm nicht beim sikis-Machen mit seiner Braut zuvorgekommen zu sein, wie er es nannte. Immerhin war ich aber auch von Herzen dankbar, zumindest einmal im Leben Zurückhaltung geübt zu haben.
    »Qismet nennen wir das«, sagte er. »Schicksal, Zufall. Ihr wart gut zu meiner Sitaré. Jetzt bin ich gut zu Euch.«
    Nun kam nach und nach heraus, daß Neb Efendi, dem man es in Kashan unmöglich gemacht hatte, als Schuster wohlhabend zu werden -dort machten die Menschen keinen Unterschied zwischen einem edlen Kurden und einem bösen Turk, verachteten aber beide gleichermaßen -, seine Frau in seine Heimat Kurdistan zurückgebracht hatte. Doch hier kam er sich gleichfalls entfremdet vor, als Vasall eines Turk-Regimes, das wiederum Vasall des Mongolen-Ilkhanats war. So hatte er sein Handwerk aufgegeben, nur den Namen davon behalten und sich als Schuhbrigant dem Aufstand verschworen.
    »Ich habe ein Beispiel Eurer Fertigkeit als Schuster und Schmied gesehen«, sagte ich zu ihm. »Das war -klar und deutlich.«
    Bescheiden sagte er: »Bosh«, ein Turk-Wort, das soviel bedeutet wie: »Ihr schmeichelt mir zu sehr.«
    Doch Sitaré nickte stolz. »Ihr meint den Schäfer. Er war es, der uns in Tunceli auf Eure Fährte gesetzt hat. Ja, Marco Efendi, mein geliebter und tapferer Neb ist entschlossen, alle Kurden sich gegen ihre Unterdrücker erheben zu lassen und alle Schwächlinge, die sich ihnen unterwerfen wollen, zu entmutigen.«
    »Das hatte ich mir fast so gedacht.«
    »Wißt Ihr, Marco Efendi«, sagte er und hämmerte sich mit der Faust laut an die Brust, »daß wir Kurden die älteste Aristokratie in der Welt darstellen? Unsere Stammesnamen gehen zurück auf die Tage von Sumer. Und seither haben wir eine Tyrannei nach der anderen bekämpft. Wir haben uns gegen die Hetiter gewehrt
    und gegen die Assyrer, wir haben Cyrus geholfen, Babylon zu besiegen. Zusammen mit Salah-ed-Din dem Großen haben wir gegen die ersten brandschatzenden Kreuzritter gekämpft. Vor noch nicht zwanzig Jahren haben wir ohne jede Hilfe von anderen in der Schlacht von Arbil zwanzigtausend Mongolen erschlagen. Trotzdem sind wir immer noch nicht frei und unabhängig. Deshalb ist es jetzt meine Aufgabe, erst das Mongolenjoch abzuschütteln und dann das der Turk.«
    »Ich wünsche Euch Erfolg, Chiti Ayyakabi.«
    »Nun, meine Bande und ich sind schlecht ausgerüstet. Aber die Waffen Eurer Mongolen und ihre Pferde sowie der nicht
    geringe Schatz, den sie mitführten, hilft uns enorm.«
    »Ihr wollt uns berauben? Das nennt Ihr, gut zu uns sein?«
    »Ich hätte auch weniger gut sein können.« Wie beiläufig zeigte er auf den Haufen toter Mongolen. »Ich bin froh, daß Euer qismet es anders gewollt hat.«
    »Da wir gerade vom qismet sprechen«, sagte Sitaré strahlend, um mich abzulenken, »sagt mir, Marco Efendi, wie geht es meinem lieben Bruder Aziz?«
    Wir befanden uns in einer heiklen Lage, zu diesem Schluß kam ich, und ich wollte sie nicht noch schlimmer machen. Weder sie noch ihr wilder Mann würden überglücklich sein, wenn sie hörten, daß ihr kleiner Bruder seit über zwanzig Jahren tot war, daß wir zugelassen hatten, daß er von einer Räuberbande getötet wurde, die sehr ähnlich derjenigen war, die sie selbst bildeten. Warum eine alte Freundin bekümmern? So log ich, und log so laut, daß mein Vater alles mitbekam und mir hoffentlich hinterher nicht widersprach.
    »Wie Ihr wünschtet, Sitaré, haben wir Aziz nach Mashhad gebracht und die ganze Reise über dafür gesorgt, daß er keusch blieb. Dort angekommen, hatte er das seltene Glück, augenblicklich das bewundernde Auge eines feinen und wohlhabendfetten Handelsfürsten auf sich zu ziehen. Wir ließen sie zusammen zurück, und sie schienen sich von Tag zu Tag mehr zu mögen. Soweit ich weiß, treiben sie immer noch gemeinsam Handel, zwischen Baghdad und Balkh die Seidenstraße auf und ab. Aziz muß inzwischen ein reifer Mann sein, aber ich habe keinen Zweifel, daß er immer noch so wunderschön ist wie damals. Und wie Ihr es seid, Sitaré.«
    »Al-hamdo-lillah, das hoffe ich auch«, sagte sie aufseufzend. »Ich habe, als sie heranwuchsen, soviel Ähnlichkeit zwischen meinen eigenen beiden Söhnen und Aziz zu sehen vermeint. Aber mein überaus männlicher Neb, der ja kein Kashaner ist, wollte nicht zulassen, daß ich

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