Marcos Verlangen
jetzt auch noch selber bewusst machen?
„…aber? Da kommt doch noch ein ‚aber’ hinterher, oder nicht? Du kannst von mir nicht genug bekommen, aber – was?“, unterbrach er ihre verzweifelten Überlegungen und sah sie aufmerksam an.
„…aber eigentlich gehöre ich nicht hierher“, entfuhr es ihr nun doch gegen ihren eigenen Willen. Zugleich aber ließ ein Blick in sein markantes Gesicht ihr Herz heftig und schmerzhaft schlagen.
Sie wünschte es sich so sehr. Sie wünschte sich so sehr, zu ihm zu gehören, wirklich zu ihm, mit allen Konsequenzen. Sie hatte zuerst nur mit Mühe glauben können, dass er offensichtlich doch mehr von ihr wollte als nur eine zwanglose Bettgeschichte. Doch mit ihren schnell wachsenden und offensichtlich unrealistischen Träumen war sie inzwischen sogar diesem Zugeständnis weit enteilt. Denn mehr als sie bereits hatte, konnte und wollte er ihr offensichtlich nicht zugestehen. Damit musste sie sich nun begnügen.
Sie schloss hilflos die Augen und drehte sich auf die andere Seite.
„Du hast Recht, Marco“, murmelte sie und seufzte leise. „Ich sollte lieber schlafen. Gute Nacht!“
Da lag sie also und wandte ihm den Rücken zu. Ganz nahe bei ihm, so nahe, dass er fast ihre Körperwärme zu spüren glaubte, und doch erschien sie ihm so ungreifbar fern.
Wie war das gewesen? Was hatte sie da gesagt?
„… ich gehöre nicht hierher …“
Wie konnte sie nur?
Eine eisige Woge aus Panik schoss durch seine Adern. Hatte sie es sich nun doch noch anders überlegt? Obwohl sie auf seine Angebote eingegangen war? Obwohl sie sich mit ihren Eltern zerstritten hatte?
Er sah nur ihre Schultern aus der Decke ragen, und ihren schlanken Hals. Das jetzt offene Haar fiel lockig über ihr Kissen. Eine Strähne lag fast in unmittelbarer Nähe seiner Nase, doch er widerstand der Versuchung, sie zu nehmen und sich um den Finger zu wickeln. Daran zu riechen. Sein Gesicht in dieser weichen, braunen Flut zu vergraben. Falls sie wirklich am Einschlafen war, wollte er sie weder durch Geräusche noch Bewegungen daran hindern, obwohl sein Drang, sie zu berühren, fast übermächtig war.
„…ich gehöre nicht hierher…“
Sie würde ihn verlassen! Dessen war er sich plötzlich vollkommen sicher.
Marco versuchte mit äußerster Mühe, seine Atmung unter Kontrolle zu halten und drehte sich so leise wie möglich auf den Rücken. Mit zusammengebissenen Zähnen starrte er eine Weile zur Decke und ließ den vergangenen Abend noch einmal Revue passieren.
Obwohl Ella sich weder mit Anita noch mit Adriana besonders gut zu unterhalten schien, hatte sie auch ihn während der ganzen Zeit kaum eines Blickes gewürdigt, das war ihm aufgefallen. Doch hatte er sich bis zu diesem Moment geweigert, diesem Umstand irgendeine Bedeutung beizumessen.
War das ein Fehler gewesen?
Er selber hatte sich den ganzen Abend über beherrschen müssen, ihr nicht ständig auf die Brüste zu starren. Dass sie keinen BH trug, erregte ihn phasenweise dermaßen, dass er sich kaum noch auf das Gespräch mit seinen Freunden konzentrieren konnte und er hätte nichts lieber getan, als Ella in die Theatertoilette zu zerren und sich endlich Entspannung zu verschaffen.
Bei der Erinnerung daran konnte er gerade noch ein Stöhnen unterdrücken.
Sie aber hatte von der Situation ziemlich unbeeindruckt gewirkt. Vielleicht war er ja doch nicht das, was sie sich unter einem passenden Partner vorstellte. Schließlich war er eher nüchtern und zugeknöpft, ein staubtrockener Theoretiker und manchmal konnte er durchaus auch wortkarg sein. Doch er hatte bisher gedacht, er hätte ihr deutlich genug gezeigt, was er für sie empfand.
Über seine Scheidung würde er in den nächsten Tagen mit Massimo reden, das hatten sie an diesem Abend unter vier Augen vereinbart. Ella gegenüber wollte er das Thema jedoch erst zur Sprache bringen, wenn er auch wirklich handfeste Ergebnisse vorzuzeigen hätte. Nicht früher. Er wollte sie nicht früher als unbedingt nötig in diesen Konflikt hineinziehen, den er unausweichlich auf sich zu kommen sah.
Er stellte sich das Gespräch nicht zum ersten Mal vor, das er mit ihr führen würde – wenn es soweit war und er ihr sagen konnte, dass er endlich geschieden war und ganz mit ihr zusammen sein wollte. Und es dann auch offiziell und mit allen Konsequenzen sein durfte. Den Ring hatte er bereits gekauft – einen hübschen Einkaräter, den er ihr an jenem für ihn so wichtigen Tag an den Finger stecken
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