Marcus Gladiator - Aufstand in Rom (German Edition)
knurrte der Zenturio. Er ballte verärgert die Fäuste und fuhr dann plötzlich zu Marcus herum. »Du kannst es schaffen! Du bist leicht genug, dass das Eis dein Gewicht tragen kann. Geh da hinaus. Schiebe die Standarte ins Wasser.«
Marcus schaute über die weite Schneefläche. Es war unmöglich auszumachen, wie dick das Eis war.
»Wir haben keine Zeit zum Nachdenken!« Der Zenturio packte ihn bei den Schultern. »Du musst jetzt gehen, ehe sie uns alle niedermetzeln. Geh!«
Marcus nickte. Wenn er schon starb, dann aus einem guten Grund. Wenn er schon seine Mutter nicht retten oder seinem wirklichen Vater Ehre machen konnte, dann würde er das hier in Erinnerung an den alten Soldaten tun, den er immer geliebt hatte. Er würde es für Titus tun. Er steckte sein Schwert in die Scheide, schlängelte sich durch die Männer, die am Rand des Sees standen, und trat behutsam auf das Eis. Die Standarte war nicht mehr als zwanzig Schritte entfernt und Marcus ging vorsichtig darauf zu. Er war sich bewusst, dass zu beiden Seiten der Kampf einem blutigen Ende entgegenging. Der wilde Angriff der Rebellen hatte die römischen Kohortenzerschlagen, und nur wenige kleine Gruppen von Männern blieben, am Ufer des Sees entlang verteilt, und verkauften ihr Leben so teuer wie möglich.
Einzelne Legionäre hatten ihre Waffen weggeworfen und versuchten, sich zu ergeben. Aber die Rebellen metzelten alle Römer nieder, wo sie standen oder knieten. Eine Handvoll Legionäre versuchte, auf das Eis zu fliehen, aber es brach unter ihnen ein, und nun strampelten sie sich im eisigen Wasser ab, bis die Kräfte sie verließen.
Marcus hörte ein dumpfes Knirschen unter seinen Stiefeln und blieb reglos stehen. Das Geräusch ließ nach, und nach einer Weile ging Marcus ein paar Schritte weiter. Noch ein Knirschen, diesmal lauter, dann ein Krachen. Wieder blieb er mit pochendem Herzen stehen, ließ sich langsam auf alle viere nieder, ehe er weiter auf die Standarte zukroch und winselte, weil das Eis an seiner nackten Haut brannte. Er war kaum noch zehn Fuß von der Standarte entfernt, als das Eis wieder zu krachen begann. Marcus ließ sich auf den Bauch nieder und robbte langsam vor. Seine Finger griffen nach dem roten Tuch, auf das mit Goldfaden die Nummer der Kohorte gestickt war. Als das Eis unter ihm knirschte, biss Marcus die Zähne zusammen, packte den Stoff mit den Fingern und zog ihn zu sich her. Dann nahm er die Standarte in beide Hände, rollte sich langsam auf den Rücken und holte tief Luft. Er zählte bis drei und schleuderte sie dann mit aller Kraft über Kopf fort.
Durch die plötzliche Bewegung brach das Eis unter ihm auf und Wasser drang in seinen Umhang und seine Tunika. Weil er fürchtete, das Eis könnte jeden Augenblick unter ihm nachgeben, schlängelte sich Marcus auf dem Bauch zum Ufer desSees zurück, bis er sicher war, dass das Eis dick genug war und er sich wieder auf die Füße rappeln konnte. Er blickte zurück, um sicher zu sein, dass von der Standarte keine Spur mehr zu sehen war. Dann eilte er auf die Überlebenden der Kohorte zu, die beim See zusammengedrängt standen. Die Rebellen hatten sie umringt und starrten sie grimmig und schweigend an.
»Gut gemacht, Junge.« Der Zenturio hieb ihm anerkennend auf die Schulter. »Dazu brauchte es Mut. Und jetzt kann die Kohorte sterben und ihre Ehre bewahren.«
»Sterben?«, sagte Quintus.
»Was sonst?« Der Zenturio deutete auf die Rebellen. »Sie werden jeden Augenblick angreifen. Es wird alles sehr schnell vorbei sein.«
Aber es kam kein Angriff. Beide Seiten wichen nicht von der Stelle, standen schwer atmend da und warteten.
»Warum greifen sie nicht an?«, fragte Quintus mit bebender Stimme. »Um Himmels willen, warum?«
Dann sah man eine Bewegung in den Reihen der Rebellen, und eine hoch aufgeschossene Gestalt tauchte auf, schritt auf die Römer zu und blieb zwei Schwertlängen von ihren Schilden entfernt stehen. Der Mann trug ein langes, schweres Schwert in der einen Hand und sein dunkles Haar war mit einem Lederriemen zurückgebunden. Marcus erkannte ihn sofort. Es war derselbe Mann, der vor einigen Tagen den Hinterhalt gegen Caesars Gruppe angeführt hatte. Mandracus funkelte die Römer einen Augenblick an, ehe er ausspuckte und sich an sie wandte.
»Der Kampf ist vorüber. Ihr seid besiegt. Werft eure Waffen fort, dann sollt ihr leben. Wenn nicht, dann werdet ihr daniedergemetzelt, wo ihr steht.«
Nach kurzer Stille senkte Quintus sein Schwert und schritt zum
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