Marcus Gladiator - Aufstand in Rom (German Edition)
zu kämpfen, wenn es sein muss, auch zu sterben. Nur dafür.«
Brixus schaute ihn verständnisvoll an. »Natürlich, Marcus. Das begreife ich gut. Aber da spricht der Junge aus dir. Man hat dir deine Kindheit geraubt und du willst sie wiederhaben. Wenige Leute in diesem Lager haben je die Chance gehabt, das zu genießen, was du kanntest und verloren hast. Das ist eine ungeheure Ungerechtigkeit. Vielleicht bist du noch zu jung, um das zu verstehen. Aber eines Tages wirst du es begreifen. Das bedeutet es nämlich, erwachsen zu sein. Zu verstehen, dass es auf der Welt Wichtigeres gibt als dich und deinen Traum.«
»Es ist kein Traum!«, blaffte Marcus zurück, und er bemühte sich krampfhaft, die Tränen zu unterdrücken. Er wünschte, er könnte den Schmerz erklären, der jedes Mal an seinem Herzen zerrte, wenn er an seine Mutter dachte. Die schrecklichen Schuldgefühle, die an ihm nagten, weil er es nicht geschafft hatte, sie zu retten. »Ich werde meine Mutter befreien. Sie ist alles, was für mich wichtig ist.«
»Marcus … Wir haben alle eine Mutter. Ich habe meine verloren, als mein Herr sie verkauft hat. Ich konnte nichts tun, um das aufzuhalten. Glaubst du, dass ich anders bin als du? War mein Verlust geringer als deiner?«
Marcus war der Hals wie zugeschnürt. Er konnte nicht sprechen. Wenn er es versuchen würde, da war er sich sicher, würde seine Stimme brechen und er würde an einer Welle des Schmerzes und der Tränen ersticken. Zum Glück sprachBrixus wieder, erneut mit großem Mitgefühl.
»Marcus, komm zu uns, dann kämpfst du für deine Mutter und jede andere Mutter und ihr Kind, die je so gelitten haben wie du, vielleicht sogar mehr.«
Er drückte Marcus sanft den Arm. »Du bist müde. Am besten ruhst du dich jetzt aus, nachdem du gegessen hast und dir warm ist. Bleibe hier beim Feuer und schlafe. Wir reden morgen früh weiter. Ich bin sicher, dann verstehst du die Wahrheit meiner Worte.«
Marcus schaute ihn an.»Und wenn nicht?«
»Du wirst es verstehen.« Brixus’ Miene verhärtete sich. »In diesem Konflikt gibt es nur zwei Seiten, Marcus. Die, die für die Freiheit kämpfen, und die, die es nicht tun.« Er ließ die Hand sinken, erhob sich dann und schaute zu Marcus herunter. »Um unserer Freundschaft willen hoffe ich, dass du dich für die richtige Seite entscheidest.«
XXI
Marcus lag zusammengerollt auf den Tierfellen neben der Feuerstelle und konnte trotz seiner Erschöpfung nicht schlafen. Er konnte die letzten Worte, die Brixus gesprochen hatte, nicht aus seinen Gedanken verbannen. Die Drohung war nicht zu überhören gewesen. Er musste sich entweder einverstanden erklären, die Symbolfigur des neuen Aufstands zu werden, oder er wäre einer von Brixus’ Feinden. Dann wäre sein Leben in Gefahr und folglich auch das seiner Mutter. Doch wenn er tat, was Brixus verlangte, wäre er kaum mehr als eine Marionette, die Brixus seinen Anhängern vorhielt, um sie in den beinahe sicheren Tod zu locken.
Marcus war sich sicher, dass der neue Aufstand zum Scheitern verurteilt war. Selbst wenn Brixus es schaffte, einen Massenaufstand anzuzetteln, wären doch die allermeisten Kämpfer ehemalige Feldarbeiter oder Haussklaven und hatten wenig Chancen, gegen die römischen Legionen zu überleben. Es würde ein Blutbad geben. Zehntausende würden sterben, und sobald der Aufstand niedergeschlagen war, würden die Römer ihre Sklaven mit noch mehr Grausamkeit und Misstrauen als jetzt behandeln.
Die Zeit war noch nicht reif für eine Rebellion. Rom war zustark und die Sklaven waren zu schwach. Es wäre klüger, auf eine bessere Gelegenheit zu warten, dachte Marcus. Aber was war, wenn diese Zeit niemals kam, fragte eine leise Stimme in seinem Hinterkopf. Wie lange mussten die Sklaven geduldig ausharren, ehe sie ihre Ketten abwerfen konnten? Zehn Jahre? Zwanzig? Ein Leben lang? Die Stimme schien ihn zu verspotten. In diesem Fall wäre es besser, nicht einmal an einen Aufstand zu denken.
Marcus fühlte sich hin- und hergerissen zwischen dem Verlangen, gegen das Übel der Sklaverei zu kämpfen, und dem Wissen, dass Brixus’ Kampf nur mit einer Niederlage enden konnte. Schließlich traf er schweren Herzens eine Entscheidung, auch wenn sie ihm wie Blei auf der Seele lastete.
Im matten Schimmer der Glut konnte er seine Umgebung gerade gut genug sehen, dass er den Ausgang der Hütte erahnen konnte. Marcus zog sich müde hoch und tappte zu dem Ledervorhang. Er blieb stehen und lauschte, doch draußen war
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