Marcus Gladiator - Aufstand in Rom (German Edition)
kein Geräusch zu hören. Er holte tief Luft, schob vorsichtig das Leder zur Seite und schaute nach draußen. Die freie Fläche vor der Hütte schien menschenleer, bis auf einen einzelnen Wächter, der sich über ein kleines Feuer beugte und einige frische Holzscheite auflegte. Die anderen waren fortgegangen, und der matte Schein ringsum im Tal zeigte an, dass man die meisten anderen Lagerfeuer hatte herunterbrennen lassen, um verräterischen Rauch zu vermeiden, sobald die Morgendämmerung gekommen war. Der Himmel war zum größten Teil von Wolken bedeckt. Nur an einigen klaren Stellen waren Sterne zu sehen.
Wahrscheinlich würde es wieder Schnee geben, überlegteMarcus. Das wäre gut. Frisch gefallener Schnee würde seine Spuren verbergen.
Er beobachtete den Wächter, wie er sich hinhockte und die Hände zum Feuer streckte, um sie über den Flammen zu wärmen, die aus den neu aufgelegten Scheiten züngelten. Der Mann schien im Augenblick beschäftigt zu sein, sodass Marcus es wagte, sich aus der Hütte zu schleichen. Er lief geduckt an der Mauer entlang, bis er außer Sichtweite war. Dann blieb er stehen und versuchte, sich an die Lage des Tals zu erinnern, wie er es gesehen hatte, nachdem man ihm die Augenbinde abgenommen hatte. Er ging in die Richtung zurück, aus der Brixus und seine Männer gekommen waren, und sah dann die unverkennbare Lücke in der Felswand vor dem helleren Hintergrund des Nachthimmels. Das schien ihm der wahrscheinlichste Ort für den verborgenen Eingang zum Tal zu sein.
Er lauschte noch einmal, ob alles still war, kroch dann weiter von der Hütte fort und schlich vorsichtig durch das Lager. Aus den grob gebauten Hütten und Unterkünften ertönten ab und zu ein paar Schnarcher oder gemurmelte Worte. Alles wurde noch vom Scharren und Schnauben der Tiere begleitet, die in den Pferchen eingeschlossen waren und deren warmer Geruch sich mit dem langsam verebbenden Duft des Holzrauchs mischte. Marcus schlich sich von der Deckung eines Gebäudes zum nächsten und hielt ab und zu inne, um sicher zu sein, dass er keine Aufmerksamkeit erregt hatte. Er hielt Augen und Ohren offen, um sich davon zu überzeugen, dass sich auch vor ihm nichts regte, ehe er den nächsten Schritt wagte. Einmal musste er sich flach auf den Bauch werfen, alsein Mann aus einem der Zelte hervorgetaumelt kam, um sich zu erleichtern. Er wartete, bis der Mann mit einem schläfrigen Murmeln wieder verschwunden war.
Endlich erreichte Marcus einen Pfad am Ende des Lagers, der sich einen Hügel hinunter zu den Felsen schlängelte. Er bemerkte, dass es das ausgetrocknete Bett eines kleinen Bachs war, und vermutete, dass dieser vor vielen Jahren durch die Schlucht zwischen den Felsen geflossen war, die nun den Eingang zum Tal bildete. Der Bach hatte wohl einen neuen Lauf gefunden oder die ersten Siedler im Tal hatten ihn umgelenkt.
Marcus schlich um einen großen Felsblock herum und blieb wie angewurzelt stehen, als er am Fuß der Felsen, die kaum fünfzig Schritt entfernt waren, eine ruhige Unterhaltung hörte.
»Brixus und seine Jungs haben heute eine schlimme Schlappe erlebt«, sagte die erste Stimme. »Ich habe gehört, dass er über fünfhundert Männer verloren hat.«
»So viele?«, antwortete die andere Stimme schroff. »Ein schwerer Schlag für uns. Aber schlimmer für die Römer.«
»Wieso?«
»Du hast ihn doch gehört. Sie sind voll in die Falle gelaufen. Sie hatten Glück, dass sie davongekommen sind, ehe sie völlig in Stücke gerissen wurden. Sobald die Nachricht von Caesars Niederlage Rom erreicht, wissen sie, dass wir eine ernsthafte Gefahr darstellen, und dann müssen sie unsere Forderungen in Erwägung ziehen.«
»Glaubst du das wirklich? Wenn wir überhaupt gewinnen, dann bezweifle ich, dass wir noch viele von Brixus’ sogenannten Siegen überleben könnten.«
»Pass bloß auf. Solche Reden können gefährlich werden.«
»Hierbleiben ist auch gefährlich. Das hier wird bestimmt nicht der große Aufstand, den man uns versprochen hat. Es ist nicht mal sicher, ob es mir hier besser geht als zu den Zeiten, in denen ich noch Sklave war. Zumindest habe ich da anständig zu essen bekommen und hatte eine vernünftige Unterkunft. Jetzt knurrt mir ständig der Magen, und mir ist so kalt, dass ich kaum aufhören kann zu bibbern.«
»Ruhig!«, zischte sein Gefährte. »Willst du, dass uns alle hören? Was, wenn dieser Mandracus seine Runden macht, he? Wenn der hört, dass du so vom Leder ziehst, dann reißt er dir
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