Margaret Mitchell
ährige.
»Ich habe
gemeint, Sie wären zu stolz, um Mrs. Merriwether im Aussehen nachzueifern«,
stichelte er, »und hätten besseren Geschmack, als mit diesem Schleier einen
Kummer zur Schau zu tragen, den Sie nie empfunden haben. Ich mache eine Wette
mit Ihnen. Binnen zwei Monaten verschwinden Haube und Schleier von Ihrem Kopf
und werden durch eine elegante Pariser Modeschöpfung ersetzt.«
»Wir
wollen nicht weiter darüber sprechen«, sagte Scarlett. Sie ärgerte sich über
seine erneute Anspielung auf Charles. Rhett war eben im Begriff, von Wilmington
nach Europa abzureisen, und verabschiedete sich mit spöttischem Lächeln auf seinem
Gesicht.
Ein paar
Wochen später erschien er an einem strahlenden Sommermorgen mit einer bunt
verzierten Hutschachtel in der Hand, und als er sah, daß Scarlett allein zu
Hause war, öffnete er sie. Unter Schichten von Seidenpapier steckte ein Hut,
bei dessen Anblick sie in die Worte ausbrach: »Ach, wie entzückend!« Sie hatte
den Anblick und nun gar den Besitz neuer Kleider so lange bitterlich entbehren
müssen, daß ihr dieses Pariser Modell als das entzückendste vorkam, was sie je
gesehen hatte. Der Hut war aus dunkelgrünem Taft und mit matt-jadefarbenem
Moire gefüttert. Die Bänder, mit denen er unter dem Kinn zugebunden wurde,
waren so breit wie ihre Hand und ebenfalls mattgrün, und um den Rand kräuselte
sich eine herrliche grüne Straußenfeder.
»Setzen Sie
ihn auf«, sagte Rhett lächelnd.
Sie lief
durchs Zimmer vor den Spiegel, drückte sich den Hut auf den Kopf, streifte das
Haar zurück, um die Ohrringe sichtbar werden zu lassen, und band die Schleife
unter dem Kinn zu.
»Wie sehe
ich aus?« Sie wandte sich auf den Zehenspitzen um und warf den Kopf zurück, daß
die Feder tanzte. Sie wußte, wie hübsch sie war, noch ehe sie die Bestätigung
in seinen Augen las. Unter den grünen Hutbändern sah sie verführerisch keck
aus, und ihre Augen funkelten wie dunkle Smaragde.
»Ach,
Rhett, wessen Hut ist das? Ich will ihn kaufen. Ich gebe Ihnen jeden Cent
dafür, den ich habe!«
»Das ist
Ihr Hut«, sagte er, »wer könnte wohl sonst dieses Grün tragen? Haben Sie etwa
gedacht, ich hätte die Farbe Ihrer Augen vergessen?«
»Haben Sie
ihn wirklich eigens für mich machen lassen?«
»Allerdings,
und auf der Schachtel steht >Rue de la Paix<, wenn Sie sich etwas dabei
denken können.«
Das konnte
sie nicht, während sie sich da im Spiegelbild zulächelte. In diesem Augenblick
war ihr wirklich alles einerlei. Sie sah nur, daß sie mit dem ersten Hütchen,
das sie sich seit zwei Jahren auf den Kopf setzte, bestrickend aussah. Was
wollte sie mit einem solchen Hut auf dem Kopf nicht alles anstellen! Und dann
plötzlich verging ihr das Lächeln.
»Mögen Sie
ihn nicht?«
»Ach, er
ist ja ein Traum, aber der Gedanke ist mir so schrecklich, das entzückende Grün
mit Krepp bedecken und die Feder schwarz färben zu müssen.«
Im Nu war
er bei ihr, löste ihr mit geschickten Fingern die breite Schleife unter dem
Kinn, und schon lag der Hut wieder in der Schachtel.
»Was
machen Sie da? Sie sagten doch, er gehöre mir.«
»Aber
nicht, wenn Sie eine Trauerhaube daraus machen wollen. Ich finde schon noch
eine andere Dame mit grünen Augen, die meinen Geschmack zu würdigen versteht.«
»Nein, das
dürfen Sie nicht! Ich sterbe, wenn ich ihn nicht bekomme. Ich bitte, Rhett,
seien Sie nicht so gemein, geben Sie ihn mir doch.«
»Damit Sie
solche Schreckgespenster daraus machen, wie Ihre andern Hüte sind? Nein!«
Sie hielt
die Schachtel mit beiden Händen fest. Das süße Ding, mit dem sie so jung und
bezaubernd aussah, sollte ein anderes Mädchen tragen? Nie im Leben!
Einen
Augenblick lang kam ihr der Gedanke an Pittys und Melanies Entsetzen. Sie
dachte daran, was alle sagen würden, und ihr schauderte. Aber die Eitelkeit war
stärker.
»Ich
ändere ihn nicht, ich verspreche es Ihnen. Aber nun geben Sie ihn mir.« Mit
einem leisen, spöttischen Lächeln gab er ihr die Schachtel und beobachtete, wie
sie von neuem den Hut aufsetzte und zurechtzupfte und sich vor dem Spiegel
drehte und wand.
»Was
kostet er?« fragte sie plötzlich mit langem Gesicht. »Ich habe nur fünfzig
Dollar, aber nächsten Monat ... «
»In
konföderiertem Geld würde er ungefähr zweitausend Dollar kosten«, sagte er und
grinste über ihre erschrockene Miene.
»Oh weh
... aber wenn ich Ihnen fünfzig Dollar jetzt gebe und dann, wenn ich ... «
»Aber ich
will kein Geld dafür«, sagte er,
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