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Margaret Mitchell

Margaret Mitchell

Titel: Margaret Mitchell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vom Winde verweht
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die W's? Da unten, ganz verschmiert. »White«, las sie mit zitternder
Stimme, »Wilkins ... Winn ... Zebuion ... Oh, Melly, er ist nicht dabei, er ist
nicht dabei! Ach, um Gottes willen, Tantchen! Melly, das Riechsalz!«
    Melly
brachte unter hellen Freudentränen Miß Pittys schwankenden Kopf zur Ruhe und
hielt ihr das Riechfläschchen unter die Nase. Scarlett stützte die dicke alte
Dame von der anderen Seite. Ihr frohlockte das Herz. Ashley lebt, er wurde
nicht einmal als verwundet gemeldet. Gütiger Gott, es hatte ihn verschont!
    Sie hörte
einen leisen Jammerlaut, drehte sich um und sah, wie Fanny Elsing den Kopf an
ihrer Mutter Brust legte. Die Verlustliste wehte aus dem Wagen auf den Boden
nieder. Mrs. Elsings schmale Lippen bebten, als sie ihre Tochter in die Arme
schloß und leise zum Kutscher sagte: »Nach Hause, schnell!« Scarlett überflog
die Liste. Hugh Elsing, Fannys Bruder, war nicht aufgeführt. Fanny mußte einen
Freund gehabt haben, und nun war er tot. In teilnahmsvollem Schweigen machten
die Umstehenden Platz für den Wagen, ihm folgte der kleine Korbwagen mit dem
Pony der McLures. Miß Faith fuhr selbst, ihr Gesicht war wie von Stein, und
diesmal bedeckten die Lippen ihre Zähne. Miß Hope saß aufrecht neben ihr und
hielt den Rock der Schwester fest gepackt. Wie ganz alte Frauen sahen sie aus.
Ihr junger Bruder Dallas war ihr Liebling und der einzige Verwandte, den die
beiden unverheirateten Damen auf der Welt hatten. Dallas lebte nicht mehr.
    »Melly,
Melly!« rief Maybelle freudig. »Rene ist in Sicherheit! Und Ashley auch! Ach,
Gott sei Dank!« Der Schal war ihr von den Schultern geglitten, und ihr Zustand
wurde völlig sichtbar, aber es war ihr und Mrs. Merriwether einerlei. »Oh, Mrs.
Meade! Rene ...« Ihr brach die Stimme. »Sieh doch, Melly!... Mrs. Meade. Darcy
ist doch nicht ...?«
    Mrs. Meade
blickte in ihren Schoß und hob den Kopf nicht, auch nicht, als sie beim Namen
gerufen wurde. Aber das Gesicht des kleinen Phil neben ihr war wie ein offenes
Buch, in dem alle lesen konnten.
    »Ach
Mutter«, sagte er hilflos.
    Mrs. Meade
blickte auf und begegnete Mellys Blicken.
    »Nun
braucht er die Stiefel nicht mehr«, sagte sie tonlos.
    Melly fing
an zu schluchzen, während sie Tante Pitrty gegen Scarletts Schultern schob,
stieg aus dem Wagen und ging zu der Frau des Doktors hinüber.
    »Mutter,
du hast mich ja noch«, sagte Phil in hilflosem Versuch, die bleiche Frau zu
trösten, »und wenn du mich nur fortläßt, schlage ich all die Yankees.«
    Mrs. Meade
packte ihn am Arm, als wollte sie ihn niemals wieder loslassen, und sagte
»Nein!« mit einer Stimme, als erstickte sie daran.
    »Phil, sei
still!« fuhr Melanie ihn leise an, stieg zu Mrs. Meade in den Wagen und umarmte
sie. »Meinst du, es hilft deiner Mutter, wenn du fortläufst und auch noch
fällst? Etwas so Dummes habe ich im Leben noch nicht gehört. Fahr schnell nach
Hause, aber schnell.«
    Als Phil
die Zügel faßte, wandte sich Melanie zu Scarlett zurück. »Sobald du Tantchen
glücklich nach Hause gebracht hast, komme zu Meades herüber. Kapitän Butler,
möchten Sie den Doktor benachrichtigen? Er ist im Lazarett.«
    Der Wagen
fuhr durch die sich schon zerstreuende Menge hindurch, einige Frauen weinten
vor Freude, aber viele sahen wie betäubt aus, als könnten sie den schweren
Verlust nicht begreifen. Scarlett überflog gebeugten Kopfes die verschmierte
Liste, um nach Freundesnamen zu suchen. Nun, da sie Ashley in Sicherheit wußte,
konnte sie auch an andere denken. Ach, wie lang war die Liste! Wie schwer der
Zoll, den Atlanta, den ganz Georgia hatte entrichten müssen! Himmel! »Calvert,
Raiford, Leutnant.« Raif! Plötzlich
entsann sie sich des längst vergangenen Tages, da sie zusammen fortgelaufen
waren und dann doch beschlossen hatten, lieber bei Dunkelwerden wieder nach
Hause zu gehen, weil sie Hunger hatten und sich vor der Nacht fürchteten.
    »Fontaine,
Joseph, Gefreiter.« Der kleine mürrische Joel. Und Sally hatte kaum ihr Kind
bekommen!
    »Munroe,
Lafayette, Hauptmann.« Er war mit Cathleen Calvert verlobt gewesen. Arme
Cathleen. Ihr Kummer war zweifach, ein Bruder und der Liebste. Aber noch größer
war Sallys Verlust. Ein Bruder und der Mann.
    Ach, dies
war fürchterlich. Fast hatte sie Angst, weiterzulesen. Tante Pittypat atmete
schwer an ihrer Schulter. Scarlett stieß sie achtlos in die Wagenecke und las
weiter.
    Da konnten
doch unmöglich ... drei Tarletons auf der Liste stehen? Vielleicht hatte der
Setzer in

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