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Margaret Mitchell

Margaret Mitchell

Titel: Margaret Mitchell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vom Winde verweht
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die Aufregung, all die Gesellschaften und all die bebenden
Herzen! Hurra! Johnston hat zweiundzwanzig Meilen von Atlanta die Yankees zum
Stehen gebracht!
     
    Ja, die
Front von Kennesaw Mountain war unüberwindlich. Nach fünfundzwanzigtägigem
Kampf mußte sich auch General Sherman davon überzeugen, denn seine Verluste
waren ungeheuer. Anstatt nochmals anzugreifen, ließ er seine Armee wieder in
einem großen Bogen schwenken und versuchte, sich zwischen den Gegner und
Atlanta zu schieben. Wieder errang seine Kriegskunst einen Erfolg. Johnston sah
sich gezwungen, die Höhen, die er so tapfer gehalten hatte, zu verlassen, um
seine Rückzugslinie zu decken. Ein Drittel seiner Leute hatte er verloren. Der
Rest schlich im Regen müde durch das Land, dem Chattahoocheeflusse zu. Die
Konföderierten konnten keine Verstärkungen mehr erwarten, während die Eisenbahn
von Tennessee nach Süden bis an das Kampfgebiet jetzt in den Händen der Yankees
war und diesen täglich frische Truppen und Kriegsmaterial zuführte. Die grauen
Reihen zogen sich durch die sumpfigen Felder zurück, zurück nach Atlanta.
    Als die
für uneinnehmbar gehaltenen Stellungen verlorengegangen waren, brach eine neue
Woge des Schreckens über die Bevölkerung herein. Fünfundzwanzig wilde,
glückliche Tage lang hatte jeder dem andern versichert, dies könne sich
unmöglich ereignen. Nun war es geschehen. Aber der General stellte sich den
Yankees jetzt sicher am jenseitigen Ufer, wenn auch der Fluß weiß Gott nahe
genug war, nur sieben Meilen von der Stadt entfernt. Shermann jedoch ging
stromaufwärts über den Fluß und fiel den müden grauen Kolonnen abermals in die
Flanke. Hals über Kopf mußten sie durch das gelbe Wasser, um sich von neuem
zwischen Atlanta und den Feind zu schieben.
    In aller
Eile gruben sie sich nördlich der Stadt im Tal des Pfirsichbaches in flache
Gräben ein. In Atlanta herrschte die Panik der Todesangst. Kampf und Rückzug,
Rückzug und Kampf. Jede Stunde brachte die Yankees näher an die Stadt heran.
Der Pfirsichbach war nur noch fünf Meilen weit weg.
    Der Schrei
nach dem Manne, der standhält und kämpft, drang sogar bis nach Richmond.
Richmond wußte, daß mit Atlanta der Krieg verloren war, und nachdem das Heer
den Chattahoochee überschritten hatte, wurde dem General Johnston der
Oberbefehl entzogen. General Hood, einer seiner Korpskommandeure, wurde
Armeeführer. Die Stadt Atlanta atmete ein wenig ruhiger. Der hochgewachsene
Mann aus Kentucky mit dem wehenden Bart und den blitzenden Augen, der als eine
wahre Bulldogge galt, würde nicht zurückweichen. Er würde die Yankees vom Bach
zum Fluß und vom Fluß zur Straße und von der Straße zum Gebirge und Schritt für
Schritt bis nach Dalton zurückdrängen. Aber die Armee rief: »Gebt uns unseren
alten Joe wieder!« Sie war mit ihm all die mühseligen Meilen von Dalton
rückwärts marschiert und kannte, was die Zivilisten nicht kannten: die
ungeheure Übermacht des Gegners.
    Sherman
wartete nicht, bis Hood zum Angriff fertig war. Einen Tag nach dem Wechsel im
Oberbefehl nahm er mit einem raschen Handstreich das Städtchen Decatur, sechs
Meilen von Atlanta, und schnitt die Eisenbahn ab, die Atlanta mit Augusta,
Charleston, Wilmington und Virginia verband. Damit hatte er den Konföderierten
einen vernichtenden Schlag versetzt. Jetzt wurde es Zeit, zu handeln. Atlanta
schrie nach der Tat.
    In der
dampfenden Hitze eines Julinachmittags bekam Atlanta seinen Willen. General
Hood begnügte sich nicht mit der Verteidigung. Beim Pfirsichbach griff er die
Yankees ingrimmig an und warf seine Leute aus den Schützengräben gegen die
blauen Reihen, die doppelt so stark wie die seinen waren. In angstvollem Gebet
horchten die Bewohner der Stadt auf das Dröhnen der Kanonen und das
tausendstimmige Knattern der Gewehre, das so laut klang, als käme es aus dem
nächsten Häuserblock. Man konnte sogar die Batterien rumpeln hören und den
Rauch sehen, der wie niedrig hängende Wolken durch die Bäume schwebte. Aber
stundenlang wußte niemand, wie die Schlacht stand.
    Am späten
Nachmittag trafen die ersten Ungewissen und widerspruchsvollen Nachrichten mit
den Leuten ein, die zu Beginn der Schlacht verwundet worden waren. Tropfenweise
kamen sie jetzt herein, einzeln und in Gruppen, die leichter Verwundeten
stützten die Humpelnden und Taumelnden. Bald war es ein ununterbrochener Strom,
der den Schmerzensweg in die Stadt zum Lazarett dahinzog. Die Gesichter von
Staub, Pulver und Schweiß so

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