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Margaret Mitchell

Margaret Mitchell

Titel: Margaret Mitchell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vom Winde verweht
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konnte er von der Wiege auf.
    Und doch
blieb Gerald O'Hara er selbst. Seine Lebensgewohnheiten und Ansichten
veränderten sich, aber seine Eigenart wollte er nicht ändern, auch wenn er es
gekonnt hätte. Er bewunderte die lässige Eleganz der reichen Pflanzer, die aus
ihren moosverhangenen Königreichen auf Vollblutpferden nach Savannah geritten
kamen, hinter ihnen die Equipagen ihrer nicht minder eleganten Damen und die
Leiterwagen ihrer Sklaven. Bis zur Eleganz brachte es Gerald nie. Ihre gedehnten,
verschleierten Stimmen schlugen angenehm an sein Ohr, er aber blieb bei seiner
harten irischen Mundart. Er hatte die Grazie gern, mit der sie wichtige
Angelegenheiten obenhin behandelten, ein Vermögen, eine Plantage oder einen
Schwarzen auf eine Pokerkarte setzten, ihre Verluste mit sorglosem Gleichmut
hinnahmen, als wären sie nicht mehr als die Pfennige, die sie den Negerjungen
zuwarfen. Aber Gerald hatte die Armut gekannt und lernte nie, mit Grazie und
Humor Geld zu verlieren. Ein angenehmer Schlag waren sie, diese Georgianer von
der Küste, mit ihrem raschen Aufbrausen, das sich doch in ihrer Sprache so
sanft ausnahm, mit ihren scharmanten Widersprüchen und Ungereimtheiten. Gerald
hatte sie gern. Der junge Ire, der eben aus einem Lande zugewandert war, wo der
Wind kalt und kräftig weht, wo es keine dunstigen, fieberbrütenden Sümpfe gibt,
besaß eine unverwüstliche Lebenskraft, die ihn von der trägen Aristokratie der
Malarianiederungen mit ihrem subtropischen Klima ein für allemal unterschied.
Was ihm nutzen konnte, lernte er; um den Rest kümmerte er sich nicht. Als
nützlichste aller südstaatlichen Gepflogenheiten erkannte er bald das
Pokerspiel und einen Kopf, der dem Whisky standhielt. Seine angeborene Begabung
für Karten und Schnaps trug Gerald zwei seiner drei kostbarsten Besitztümer
ein, seinen Diener und seine Plantage. Das dritte war seine Frau, und sie
verdankte er, nach seiner Meinung, allein der unerforschlichen Güte Gottes.
    Der Diener
namens Pork, tiefschwarz und in den erlesensten Feinheiten der Schneiderkunst
beschlagen, fiel ihm in einer Nacht zu, die er mit einem Pflanzer aus
St.-Simons-Island verpokerte, einem Manne, dessen Kühnheit im Bluffen der
Geralds gleichkam, dessen Kopf aber dem New-Orleans-Rum nicht in gleichem Maße
standhielt. Porks früherer Besitzer erbot sich, ihn um das Doppelte
zurückzukaufen, aber Gerald blieb fest. Mit dem Besitz seines ersten Sklaven
und nun gar des »verdammt noch mal besten Dieners an der ganzen Küste« war die
erste Stufe zur Erfüllung seiner Herzenswünsche erklommen. Gerald wollte
Sklavenhalter und Großgrundbesitzer werden.
    Er war
entschlossen, nicht wie James und Andrew seine Tage mit Feilschen und seine
Nächte bei Kerzenlicht über langen Zahlenreihen zu verbringen. Seine Brüder
empfanden nicht den gesellschaftlichen Makel, der den »Händlern« anhaftete.
Gerald aber tat es. Er wollte Plantagenbesitzer werden. Mit der unstillbaren
Sehnsucht eines Iren, der das Land, auf dem seine Familie einst als Herren
gesessen und gejagt, als verarmter Pächter bebaut hatte, verlangte er nach
eigenen Morgen Landes, die sich grün vor seinen Augen dehnten. Mit einer
Zielsicherheit, die keine Bedenken kannte, begehrte er ein eigenes Haus, eine
eigene Plantage, eigene Pferde und eigene Sklaven. Hier in diesem neuen Lande,
wo er vor den beiden Gefahren, die über seiner alten Heimat schwebten, der
Steuer und der Pachtentziehung, sicher war, hier wollte er sich das alles
verschaffen. Aber solchen Ehrgeiz zu haben und ihn auszuführen, war zweierlei.
Die Küste Georgias war zu fest in den Händen einer in sich abgeschlossenen
Aristokratie, als daß er hoffen konnte, sich je die ersehnte Stellung zu
erringen.
    Aber dann
wirkten Schicksal und Poker zusammen und schenkten ihm die Plantage, die er
später Tara nannte, und trieben ihn zugleich von der Küste weg in das Oberland
im Norden des Staates.
    An einem
heißen Frühlingsabend in einer Kneipe zu Savannah wollte es der Zufall, daß
Gerald das Gespräch eines Fremden in seiner Nähe mit anhörte. Der Fremde war
aus Savannah gebürtig und soeben nach zwölfjährigem Aufenthalt im Innern
zurückgekehrt. In der Landlotterie, durch die der Staat das große Gebiet in
Mittelgeorgia, das die Indianer abgetreten hatten, aufteilte, hatte er ein Los
gezogen. Er war dann hinausgefahren und hatte dort eine Plantage angelegt. Aber
dann war das Haus abgebrannt, und er war seitdem des Platzes überdrüssig und
wäre

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