Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Margaret Mitchell

Margaret Mitchell

Titel: Margaret Mitchell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vom Winde verweht
Vom Netzwerk:
ihn
tief, während ihre gesicherte Lebensstellung seinen Neid erweckte. Im Gegensatz
zu seinem kümmerlichen Dasein waren diese Schwarzen wohlgenährt und gut
gekleidet, und in Alter und Krankheit wurde für sie gesorgt. Sie waren stolz
auf den Namen ihrer Besitzer und zum größten Teil auch darauf, Eigentum von
Leuten zu sein, die der guten Gesellschaft angehörten, während Slattery mit
allgemeiner Geringschätzung betrachtet wurde. Er hätte seinen Hof an jeden
Pflanzer in der Provinz für seinen dreifachen Wert verkaufen können; man hätte
das Geld gern daran gewendet, um ihn los zu sein. Ihm aber war es eine
Genugtuung und ein Trotz, zu bleiben und von dem Ertrag eines Ballens Baumwolle
und der Wohltätigkeit seiner Nachbarn sein Leben zu fristen.
    Mit allen
anderen in der Provinz stand Gerald auf freundschaftlichem Fuß, und mit einigen
war er eng vertraut. Wilkes, Calverts, Tarletons, Fontaines, alle freuten sich,
wenn die gedrungene Gestalt auf dem schweren Schimmel ihre Auffahrt
heraufgaloppiert kam. Man lächelte und ließ die hohen Gläser kommen, in die ein
Gläschen Bourbon-Whisky über einen Teelöffel Zucker und etwas zerquetschte
Pfefferminze gegossen war. Man mußte Gerald gern haben, und mit der Zeit
entdeckten auch die Nachbarn, was die Kinder, Neger und Hunde auf den ersten
Blick herausgehabt hatten, daß hinter der lärmenden Stimme und der rauhen
Formlosigkeit ein gütiges Herz, ein verständnisvolles Ohr und eine offene
Brieftasche zu finden waren. Bei seiner Ankunft ging es jedesmal wie in einem
Tollhaus zu. Hunde bellten, schwarze Kinder jauchzten, wenn sie ihm
entgegenliefen, stritten sich darum, sein Pferd halten zu dürfen, und grinsten
über seine gutmütigen Flüche. Die weißen Kinder wollten auf seinem Knie reiten,
während er mit ihren Eltern über die Niedertracht der Yankees schimpfte. Die
Töchter seiner Freunde vertrauten ihm ihre Liebesgeschichten an, die Söhne, die
Angst hatten, ihre Spielschulden im Arbeitszimmer des Vaters zu gestehen,
hatten an ihm einen Helfer in der Not.
    »Das also
sind Sie schon einen Monat schuldig, Sie junger Schurke!« fuhr er sie dann wohl
an. »Warum, verdammt noch mal, sind Sie nicht eher zu mir gekommen?«
    Sein
Polterton war zu gut bekannt, als daß ihn jemand übelgenommen hätte. Die jungen
Leute lächelten nur betreten und antworteten: »Ach, Mr. O'Hara, es war mir
peinlich, Ihnen damit zu kommen, und mein Vater ...«
    »Ihr Vater
ist unleugbar ein guter Mann, aber strenge. Darum nehmen Sie dies hier, und
damit ist die Sache erledigt.«
    Die Damen
der Plantagenbesitzer kapitulierten zuletzt. Als aber Mrs. Wilkes, eine
vornehme Dame mit einer ungewöhnlichen Gabe zu schweigen, wie Gerald sie
schilderte, eines Abends, nachdem Geralds Pferd die Einfahrt hinausgetrappelt
war, zu ihrem Manne sagte: »Er hat eine etwas rauhe Zunge, aber er ist ein
Gentleman« - da war Gerald endgültig anerkannt. Daß er fast zehn Jahre dazu
gebraucht hatte, ahnte er nicht. Von dem Augenblick an, da er Tara betreten,
hatte er nie gezweifelt, daß er zur vornehmen Gesellschaft gehörte. Aber als er
dreiundvierzig Jahre alt war, sehnig und strotzend von Gesundheit, daß er
aussah wie ein Edelmann auf der Hetzjagd auf einem jener Farbstiche, wurde ihm
klar, daß Tara, so lieb er es harte, und alle die Nachbarn mit ihren offenen
Herzen und Häusern ihm nicht genügten. Er brauchte eine Frau.
    Tara
verlangte gebieterisch nach einer Hausfrau. Die dicke Köchin, eine Schwarze vom
Feld, die nur, weil irgend jemand die Küche versorgen mußte, zur Köchin
befördert war, brachte das Essen nie zur rechten Zeit auf den Tisch, und das
Hausmädchen, eine frühere Pflückerin, ließ den Staub sich auf den Möbeln häufen
und hatte nie reine Wäsche zur Hand, so daß jedesmal, wenn Gäste kamen, alles
drunter und drüber ging. Pork, der einzige ausgebildete Hausneger auf Tara,
hatte die allgemeine Aufsicht über die anderen Dienstboten, aber selbst er war
im Zusammenleben mit Gerald allmählich nachlässig geworden. Er hielt Geralds
Schlafzimmer in Ordnung und servierte mit Würde bei Tisch, aber sonst ließ er
so ziemlich alles gehen, wie es wollte.
    Mit ihrem
unfehlbaren afrikanischen Instinkt hatten die Neger alle längst heraus, daß
Gerald zu der Sorte von Hunden gehörte, die bellen und nicht beißen. Das
nutzten sie schamlos aus. Fortwährend wurden zwar von Gerald schreckliche
Drohungen, die Sklaven nach dem Süden zu verkaufen oder durchzupeitschen,
ausgestoßen, aber

Weitere Kostenlose Bücher