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Margaret Mitchell

Margaret Mitchell

Titel: Margaret Mitchell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vom Winde verweht
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antwortete er langsam, »aber die anderen Damen sollen nicht damit
geängstigt werden. Lange kann der Krieg nicht mehr dauern. Wir haben keine
Leute mehr, die Front aufzufüllen, und es wird mehr desertiert, als die
Berichte zugeben. Die Männer halten es nicht mehr aus, fern der Heimat zu sein,
wenn sie wissen, daß dort der Hunger herrscht. Dann gehen sie nach Hause und
sehen zu, was sie für die Ihren tun können. Ich mache ihnen keinen Vorwurf
daraus, aber es schwächt die Armee. Auch kann die Armee nicht ohne Verpflegung
kämpfen, und Verpflegung gibt es nicht. Ich weiß das, weil es ja mein Beruf
ist, Proviant aufzutreiben. Seitdem wir Atlanta wiederhaben, bin ich überall in
dieser Gegend gewesen, und hier wird keine Maus mehr satt. Ebenso sieht es bis
dreihundert Meilen südlich von Savannah aus. Die Schienen sind aufgerissen,
neue Gewehre gibt es nicht, die Munition geht zu Ende, und Schuhleder ist
nirgends mehr zu bekommen. Wir sind am Ende.«
    Die
schwindenden Hoffnungen der Konföderierten gingen Scarlett nicht sosehr zu
Herzen wie das, was er über die Hungersnot sagte. Sie hatte Pork mit Geld und
Unionscheinen über Land schicken wollen, um Nahrungsmittel und Stoffe
aufzutreiben. Wenn nun Frank die Wahrheit sagte ... Aber Macon war noch nicht
gefallen, in Macon mußte es noch etwas zu essen geben. Sobald die
Einquartierung fort war, wollte sie Pork nach Macon schicken, auf die Gefahr
hin, das kostbare Pferd aufs Spiel zu setzen.
    »Wir
wollen uns heute abend nicht mehr über so Unerfreuliches unterhalten, Mr.
Kennedy«, sagte sie. »Gehen Sie in Mutters kleines Schreibzimmer, und ich
schicke Ihnen Suellen, damit Sie ... nun, damit Sie ein wenig allein sein
können.«
    Errötend
verließ Frank das Zimmer, und Scarlett sah ihm nach.
    »Schade,
daß er sie jetzt nicht heiraten kann«, dachte sie, »dann hätten wir einen Esser
weniger.«
     
    29
     
    Im April
ergab sich General Johnston mit den geschwächten Resten des Heeres, das ihm von
neuem unterstellt worden war, in Nordcarolina, und der Krieg war aus. Erst
vierzehn Tage später gelangte die Nachricht nach Tara. Auf Tara gab es zuviel
zu tun, als daß sich jemand die Zeit hätte nehmen können, außerhalb der
Plantage Neuigkeiten zu erfahren, und da die Nachbarn nicht minder beschäftigt
waren, sah man einander wenig, und die Nachrichten verbreiteten sich langsam.
    Die
Frühjahrsbestellung hatte ihren Höhepunkt erreicht. Die Baumwollsaat und die
Gartensämereien, die Pork aus Macon geholt hatte, sollten gerade in die Erde.
Seit der Reise nach Macon war Pork kaum noch zu gebrauchen gewesen, so stolz
war er darauf, mit seiner Ladung Stoffen, Saatgut, Geflügel, Fleisch und Mehl
heil heimgekehrt zu sein. Immer wieder erzählte er, wie oft er nur mit einem
blauen Auge davongekommen war und welche Schleichund Seitenwege er bei der
Rückkehr habe einschlagen müssen. Fünf Wochen war er unterwegs gewesen, fünf
qualvolle Wochen für Scarlett. Als er heimkehrte, schalt sie ihn dennoch nicht,
so sehr freute sie sich, daß er Erfolg gehabt hatte und soviel von dem Gelde,
das ihm mitgegeben war, wieder zurückbrachte. Sie hatte ihn in dem Verdacht,
daß er nur deshalb so viel Geld zurückbrachte, weil er das Geflügel und den
größten Teil der Nahrungsmittel keineswegs käuflich erworben hatte. Pork hatte
sich geschämt, ihr Geld auszugeben, solange es an der Straße unbewachte
Hühnerställe und leicht zugängliche Rauchhäuser gab.
    Seitdem es
wieder mehr zu essen gab, war auf Tara alles eifrig dabei, dem Leben etwas von
seiner alten Natürlichkeit zurückzugewinnen. Arbeit gab es für alle Hände mehr
als genug. Die welken Stengel der vorjährigen Baumwolle mußten entfernt werden,
ehe die frische Saat in den Boden kam. Das störrische, des Pflügens ungewohnte
Pferd schleppte sich unlustig über die Felder. Im Garten wurde gejätet, gesät
und gepflanzt. Holz wurde gespalten. Die Verschlage und die vielen Meilen von
Zäunen, die die Yankees verbrannt hatten, mußten wieder aufgerichtet werden.
Porks Fallen mußten täglich nachgesehen und die Angeln am Fluß mit frischen
Ködern versehen werden. Da hieß es Betten machen und Fußböden fegen, Essen
kochen und Geschirr waschen, Schweine und Hühner füttern und Eier holen. Die
Kuh mußte gemolken, auf die Weide getrieben und den ganzen Tag über gehütet
werden, damit nicht etwa die Yankees oder Frank Kennedys Leute, falls sie
wiederkamen, sie mitnahmen. Sogar der kleine Wade hatte zum erstenmal

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