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Margaret Mitchell

Margaret Mitchell

Titel: Margaret Mitchell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vom Winde verweht
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seine
Pflichten. Jeden Morgen ging er voller Wichtigkeit mit einem Korb hinaus und
sammelte Zweige und Späne zum Feueranmachen.
    Die
Fontaineschen Jungens, die ersten aus der Provinz, die aus dem Krieg
heimkehrten, brachten die Nachricht von der Kapitulation. Alex hatte noch
Stiefel und kam zu Fuß; Tony traf barfuß auf ungesatteltem Maultier ein. Tony
war immer derjenige in der Familie, der das bessere Teil zu erwählen verstand.
Sie waren nach vier Jahren in Sonne und Wind brauner, magerer und sehniger denn
je und sahen mit den wilden schwarzen Barten, die sie heimbrachten, ganz fremd
aus.
    Auf ihrem
Wege nach Mimosa hielten sie sich nur kurz in Tara auf, um die Mädchen zu
begrüßen und ihnen von der Kapitulation zu erzählen. Dann strebten sie
ungeduldig nach Hause. Alles wäre nun vorüber, sagten sie und schienen sich
nicht allzuviel daraus zu machen und nicht weiter davon reden zu wollen. Das
einzige, was sie beschäftigte, war, ob Mimosa abgebrannt sei oder nicht. Auf
dem Wege von Atlanta südwärts hatte Ruine auf Ruine ihnen die Stellen
bezeichnet, wo befreundete Häuser gestanden hatten, und die Hoffnung, daß ihr
eigenes Haus verschont geblieben sei, war ihnen längst entschwunden. Bei der
willkommenen Nachricht, daß Mimosa noch stand, lachten sie vor Freude und
klatschten sich auf die Schenkel, als Scarlett ihnen von Sallys wildem Ritt und
ihrem schneidigen Sprung über die Hecke erzählte.
    »Ein
famoses Mädel«, sagte Tony, »und scheußlich für sie, daß Joe gefallen ist. Hat
jemand von euch ein bißchen Kautabak, Scarlett?«
    »Hier gibt
es nur noch Krauttabak! Pa raucht ihn im Maisschober.«
    »So tief
bin ich noch nicht gesunken«, sagte Tony, »aber lange wird es nicht mehr
dauern.«
    »Wie geht
es Dimity Munroe?« fragte Alex hastig und etwas verlegen. Scarlett erinnerte
sich, daß er Sallys jüngere Schwester gern gehabt hatte.
    »Gut. Sie
lebt mit der Tante jetzt drüben in Fayetteville. Ihr Haus in Lovejoy ist
abgebrannt. Der Rest der Familie ist in Macon.«
    »Was er
eigentlich wissen möchte, ist, ob Dimity inzwischen irgendeinen tapferen
Offizier aus der Landwehr geheiratet hat«, spottete Tony, und Alex warf ihm einen
wütenden Blick zu.
    »Sie hätte
es lieber tun sollen«, sagte er düster. »Wie, in drei Teufels Namen -
Verzeihung, Scarlett -, aber wie soll wohl jemand um ein Mädchen anhalten, wenn
alle Schwarzen freigelassen sind und alles Vieh fort ist und er keinen Cent
mehr in der Tasche hat?«
    »Du weißt
doch, das würde Dimity nicht stören«, erwiderte Scarlett. Über Dimity konnte
sie unbedenklich nur Gutes sagen, den Alex Fontaine war nie unter ihren eigenen
Verehrern gewesen.
    »Tod und
Teufel - ach, nochmals Verzeihung -, ich muß mir das Fluchen abgewöhnen, oder
Großmama zieht mir das Fell über die Ohren. Man kann von keinem Mädchen
verlangen, daß es einen armen Schlucker heiratet. Wenn es Dimity nicht stört,
mich stört es doch.«
    Während
Scarlett vor der Eingangstür mit den Jungens sprach, gingen Melanie, Suellen
und Carreen, als sie von der Kapitulation hörten, leise ins Haus.
    Nachdem
die Jungens sich querfeldein nach Hause aufgemacht hatten, ging Scarlett hinein
und hörte die Mädchen in Ellens kleinem Schreibzimmer schluchzen. Er war
ausgeträumt, der herrliche Traum ihrer Liebe und Hoffnung, der Traum, von der
großen Sache, die ihnen den Mann, den Freund, den Liebsten genommen und ihre
Familie an den Bettelstab gebracht hatte. Die Sache, die sie für unvergänglich
gehalten hatten, war für immer dahin.
    Aber
Scarlett hatte keine Tränen mehr. Als sie die Nachricht bekam, war ihr erster
Gedanke: »Gott sei Dank, nun kann die Kuh nicht mehr gestohlen werden, nun ist
das Pferd in Sicherheit, nun können wir das Silber aus dem Brunnen holen und
wieder mit Messer und Gabel essen. Nun brauche ich keine Angst mehr zu haben,
über Land zu fahren und nach Nahrungsmitteln zu fahnden.«
    Welche
Erlösung! Man brauchte nicht mehr erschrocken aufzufahren, wenn Hufschlag
erklang, und man brauchte nicht mehr in dunkler, schlafloser Nacht zu horchen,
ob im Garten Zaumzeug rasselte, Pferde stampften und die Stimmen der Yankees
erklangen. Tara war in Sicherheit! Kein Rauch würde mehr aus dem geliebten
Hause aufwallen, keine Flammen würden prasseln, wenn das Dach einstürzte.
    Die große
Sache war tot. Scarlett aber hatte den Krieg immer gehaßt. Nie hatte sie mit
verklärten Augen dabeigestanden, wenn das Sternenbanner an der Flaggenstange
gehißt wurde, nie

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