Margaret Mitchell
noch nie war ein Sklave aus Tara verkauft worden, und
gepeitscht wurde nur ein einziges Mal, weil Geralds Lieblingspferd nach einem
langen Jagdtag nicht gepflegt worden war.
Gerald sah
mit seinen scharfen blauen Augen, wie gut bei seinen Nachbarn der Haushalt
aufgezogen war und wie die Frauen mit dem glatten Haar und den rauschenden
Seidenkleidern ihre Dienstboten zu regieren verstanden. Er wußte nicht, wie
gehetzt diese Frauen von Sonnenaufgang bis Mitternacht waren, wie angekettet an
ihre Pflicht, Küche, Kinderzimmer, Nähstube und Waschraum unter steter Aufsicht
zu halten. Er sah nur das äußere Ergebnis, und das machte ihm Eindruck.
Wie nötig
er eine Frau hatte, wurde ihm eines Morgens klar, als er sich anzog, um zum
Gerichtstag in die Stadt zu reiten. Pork hatte das gefältelte Hemd
herausgesucht, aber es war von dem Mädchen so schlecht ausgebessert worden, das
höchstens der Diener es noch tragen konnte.
»Master
Gerald«, sagte Pork und rollte das geschenkte Hemd mit Danksagungen zusammen,
während Gerald vor Zorn kochte, »was Sie brauken, sein eine Frau und eine dicke
Menge Hausneger.«
Gerald
schnauzte Pork wegen seiner Frechheit an, aber er wußte, daß er recht hatte.
Eine Frau und Kinder wollte er haben, und wenn er sie sich nicht bald
verschaffte, wurde es zu spät. Aber jede beliebige wollte er auch nicht
heiraten, wie Mr. Calvert, der die Erzieherin seiner mutterlosen Kinder zur
Frau genommen hatte. Seine Frau mußte eine Dame von Geblüt sein, mit so
vornehmen Formen wie Mrs. Wilkes und der Fähigkeit, in Tara so gut zu
wirtschaften wie Mrs. Wilkes auf Twelve Oaks.
Aber aus
zwei Gründen war es schwierig, in die großen Familien der Provinz
hineinzuheiraten. Erstens herrschte Mangel an heiratsfähigen Töchtern, und der
zweite, noch schwerer wiegende Grund war, daß Gerald trotz seines fast
zehnjährigen Aufenthaltes in der Gegend immer noch als Eindringling galt. Von
seiner Familie wußte niemand etwas. Wenn auch die Gesellschaft in Ober-Georgia
sich nicht so unbedingt absonderte wie die Aristokraten der Küste, so wollte
doch keine Familie ihre Tochter einem Manne geben, über dessen Großvater nichts
bekannt war. Gerald wußte sehr wohl, daß trotz aller echten Zuneigung kaum
einer der Herren, mit denen er jagte, trank und politisierte, ihn zum
Schwiegersohn haben wollte. Deshalb kam er sich aber durchaus nicht etwa
geringer als seine Nachbarn vor. Es gab überhaupt nichts, das je in ihm das
Gefühl irgendeiner Unterlegenheit hätte erwecken können. Für ihn war es nichts
weiter als ein wunderlicher alter Brauch im Lande, daß die Töchter nur in
Familien hineinheiraten durften, die länger als zwei Jahrzehnte in den
Südstaaten gelebt hatten, Land und Sklaven besaßen und in all der Zeit keinen
anderen als den gesellschaftlich anerkannten Lastern ergeben gewesen waren.
»Pack ein,
wir gehen nach Savannah«, sagte er zu Pork, »und wenn ich noch einmal
>Halt's Maul< oder >Donnerkeil< von dir höre, dann verkaufe ich
dich, denn solche Worte nehme selbst ich nur selten in den Mund.«
Vielleicht
wußten James und Andrew Rat. Sie hörten sich die Geschichte geduldig an,
machten ihm aber wenig Hoffnung. Sie hatten keine Verwandten in Savannah, die
ihnen behilflich sein könnten, denn sie waren beide schon als verheiratete
Leute nach Amerika gekommen. Die Töchter ihrer alten Freunde aber waren längst
Ehefrauen und hatten Hausstand und Kinder.
»Du bist
kein reicher Mann, und du stammst nicht aus einer großen Familie«, sagte James.
»Ich habe
mein Geld gemacht, da wird es mir auch mit der großen Familie gelingen. Ich
heirate nicht die erste beste.«
»Viel
Glück«, bemerkte Andrew trocken.
Doch sie
taten für Gerald, was sie konnten. James und Andrew waren alt und angesehen in
Savannah. Sie hatten viele Freunde, und einen Monat lang schleppten sie Gerald
von Haus zu Haus, zum Abendessen, zum Ball, zum Picknick.
»Nur eine
einzige kommt in Frage«, sagte Gerald schließlich. »Und sie war noch nicht
einmal geboren, als ich hier an Land ging.«
»Und auf
wen hast du dein Auge geworfen?«
»Auf Miß
Ellen Robillard.« Gerald versuchte, dies recht obenhin auszusprechen, denn
Ellen Robillards ein klein wenig schräggeschnittene Augen hatten weit mehr als
nur seine Blicke gefesselt. Trotz ihrer rätselhaft teilnahmslosen Art, die an
einem fünfzehnjährigen Mädchen so seltsam anmutete, zog sie ihn in ihren Bann.
Außerdem hatte sie etwas Verzweifeltes an sich, das ihm tief zu Herzen
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