Margaret Mitchell
warten würden, ehe Sie sich einen zweiten Ring an den Finger
steckten.«
»Und ich
hätte nie gedacht, daß Sie einmal einen Pastetenwagen fahren würden, Rene
Picard«, erwiderte sie. Anstatt sich über seinen unstandesgemäßen Beruf zu
schämen, freute er sich offensichtlich, lachte laut auf und schlug Hugh auf den
Rücken.
»Getroffen!«
sagte er. »Madame Merriwether, die Frau Schwiegermutter, hat es von mir
verlangt. Die erste Arbeit, die ich in meinem Leben tue, ich, Rene Picard, der
dazu geschaffen ist, Vollblutpferde zu züchten und Geige zu spielen! Jetzt
fahre ich den Pastetenwagen, und es macht mir Spaß. Madame Belle-Mere erreicht
von den Männern, was sie will. Wenn sie der General gewesen wäre, dann hätten
wir den Krieg gewonnen, was,
Tommy?«
»Ein
wunderlicher Geschmack«, dachte Scarlett, »mit Vergnügen einen Pastetenwagen zu
fahren, wenn seine Familie am Mississippi zehn Quadratmeilen ihr eigen genannt
und außerdem ein großes Haus in New Orleans besessen hat!«
»Wenn
unsere Schwiegermütter an der Front gewesen wären, hätten wir die Yankees in
einer Woche geschlagen«, bestätigte Tommy und ließ die Augen auf die schlanke
Gestalt seiner neuen Schwiegermutter hinüberschweifen.
»Wir haben
ja nur so lange ausgehalten, weil die Frauen die Sache nicht verlorengeben
wollten.«
»Weil sie
niemals etwas verlorengeben!« erwiderte ihnen Hugh mit stolzem, aber doch ein wenig
schiefem Lächeln. »Hier ist heute abend nicht eine Frau, die sich ergeben hat,
einerlei, was die Männer in Appomattox taten, und dabei ist es viel schlimmer
für sie, als es für uns war. Wir konnten uns wenigstens im Kämpfen austoben.«
»Und sie
im Hassen«, schloß Tommy. »Was, Scarlett? Den Frauen geht es viel näher als
uns, wie die Männer heruntergekommen sind. Hugh sollte Richter werden. Rene
sollte in Europa gekrönten Häuptern etwas vorgeigen.« Er duckte sich, als Rene
neben ihm zum Schlage ausholte. »Und ich sollte Arzt werden.«
»Geben Sie
uns Zeit«, rief Rene. »Dann werde ich der Pastetenfürst des Südens! Und mein
guter Hugh der Feuerholzkönig, und du, Tommy, hältst dir irische Sklaven statt
der schwarzen. Welche Wandlung, was für ein Spaß! Und was ist aus Ihnen
geworden, Madame Scarlett, und aus Madame Melanie? Melken Sie Kühe, pflücken
Sie Baumwolle?«
»Nein,
ganz gewiß nicht«, erwiderte Scarlett kühl und begriff nicht, daß Rene sich so
vergnügt mit dem schweren Dasein abfinden konnte. »Das tun unsere Schwarzen.«
»Madame
Melanie hat ihren Sohn Beauregard genannt, höre ich? Bestellen Sie ihr, ich,
Rene Picard, fände das schön und außer >Jesus< gäbe es keinen besseren
Namen.« Obwohl er lächelte, glühten seine Augen vor Stolz bei dem Namen von
Louisianas kühnem Helden.
»Nun, wie
wäre es mit >Robert Edward Lee« meinte Tommy. »Ich gönne dem alten Beau
zwar den Ruhm, aber mein erster Junge soll >Bob Lee Wellburn< heißen.«
Rene
lachte und zuckte die Achseln. »Ich will Ihnen einen Witz erzählen, aber es ist
eine wahre Geschichte, und Sie sehen daraus, wie wir Kreolen über unseren
tapferen Beauregard und Ihren General Lee denken. Im Zuge bei New Orleans traf
ein Mann aus Virginia, der unter General Lee gedient hatte, einen Kreolen aus
Beauregards Truppen. Der Mann aus Virginia redete und redete, wie General Lee
dies getan und jenes getan hätte. Der Kreole machte ein höfliches Gesicht und
eine krause Stirn dazu, als suche er sich auf etwas zu besinnen, und endlich
sagte er lächelnd: >General Lee, ach ja, jetzt weiß ich! Ist das nicht der
Mann, über den General Beauregard sich lobend geäußert hat?<«
Scarlett
versuchte mitzulachen, aber sie konnte an der Geschichte nichts Witziges
finden, höchstens, daß die Kreolen ebenso eingebildet waren wie die Leute aus
Charleston und Savannah. Übrigens hatte sie immer gefunden, Ashleys Junge hätte
nach seinem Vater heißen sollen.
Als die
Musikanten genug gelärmt und gestimmt hatten, setzten sie mit »Old Dan Tucker«
ein, und Tommy wandte sich zu Scarlett: »Wollen Sie tanzen? Ich freilich muß
mir die Ehre versagen, aber Hugh oder Rene ... «
»Nein,
danke, ich bin noch in Trauer«, sagte Scarlett schnell. »Ich möchte nicht
tanzen.«
Sie sah
Frank Kennedy in der Menge neben Mrs. Elsing stehen und winkte ihn heran. »Ich
setze mich da drüben in den Erker. Wenn Sie mir etwas zu essen bringen wollen,
können wir gemütlich miteinander plaudern.«
Als er
sich eifrig entfernte, um ihr ein Glas Wein und
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