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Margaret Mitchell

Margaret Mitchell

Titel: Margaret Mitchell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vom Winde verweht
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denen Sie sprechen, keine Freude, keinen Genuß
bei der Arbeit. Sie tun es nur so lange, bis irgendein Mann daherkommt und
ihnen die unweibliche Last wieder abnimmt, und sie sorgen auch dafür, daß alle
Welt das weiß. Deshalb tun sie auch allen Menschen leid. Aber dir sieht man es
an, daß du freiwillig arbeitest und dir von keinem Mann freiwillig etwas
abnehmen läßt, und deshalb kann kein Mensch Mitleid mit dir haben, und das
verzeiht Atlanta dir nicht. Man hat doch so gern mit anderen Leuten Mitleid!«
    »Wenn Sie
doch nur gelegentlich einmal ernst sein möchten ... «
    »Kennen
Sie das orientalische Sprichwort >Die Hunde bellen, aber die Karawane zieht
weiterauf.«
    »Warum
aber müssen sie es mir denn durchaus übelnehmen, daß ich ein wenig Geld
verdiene?«
    »Man kann
nicht alles haben, Scarlett. Entweder können Sie auf so unweibliche Art Geld
verdienen, wie Sie es tun, dann müssen Sie in Kauf nehmen, daß man Ihnen auf
Schritt und Tritt die kalte Schulter zeigt - oder aber Sie bleiben arm und vornehm
und haben Freunde in Scharen: Sie haben Ihre Wahl getroffen.«
    »Arm will
ich nicht sein«, warf sie rasch ein. »Aber ... ich habe doch das Richtige
gewählt, nicht wahr?«
    »Wenn es
Ihnen vor allem um Geld zu tun ist ...«
    »Freilich
um Geld, mehr als um alles andere.«
    »Dann
haben Sie das einzig Richtige gewählt. Allerdings hängt, wie an fast allem, was
man begehrt, auch hieran eine Buße: die Einsamkeit.«
    Darauf
verstummte sie. Er hatte recht. Wenn sie ernstlich darüber nachdachte, sah sie,
daß sie wirklich einsam war. Sie hatte nicht eine einzige Frau mehr als
Gefährtin. Während der Kriegsjahre konnte sie ihre Mutter besuchen, wenn ihr
das Herz schwer war. Nach Ellens Tod hatte sie immer noch Melanie, obwohl
nichts sie mit Melanie verband als die gemeinsame schwere Arbeit auf Tara.
Jetzt war niemand mehr da, denn Tante Pitty hatte keine Ahnung von dem Leben
außerhalb des engen Kreises, über dessen Ergehen sie Bescheid wußte.
    »Ich
glaube«, begann sie zögernd, »ich war immer einsam, was weibliche Gesellschaft
anbelangt. Was mich bei den Damen von Atlanta verhaßt macht, ist eigentlich gar
nicht meine Arbeit. Sie haben mich ohnehin nie gern gehabt. Kein weibliches
Wessen hat mich jemals liebgehabt, außer meiner Mutter. Auch meine Schwestern
nicht. Ich weiß nicht, warum. Aber schon vor dem Kriege, ja, ehe ich Charles
heiratete, hatten die Damen an allem, was ich tat, etwas auszusetzen.«
    »Sie
vergessen Mrs. Wilkes«, erwiderte Rhett mit einem kleinen boshaften Schimmer in
den Augen. »Sie ist immer mit Ihnen durch dick und dünn gegangen. Ich glaube,
bis auf einen Mord würde sie immer alles gutheißen, was Sie tun.«
    Scarlett
dachte verstimmt: »Sogar den Mord hat sie gutgeheißen.« Sie lachte wegwerfend.
»Ach, Melly«, sagte sie und fügte dann wehmütig hinzu: »Es macht mir nicht
gerade Ehre, daß Melly als einzige Frau mein Tun gutheißt. Sie hat nicht mehr
Verstand als ein Perlhuhn, und wenn sie nur etwas gesunden Menschenverstand
hätte ... « Verwirrt hielt sie inne.
    »... dann
würde ihr einiges aufgehen, was sie nicht gutheißen könnte«, endigte Rhett.
»Nun, davon wissen Sie natürlich mehr als ich.«
    »Ach, ich
verfluche Ihr gutes Gedächtnis und Ihre schlechten Manieren.«
    »Ihre
ungerechte Unfreundlichkeit übergehe ich mit dem Schweigen, das sie verdient,
und komme wieder auf unser voriges Thema. Eins muß ich Ihnen sagen. Sobald man
anders ist, ist man auch allein, nicht nur innerhalb der eigenen Generation,
sondern sogar in der der Eltern und der Kinder. Sie alle verstehen Sie in
keinem Punkt und nehmen an allem Anstoß, was Sie tun. Aber Ihre Großeltern
wären wahrscheinlich stolz auf Sie gewesen und hätten von Ihnen gesagt: >Das
ist noch Holz vom alten Stamm<, und Ihre Enkel werden später neidisch
seufzen: >Was für ein Galgenstrick muß Großmama doch gewesen sein!< - und
sie werden versuchen, es Ihnen nachzutun.«
    Scarlett
mußte lachen. »Manchmal treffen Sie wirklich den Nagel auf den Kopf. Da war zum
Beispiel meine Großmama Robillard. Mammy drohte mir immer mit ihr, wenn ich
ungezogen war. Großmama war kalt wie ein Eiszapfen und nahm es mit ihren und
anderer Leute Manieren höllisch genau, aber sie hat dreimal geheiratet, und
alle möglichen Duelle sind ihretwegen ausgefochten worden. Sie benutzte Rouge
und trug unerhört tief ausgeschnittene Kleider und kein ... nun ... hm

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