Margaret Mitchell
der Köchin, sie soll das Feuer anblasen, Mrs. Ellen sein da.« Während
die Dielen unter ihrem Gewicht erdröhnten, wurde das Selbstgespräch, in dem sie
schon zuvor begriffen war, immer lauter, bis man es im Speisezimmer deutlich
verstehen konnte: »Ich sagen es immer wieder, es haben keinen Zweck, für das
weiße Pack sorgen, das sein die größten Faulpelze und undankbarsten
Nichtsnutze, Mrs. Ellen sollen sich nicht todmüde machen für Leute, die Neger
genug zum Pflegen haben können, wenn sie nur einen Schuß Pulver wert sein, ich
haben gesagt ... «
Ihre
Stimme verklang. Sie hatte ihre eigene Methode, den Herrschaften ihren
Standpunkt klarzumachen. Sie wußte wohl, daß es unter der Würde der Weißen war,
zuzuhören, wenn ein Schwarzer vor sich hin sprach. Sie war vor Antworten und
Verweisen sicher, wenn sie sich auch noch so laut vernehmen ließ, und doch
blieb keiner über ihre Meinung im Zweifel.
Pork kam
mit einem Teller, dem Besteck und einer Serviette herein. Ein kleiner
Negerjunge folgte ihm auf dem Fuße. Mit der einen Hand knöpfte er hastig seine
weiße Leinenjacke zu, in der anderen trug er einen Fliegenwedel aus dünnen
Streifen Zeitungspapiers an einem Bambusrohr, das länger war als er selbst.
Ellen besaß einen prachtvollen Fliegenwedel aus Pfauenfedern, aber der wurde
nur bei ganz besonderen Anlässen gebraucht, und auch dann nur nach langen
häuslichen Kämpfen, denn Pork, die Köchin und Mammy waren der hartnäckigen
Überzeugung, daß Pfauenfedern Unglück brächten.
Ellen
setzte sich auf den Stuhl, den Gerald für sie hervorzog, und dann fielen sie
vierstimmig über sie her:
»Mutter,
an meinem Ballkleid ist die Spitze los. Ich will es doch morgen in Twelve Oaks
anziehen. Nähst du sie mir wieder an?«
»Mutter,
Scarletts neues Kleid ist viel hübscher als meins, ich sehe in Rosa wie eine
Vogelscheuche aus. Kann sie nicht mein rosa Kleid anziehen und ich ihr grünes?«
»Mutter,
darf ich morgen für den Ball aufbleiben? Ich bin doch schon dreizehn.«
»Mrs.
O'Hara, sollte man es glauben - seht, ihr Mädchen, erst komme ich! - Cade
Calvert war heute früh in Atlanta und sagt - wollt ihr still sein, ich kann ja
mein eigenes Wort nicht verstehen! - er sagt, sie seien dort alle in mächtiger
Aufregung und redeten von nichts anderem als vom Krieg, und in Charleston heißt
es, man würde sich nun nichts mehr von den Yankees gefallen lassen.«
Ellen lächelte
müden Mundes in den Tumult hinein und wandte sich zunächst, wie es sich
gehörte, an ihren Mann. »Wenn das die Meinung und das Gefühl der netten Leute
in Charleston ist, so haben sie sicher recht«, sagte sie. Sie hatte die feste
Überzeugung, daß, mit alleiniger Ausnahme von Savannah, die Vornehmsten auf dem
ganzen Erdteil in jenem kleinen Seehafen zu finden seien, eine Überzeugung, die
von den Leuten aus Charleston selber in hohem Grade geteilt wurde.
»Nein,
Carreen, nächstes Jahr, mein Kind, dann darfst du zum Ball aufbleiben und
Kleider wie die Großen tragen. Dann wird mein kleiner Rotback sich aber
amüsieren. Nicht maulen, du weißt doch, du darfst auf das Gartenfest und bis
zum Abendessen aufbleiben, aber Bälle sind erst mit vierzehn Jahren erlaubt.«
»Gib mir
dein Kleid, Scarlett. Ich nähe dir nach der Abendandacht die Spitze an.«
»Suellen,
dein Ton gefällt mir nicht. Dein rosa Kleid ist wunderhübsch und steht gut zu
deinem Teint wie Scarletts zu dem ihren. Aber du darfst morgen meine
Granatkette tragen.«
Hinter dem
Rücken der Mutter machte Suellen triumphierend eine krause Nase zu Scarlett,
die gehofft hatte, selber die Kette zu tragen. Scarlett steckte ihr die Zunge
heraus. Suellen konnte mit ihrem Gejammer und ihrer Selbstsucht unerträglich
sein, und hätte nicht Ellens Gegenwart Scarlett zurückgehalten, so hätte sie
ihre Schwester schon des öfteren geohrfeigt.
»Erzähl
mir mehr davon, was Mr. Calvert aus Charleston berichtet hat«, sagte Ellen zu
ihrem Mann.
Scarlett
wußte wohl, daß ihre Mutter sich für Krieg und Politik gar nicht interessierte.
Das waren für sie männliche Angelegenheiten, um die eine Dame sich nicht
kümmerte. Aber Gerald hatte Freude daran, seine Ansichten zum besten zu geben,
und Ellen war stets darauf bedacht, ihrem Manne eine Freude zu machen.
Während
Gerald seine Neuigkeiten heraussprudelte, stellte Mammy ihrer Herrin die
Schüssel hin: Gebäck mit goldiger Kruste, gebratene Hühnerbrust und eine
dampfende, aufgeplatzte gelbe Batate, von der die geschmolzene
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