Margaret Mitchell
und suchte schnell nach einem anderen Ausweg, »wenn du mir die Mühle
nach und nach abkaufst ... «
»Scarlett«,
fiel er ihr heftig ins Wort, »ich sage dir, nein! Ich habe noch andere Gründe.«
»Was für
Gründe?«
»Du kennst
sie gut.«
»Ach ...
das? Das ... das hat nichts zu sagen«, versicherte sie ihm rasch. »Vorigen
Winter habe ich es dir draußen im Obstgarten versprochen, und mein Versprechen
halte ich und ... «
»Dann bist
du deiner selbst gewisser als ich. Ich kann mich nicht auf mich verlassen. Ich
hätte das nicht sagen sollen, aber du sollst mich doch verstehen, Scarlett. Ich
will nicht mehr davon reden. Das ist erledigt. Wenn Will und Suellen heiraten,
gehe ich nach New York.«
Groß und
stürmisch schauten seine Augen in die ihren, dann aber ging er rasch durchs
Zimmer. Schon lag seine Hand auf der Türklinke. Zu Tode erschrocken schaute
Scarlett ihn an. Das Gespräch war zu Ende, und sie hatte verloren. Von der
Anstrengung und dem Kummer des letzten Tages und der neuen Enttäuschung
zermürbt, versagten plötzlich ihre Nerven, und sie schrie auf: »Ashley!«, warf
sich auf das eingesessene Sofa und brach in leidenschaftliches Weinen aus.
Sie hörte
seine unsicheren Schritte von der Tür zurückkommen und seine hilflose Stimme
dicht über ihrem Kopf immer wieder ihren Namen sagen. Da kamen eilige Füße aus
der Küche durch die Halle gelaufen, und Melanie stürzte mit großen,
erschrockenen Augen ins Zimmer »Scarlett ... Das Kind ist doch nicht ...?«
Scarlett
vergrub den Kopf in dem staubigen Polster und schrie abermals auf.
»Ashley
... er ist so gemein. So hundsgemein!«
»Ashley,
was hast du ihr getan?« Melanie warf sich neben dem Sofa zu Boden und umfaßte
Scarlett. »Was hast du gesagt, wie konntest du! Das Kind kann ja kommen!
Liebling, leg den Kopf an meine Schulter! Was ist geschehen?«
»Ashley
... er ist so ... so eigensinnig und so gemein!«
»Ashley,
was soll ich von dir denken! Wie kannst du sie in ihrem Zustand so in Aufregung
bringen ... Wo Mr. O'Hara kaum unter der Erde ist!«
»Laß ihn
in Ruhe!« fuhr Scarlett Melanie an und hob den Kopf mit einem Ruck von ihrer
Schulter. Ihr widerspenstiges schwarzes Haar löste sich aus dem Netz, ihr
Gesicht war tränennaß. »Er hat das Recht, zu tun, was er will!«
»Melanie«,
sagte Ashley mit schneeweißem Gesicht, »höre zu. Scarlett war so freundlich,
mir in Atlanta eine Stellung als Leiter ihrer Sägemühle anzubieten ...«
»Leiter!«
rief Scarlett empört. »Ich habe ihm eine fünfzigprozentige Beteiligung
angeboten, und er ... «
»Und ich
habe ihr gesagt, daß ich mich schon gebunden habe, nach dem Norden zu gehen.«
»Ach«,
schluchzte Scarlett von neuem. »Ich habe ihm immer wieder gesagt, wie dringend
nötig ich ihn habe. Daß ich keinen finde, der die Mühle übernehmen kann, daß
doch das Kind kommt ... und er will nicht! Und nun ... nun muß ich die Mühle
verkaufen und bekomme überhaupt nichts dafür und habe Verluste, und vielleicht
müssen wir hungern, aber das ist ihm alles einerlei. Er ist so gemein!«
Wieder
legte sie den Kopf an Melanies schmale Schulter, und sobald sich die Hoffnung
leise regte, wich auch etwas von ihrer echten Seelenqual. Sie spürte, daß sie
in Melanies treuem Herzen eine Verbündete hatte. Wie eine kleine zielbewußte
Taube stieß Melanie auf Ashley zu und hackte zum erstenmal in ihrem Leben mit
dem Schnabel auf ihn ein.
»Ashley,
wie konntest du das ablehnen! Nach allem, was sie für uns getan hat! Wie
undankbar! Und sie ist doch jetzt so hilfsbedürftig! Wie unritterlich von dir!
Sie hat uns geholfen, als wir Hilfe brauchten, und nun läßt du sie im Stich,
wenn sie dich braucht.«
Verstohlen
blickte Scarlett zu Ashley und sah die Überraschung und Unsicherheit in seinem
Gesicht geschrieben stehen, während er in Melanies dunkle empörte Augen
blickte. Scarlett selber war überrascht über Melanies heftige Angriffe. Sie
hielt doch sonst ihren Mann für hoch erhaben über weibliche Vorwürfe, und über
seinen Entscheidungen standen für sie nur noch die Ratschlüsse Gottes.
»Melanie«,
fing er an und breitete hilflos die Hände aus.
»Ashley,
wie kannst du überhaupt zögern? Denk doch, was sie für uns getan hat! Für mich!
Ich wäre in Atlanta umgekommen, damals, als Beau kam, wenn sie nicht gewesen
wäre. Sie hat... sie hat einen Yankee ums Leben gebracht, um uns vor ihm zu
schützen! Hast du das gewußt? Für uns hat sie einen Mann erschossen. Und sie
hat
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