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Margaret Mitchell

Margaret Mitchell

Titel: Margaret Mitchell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vom Winde verweht
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gearbeitet und sich abgemüht, ehe du und Will nach Hause kamen, nur damit
wir zu essen hatten. Und wenn ich daran denke, wie sie gepflügt und gepflückt
hat, könnte ich ... ach, mein Liebling.«
    Rasch
beugte sie den Kopf und küßte mit inniger Zärtlichkeit Scarletts wirres Haar.
»Und das erste Mal, da sie uns um etwas bittet ... «
    »Du
brauchst mir nicht zu sagen, was sie für uns getan hat.«
    »Ashley,
und denk doch nur, was es für uns bedeutet, in Atlanta zu leben und nicht unter
den Yankees! Da sind Tantchen und Onkel Henry und alle unsere Freunde. Beau
bekommt Spielgefährten und kann zur Schule gehen. Wenn wir nach dem Norden
gingen, könnten wir ihn nicht in die Schule schicken, wo er mit den
Yankeekindern zusammenkommt und mit Negerjungen in der Klasse sitzt. Wir müßten
eine Erzieherin nehmen, und ich weiß nicht, wie wir das bezahlen sollten.«
    »Melanie«,
sagte Ashley mit tödlich ruhigem Ton, »möchtest du wirklich so gern nach
Atlanta? Du hast es nie gesagt, als wir davon sprachen, nach New York zu
gehen.«
    »Ja, aber
als wir davon sprachen, dachte ich, in Atlanta gäbe es keine Möglichkeit für
dich, und außerdem war es nicht meine Sache, etwas zu sagen. Die Frau hat die
Pflicht zu gehen, wohin der Mann geht. Aber da Scarlett uns braucht und eine
Stellung für dich hat, die nur du ausfüllen kannst, können wir nach Hause! Nach
Hause!« Es klang beseligt, und sie drückte Scarlett an sich. »Dann sehe ich
Five Points wieder und die Pfirsichstraße und alles, ach, wie ich das alles
vermißt habe! Vielleicht können wir ein eigenes kleines Häuschen haben! Mir
macht es nichts aus, wenn es klein und altmodisch ist, aber ein eigenes
Häuschen!«
    Ihre Augen
glühten vor Begeisterung. Die beiden anderen schauten sie an. Ashley wie vor
den Kopf geschlagen, Scarlett halb überrascht und halb beschämt. Es war ihr nie
in den Sinn gekommen, daß Melanie Atlanta so sehr vermißte und sich dahin
zurücksehnte. Sie hatte einen so zufriedenen Eindruck in Tara gemacht, daß
Scarlett über ihr Heimweh ganz erschrocken war.
    »Aber
Scarlett, wie lieb von dir, dir das alles für uns auszudenken! Du wußtest, wie
sehr ich mich nach Hause sehnte.«
    Wie immer,
wenn Melly ihr edle Beweggründe, die sie nicht hatte, zuschrieb, schämte und
ärgerte sich Scarlett, und auf einmal konnte sie weder Ashley noch Melanie in
die Augen sehen.
    »Wir
können ein eigenes Häuschen haben! Ist dir klar, daß wir fünf Jahre verheiratet
sind und noch kein Heim gehabt haben?«
    »Du kannst
mit uns bei Tante Pitty wohnen. Das ist doch dein Heim«, sagte Scarlett leise,
während sie mit einem Kissen spielte und niederblickte, um den Triumph zu
verbergen, der in ihr aufstieg, da der Wind sich gedreht hatte.
    »Nein. Das
würde zu eng für uns alle. Aber ich danke dir trotzdem, Liebes. Wir nehmen uns
ein Häuschen! Ach, Ashley, bitte, sag ja!«
    »Scarlett«,
sagte Ashley mit tonloser Stimme, »sieh mich an.«
    Erschrocken
blickte sie auf und schaute in ein Paar graue Augen voll bitterer, müder Hoffnungslosigkeit.
»Scarlett, ich komme nach Atlanta ... gegen euch beide komme ich nicht an.«
    Er drehte
sich um und ging aus dem Zimmer. Der Triumph in Scarletts Herzen wurde durch
eine bohrende Angst getrübt. Den gleichen Ausdruck wie jetzt hatte er auch
vorhin in den Augen, als er sagte, ginge er nach Atlanta, so wäre er für immer
verloren.
    Nachdem
Suellen und Will geheiratet hatten und Carreen nach Charleston in ein Kloster
gegangen war, kamen Ashley, Melanie und der kleine Beau nach Atlanta und
brachten Dilcey mit, die für Küche und Kind sorgen sollte. Prissy und Pork
sollten so lange in Tara bleiben, bis Will andere Schwarze bekommen hatte, die
ihm auf dem Felde halfen, dann sollten auch sie in die Stadt kommen.
    Das kleine
Backsteinhaus, das Ashley für seine Familie erwarb, lag in der Efeustraße
unmittelbar hinter Tante Pittys Haus, die beiden Hintergärten stießen
aneinander und waren nur durch eine ausgewachsene und verwilderte Ligusterhecke
getrennt. Melly hatte es eigens aus diesem Grund gewählt. Am ersten Morgen nach
ihrer Rückkehr nach Atlanta hatte sie lachend und weinend Scarlett und Tante
Pitty umarmt und gesagt, sie sei so lange von ihren Lieben getrennt gewesen,
daß sie jetzt nicht nahe genug bei ihnen sein könne.
    Das Haus
hatte ursprünglich zwei Stockwerke gehabt, aber das Obergeschoß war während der
Belagerung von Granaten zerstört worden, und als der Eigentümer nach
Friedensschluß

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