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Margaret Mitchell

Margaret Mitchell

Titel: Margaret Mitchell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vom Winde verweht
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in den Händen
zweier so schlechter Kaufleute zu sehen, und es brach ihr das Herz, wenn die
Konkurrenz ihr die besten Kunden wegnahm, nachdem sie so schwer gearbeitet und
so behutsam für die Monate ihrer Abwesenheit Vorsorge getroffen hatte. Wenn sie
nur erst wieder an die Arbeit könnte. Dann wollte sie Ashley schon anleiten.
Johnnie Gallegher konnte dann die andere Mühle betreiben und sie den Verkauf in
die Hand nehmen, und dann ging alles prächtig. Hugh aber konnte einen
Lieferwagen fahren, wenn er noch für sie arbeiten wollte. Für etwas anderes
taugte er nicht.
    Freilich
machte Gallegher bei all seiner Tüchtigkeit auch einen ziemlich gewissenlosen
Eindruck, aber woher sollte sie einen Besseren nehmen? Warum hatten nur alle,
die sowohl tüchtig wie ehrlich waren, eine solche Abneigung, unter ihr zu
arbeiten? Wenn nur einer von ihnen an Hughs Stelle zu ihr kommen wollte, hätte
sie nicht so viel Sorgen mehr, aber ...
    Tommy
Wellburn war trotz seines verkrüppelten Rückens der meistbeschäftigte
Bauunternehmer der Stadt, und es hieß, er verdiene Geld wie Heu. Mrs.
Merriwether und Rene kamen gut vorwärts und hatten jetzt eine Bäckerei in der
Stadt eröffnet. Rene leitete sie mit echt französischer Sparsamkeit, und
Großpapa Merriwether fuhr Renes Pastetenwagen und war froh, seiner Kaminecke
entronnen zu sein. Die Simmonsschen Jungen hatten so viel zu tun, daß sie in
ihrer Ziegelbrennerei mit drei Schichten arbeiteten. Keils Whiting heimste Geld
mit seinem Haarglättemittel ein, weil er den Negern weismachte, mit wolligem
Haar dürften sie keinen Republikaner wählen.
    Allen
tüchtigen jungen Leuten, die sie kannte, ging es ähnlich, den Ärzten, den
Anwälten, den Ladenbesitzern. Die Apathie, die sie unmittelbar nach dem Kriege
befallen hatte, war völlig verschwunden, und sie waren alle so eifrig dabei,
Geld zu verdienen, daß keiner Zeit hatte, ihr zu helfen. Zeit hatten nur Leute
von der Art Hughs ... oder Ashleys.
    Ein
Geschäft führen und gleichzeitig ein Kind bekommen - das war eine schöne
Bescherung!
    »Dies ist
das letzte«, erklärte sie fest entschlossen. »Ich will nicht jedes Jahr ein
Kind bekommen wie andere Frauen. Dann müßte ich ja jedes Jahr sechs Monate lang
die Mühle sich selbst überlassen. Dabei kann ich es mir nicht leisten, auch nur
einen Tag fernzubleiben. Ich sage Frank, daß ich keine Kinder mehr haben will.«
    Frank
wünschte sich eine große Familie, aber sie wollte schon mit ihm fertig werden.
Ihr Entschluß war gefaßt. Dies war ihr letztes Kind. Die Sägemühlen waren
wichtiger!
     
    42
     
    Scarlett
brachte ein Mädchen zur Welt, ein winziges kahlköpfiges Etwas, häßlich wie ein
haarloser Affe und Frank lächerlich ähnlich. Außer dem verliebten Vater konnte
niemand etwas Schönes an dem Kind wahrnehmen, aber die Nachbarn waren so
freundlich, zu sagen, daß alle häßlichen Babys später einmal hübsch würden. Sie
wurde Ella Lorena genannt. Ella nach ihrer Großmutter Ellen und Lorena, weil
für Mädchen dieser Name gerade die große Mode war, wie Robert E. Lee und
Stonewall Jackson für Jungen und Abraham Lincoln und Emanzipation für
Negerkinder.
    Sie wurde
mitten in einer Woche geboren, da Atlanta sich in rasender Aufregung befand und
die Luft mit kommendem Unheil geladen war. Ein Neger, der sich mit der
Vergewaltigung einer weißen Frau großgetan hatte, war tatsächlich verhaftet
worden, aber ehe er vor den Richter gebracht werden konnte, hatte der
Ku-Klux-Klan das Gefängnis überfallen und ihn aufgehängt. Der Klan war
eingeschritten, um dem bisher nicht genannten Opfer die öffentliche Aussage vor
Gericht zu ersparen. Ihr Vater und ihr Bruder hätten sie eher erschossen als
zugelassen, daß sie sich vor aller Welt mit ihrer Schande bloßstellte. Da
hielten es die Familien der Stadt für eine vernünftige, ja für die einzig
anständige und mögliche Lösung, eigenmächtig an dem Neger Justiz zu üben. Aber
die militärischen Machthaber tobten, denn sie sahen nicht ein, warum das
Mädchen nicht öffentlich Zeugnis ablegen sollte.
    Die
Soldaten verhafteten, wen sie nur konnten, und gelobten, den Klan vom Erdboden
zu vertilgen, und wenn sie in Atlanta jeden Weißen ins Gefängnis stecken
müßten. Die erschrockenen Neger ließen finster etwas von Rache und
Brandstiftung verlauten. Gerüchte von Massenhinrichtungen, die die Yankees
vornehmen wollten, falls die Schuldigen gefunden würden, und von einem
allgemeinen Aufstand der Neger schwirrten durch die Luft. In

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