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Margaret Mitchell

Margaret Mitchell

Titel: Margaret Mitchell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vom Winde verweht
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und warf ihre Arbeit
auf den Fußboden. »Ich bin so nervös, daß ich schreien könnte. Ich will nach
Hause, ich will zu Bett. Frank hätte nicht ausgehen sollen. Er redet das Blaue
vom Himmel herunter, wie er die Frauen vor den Schwarzen und Schiebern schützen
wolle, und wenn es an der Zeit ist, etwas zu tun, wo ist er dann? Zu Hause?
Sorgt er für mich? Nein, er bummelt mit einer ganzen Schar von Männern herum,
die auch nichts tun als reden und ... «
    Ihre
funkelnden Augen stutzten, als sie Indias Gesicht erblickte, und sie hielt
inne. India atmete rasch, ihre bleichen wimpernlosen Augen hefteten sich mit
tödlicher Kälte auf Scarletts Gesicht.
    »Wenn es
dir nicht allzu unangenehm ist, India«, unterbrach sie sie höhnisch, »so wäre ich
dir dankbar, wenn du mir sagen wolltest, warum du mich den ganzen Abend so
anstarrst. Bin ich grün im Gesicht geworden, oder sonst etwas?«
    »Es ist
mir gar nicht unangenehm, es dir zu sagen, ich tue es mit Vergnügen«:,
erwiderte India mit glitzernden Augen. »Es ist mir schrecklich, daß du von
einem ganzen Mann wie Mr. Kennedy so geringschätzig sprichst. Wenn du wüßtest
... «
    »India«,
warnte Melanie und packte krampfhaft ihr Nähzeug.
    »Ich werde
meinen Mann wohl besser kennen als du«, versetzte Scarlett. Bei der Aussicht
auf den ersten offenen Streit, den sie mit India hatte, hob sich ihre Stimmung
ein wenig. Melanie blickte India an, und widerwillig schloß diese den Mund.
Aber gleich darauf begann sie von neuem, eiskalt und voller Haß.
    »Mir wird
ganz übel, Scarlett O'Hara, wenn du von beschützen sprichst. Du willst gar
nicht beschützt werden, sonst hättest du dich nicht seit Monaten in Gefahr
begeben und dich in der Stadt herumgetrieben und vor fremden Männern zur Schau
gestellt, damit sie dich bewundern. Was du heute nachmittag erlebt hast, hast
du verdient, und wenn es eine Gerechtigkeit gäbe, wäre es dir noch viel
schlimmer ergangen.«
    »O India,
schweig!« rief Melanie dazwischen.
    »Laß sie
nur reden«, fuhr Scarlett auf, »mir ist es ein Genuß. Ich habe immer gewußt,
wie sie mich haßt und daß sie nur eine zu große Heuchlerin war, um es
zuzugeben. Wenn sie selber nur hoffen könnte, daß jemand sie bewunderte, sie
liefe von morgens bis abends nackt durch die Stadt.«
    India war
aufgesprungen. Ihr magerer Körper bebte unter der Beleidigung.
    »Ja, ich
hasse dich«, sagte sie mit klarer, vibrierender Stimme. »Nicht aus Heuchelei
habe ich geschwiegen, sondern aus einem anderen Grunde, den du nicht begreifen
kannst, weil dir die einfachste Höflichkeit und jede gute Erziehung abgeht.
Wenn wir nicht alle zusammenhalten und unsere eigenen kleinen Gehässigkeiten
unterdrücken, können wir nicht hoffen, die Yankees je zu überwinden. Das hat
mir den Mund verschlossen. Du aber ... du hast getan, was du konntest, um das
Ansehen anständiger Leute zu schädigen ... du hast gearbeitet und deinen guten
Mann in Schande gebracht, hast den Yankees und all dem Gesindel ein Recht
gegeben, uns zu verhöhnen. Die Yankees wissen nicht, daß du nicht eine der
Unseren bist und es niemals warst. Die Yankees haben nicht so viel Verstand, um
zu sehen, daß dir jede Vornehmheit fehlt. Und als du durch die Wälder fuhrst,
hast du jede Frau in der Stadt, die sich anständig benimmt, gleichfalls einem
Überfall ausgesetzt, weil du das schwarze und weiße Gesindel in Versuchung
geführt hast, und das Leben unserer Männer hast du in Gefahr gebracht, weil sie
unbedingt ... «
    »Mein
Gott, India«, rief Melanie laut, und trotz ihrer Wut wußte Scarlett nicht, was
sie sagen sollte, als sie Melanie den Namen des Herrn unnützlich führen hörte.
»Du mußt schweigen! Sie weiß doch nichts und ... Schweig jetzt! Du hast
versprochen ...«
    »Aber
Kinder!« flehte Miß Pittypat mit zitternden Lippen.
    »Was weiß
ich nicht?« Scarlett sprang wütend auf die Füße und stellte sich Indias kalten,
durchdringenden Blicken und Melanies flehenden Augen.
    »Hühnervolk!«
sagte Archie plötzlich voller Verachtung. Ehe jemand ihm antworten konnte,
stand er plötzlich auf. »Da kommt einer den Gartenweg herauf. Mr. Wilkes ist es
nicht. Laßt das Gegacker!«
    In seinen
Worten klang die Autorität des Mannes, und plötzlich schwiegen die Frauen, und
der Zorn schwand aus ihren Gesichtern, als er durch das Zimmer an die Tür
stapfte.
    »Wer ist
da?« fragte er, noch ehe der Türklopfer angeschlagen hatte.
    »Kapitän
Butler. Lassen Sie mich hinein!«
    Melanie
war so schnell an der

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