Margaret Mitchell
an
Kinderstube. Ich fahre morgen für längere Zeit fort, und wollte ich bis zu
meiner Rückkehr warten, so fürchte ich, du heiratest inzwischen jemand anders,
der etwas Geld hat. Daher dachte ich, warum dann nicht mich und mein Geld? Scarlett,
ich mag wirklich nicht mein Leben lang auf der Lauer liegen, um dich gerade
zwischen zwei Ehemännern abzufassen.«
Es war
sein Ernst. Daran war kein Zweifel. Ihr war der Mund ganz trocken, als ihr
diese Erkenntnis aufging. Sie schluckte und schaute ihm in die Augen, um darin
einen Aufschluß zu finden. Seine Augen lachten sie an, aber in ihrer Tiefe lag
etwas anderes, was sie nie vorher gesehen hatte, ein Glanz, der sich nicht
enträtseln ließ. Bequem und nachlässig saß er da, aber sie spürte, daß er sie
so scharf beobachtete wie die Katze das Mausloch. Seine Ruhe barg eine mühsam
gezügelte Kraft, vor der sie ein wenig erschrocken zurückscheute.
Er machte
ihr wirklich einen Heiratsantrag. Er vollbrachte das Unglaubliche. Einst hatte
sie Pläne geschmiedet, wie sie ihn quälen wollte, wenn es je dazu käme. Einst
hatte sie gedacht, falls er je das Wort aussprechen würde, wollte sie ihn
demütigen, ihm ihre Macht zu kosten geben und ihre boshafte Freude daran haben.
Nun hatte er das Wort gesprochen, und all ihre Pläne kamen ihr nicht einmal in
den Sinn, denn er war sowenig in ihrer Macht wie nur je. Im Gegenteil, er
beherrschte die Lage so völlig, daß sie verwirrt wie ein junges Mädchen beim
ersten Heiratsantrag nur erröten und stammeln konnte.
»Ich ...
ich werde nie wieder heiraten.«
»O doch,
das tust du. Du bist zum Heiraten geboren. Warum also nicht mich?«
»Aber,
Rhett, ich liebe Sie doch gar nicht.«
»Das ist
kein Nachteil. Ich entsinne mich auch nicht, daß bei deinen anderen
Eheversuchen die Liebe eine Rolle gespielt hätte.«
»Wie
können Sie das sagen. Sie wissen doch, ich hatte Frank sehr gern.«
Er
erwiderte nichts.
»Ja,
wirklich!«
»Nun,
darüber wollen wir uns nicht streiten. Willst du dir meinen Vorschlag überlegen,
während ich fort bin?«
»Rhett,
ich mag nichts aufschieben. Ich sage es Ihnen lieber gleich. Ich fahre bald
heim nach Tara, ich möchte für eine lange Zeit nach Hause, und heiraten will
ich nicht wieder.«
»Nein?
Warum nicht?«
»Ach Gott
- einerlei, warum. Ich bin eben nicht gern verheiratet.«
»Aber,
mein armes Kind, du bist ja auch nie richtig verheiratet gewesen. Wie könntest
du denn wissen, wie das ist? Ich gebe zu, du hast Pech gehabt - weil du einmal
aus Trotz und das andere Mal des Geldes wegen geheiratet hast Ist dir nie der
Gedanke gekommen, du könntest auch einmal zum Vergnügen heiraten?«
»Zum
Vergnügen? Reden Sie keinen Unsinn. Heiraten ist kein Vergnügen.«
»Nein?
Aber warum nicht?«
Sie hatte
sich ein wenig beruhigt, und mit der Ruhe kam ihr auch all ihre angeborene
Unverblümtheit zurück, und der Schnaps half nach.
»Den
Männern macht es Spaß ... Gott weiß, warum. Begriffen hab' ich es nie. Aber
alles, was die Frau davon hat, ist: etwas zu essen, eine Menge Arbeit, die
Narrheiten des Mannes, die sie über sich ergehen lassen muß, und jedes Jahr ein
Kind.«
Er lachte
so laut, daß es durch die Stille schallte. Scarlett hörte die Küchentür gehen.
»Seht!
Mammy hat Ohren wie ein Luchs, und es gehört sich nicht, daß man lacht, wenn
eben erst ... Still, nicht lachen! Es ist doch wahr. Ja, das ist das Vergnügen.
Nichts weiter!«
»Ich habe
dir ja gesagt, du hast Pech gehabt, und deine Worte beweisen es. Einmal hast du
einen Knaben und das nächste Mal einen alten Mann geheiratet. Und obendrein
wird dir deine Mutter wohl gesagt haben, >Frauen müßten diese Dinge<
ertragen um der Mutterfreuden willen, die sie reichlich entschädigen. Das ist
aber alles ganz verkehrt. Probiere doch einmal, einen richtigen Mann zu
heiraten, der einen schlechten Ruf hat und mit Frauen umzugehen weiß. Das macht
Spaß!«
»Nun
werden Sie wieder richtig roh und eingebildet, und es ist wohl Zeit, daß wir
Schluß machen. Es wird ja ... ja einfach ordinär.«
»Aber ganz
vergnüglich, nicht wahr? Du hast dich doch sicher noch niemals über eheliche
Beziehungen unterhalten, auch nicht mit Charles und Frank.«
Sie sah
ihn finster an. Rhett wußte zuviel. Woher er das wohl alles hatte, was er von
der Frau wußte?
Es war
schon geradezu unanständig.
»Mach kein
böses Gesicht. Wann wollen wir also heiraten, Scarlett? Ich will gar nicht
drängen. Wir wollen die Anstandsfrist einhalten. Übrigens, wie
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