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Margaret Mitchell

Margaret Mitchell

Titel: Margaret Mitchell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vom Winde verweht
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lange dauert die
eigentlich?«
    »Ich habe
gar nicht gesagt, daß ich Sie heiraten will, und es schickt sich nicht, heute
von so etwas zu reden.«
    »Ich sagte
dir ja schon, warum ich davon reden muß. Ich reise morgen ab, aber ich bin ein
feuriger Freier und kann meine Leidenschaft nicht länger zügeln. Vielleicht
kommt dir meine Werbung zu überstürzt?«
    Sie
erschrak, so plötzlich hatte er sich vom Sofa herunter auf die Knie
niedergelassen, und die Hand gar zierlich aufs Herz gelegt, deklamierte er
zungenfertig:
    »Vergeben
Sie mir, wenn ich Sie mit dem Ungestüm meines Gefühls erschrecke. Meine liebe
Scarlett - meine liebe Mrs. Kennedy, meine ich, es kann Ihnen nicht verborgen
geblieben sein, daß seit einiger Zeit die Freundschaft, die ich für Sie im
Herzen hegte, zu einem tieferen Gefühl herangereift ist, einem schöneren,
reineren und heiligeren Gefühl. Darf ich es Ihnen nennen? Ach, es ist die
Liebe, die mich so verwegen macht.«
    »Bitte,
stehen Sie auf«, flehte sie. »Es sieht gar zu dumm aus. Wenn nun Mammy
hereinkommt und Sie sieht!«
    »Sie wäre
sprachlos und würde ihren Augen nicht trauen, an mir zum erstenmal Spuren guter
Erziehung zu finden«, sagte Rhett und stand anmutig wieder auf. »Komm,
Scarlett, du bist kein Kind, kein Schulmädchen, und kannst mich unmöglich mit
albernen Vorwänden von Schicklichkeit und dergleichen hinhalten. Sag, daß du
mich heiraten willst, wenn ich zurückkomme, oder, bei Gott, ich gehe nicht
fort. Dann bleibe ich hier und spiele jede Nacht die Gitarre unter deinem
Fenster und singe aus Leibeskräften und kompromittiere dich so schändlich, daß
du mich um deines Rufes willen doch heiraten mußt.«
    »Rhett,
seien Sie doch vernünftig. Ich will überhaupt niemand heiraten.«
    »Nein? Du
sagst mir nicht den wahren Grund. Mädchenhafte Scheu kann es nicht sein. Was
also?«
    Plötzlich
dachte sie an Ashley und sah ihn so lebendig vor sich, als stünde er leibhaftig
vor ihr mit seinem Sonnenhaar, seinen verträumten Augen, voller Würde, so ganz
anders als Rhett. Er war der eigentliche Grund dafür, daß sie nicht wieder
heiraten wollte. Gegen Rhett hatte sie nichts, sie hatte ihn zuzeiten sogar
herzlich gern. Aber sie gehörte Ashley für immer und ewig. Charles und Frank
hatte sie in Wirklichkeit nie angehört, aber auch Rhett konnte sie nie wirklich
gehören. Jedes Stück von ihr, eigentlich alles, was sie getan, erstrebt und
erreicht hatte, gehörte Ashley und war aus Liebe zu ihm geschehen. Sie gehörte
Ashley und Tara. Was sie Charles und Frank an Lächeln, Lachen und Küssen
geschenkt hatte, gehörte Ashley, wenn er auch nie Anspruch darauf erhoben hatte
noch erheben würde. In den geheimen Tiefen ihres Wesens wohnte das Verlangen,
sich ihm zu bewahren, obwohl sie wußte, daß er sie sich niemals nehmen würde.
    Sie wußte
nicht, daß ihr Gesicht sich verändert hatte und bei ihrer Träumerei so weich
geworden war, wie Rhett es noch nie an ihr gesehen hatte. Er betrachtete die
schrägen grünen Augen, die groß und verschleiert dreinschauten, betrachtete den
zärtlichen Zug um ihren Mund, und ihm stockte der Atem. Dann verzog sich sein
einer Mundwinkel mit einem heftigen Zucken: in leidenschaftlicher Ungeduld
brachte er hervor:
    »Scarlett
O'Hara, du bist verrückt!«
    Ehe sie
sich aus ihren Träumen sammeln konnte, hatte er sie plötzlich umschlungen, so
sicher und fest wie einst vor langer Zeit auf der dunklen Landstraße nach Tara.
Wieder empfand sie die überwältigende Hilflosigkeit, die Lust, hinzusinken, die
wogende Wärme, unter der sie ermattete. Und Ashley Wilkes' ruhiges Gesicht
verschwamm und löste sich in nichts auf. Er bog ihr den Kopf über seinen Arm zurück
und küßte sie, zuerst weich, dann plötzlich mit immer steigender Leidenschaft,
bis sie sich an ihn klammerte als an das einzig Feste im Taumel einer
schwankenden Welt. Seine fordernden Lippen drängten sich zwischen ihre
bebenden, daß alle Nerven in ihr erschauerten und Empfindungen in ihr
erwachten, von denen sie nie etwas gespürt hatte, und ehe sich ihr alles im
Schwindel drehte und auflöste, wurde sie inne, daß sie ihn wiederküßte.
    »Hör auf
... ich bitte dich ... ich werde ohnmächtig«, flüsterte sie und suchte
kraftlos, ihm ihren Kopf zu entziehen. Er aber drückte ihn wieder fest gegen
seine Schulter, und flüchtig erblickte sie wie im Nebel sein Gesicht. Seine
Augen waren weit geöffnet und hatten einen eigentümlichen Glanz. Das Beben
seines Armes erschreckte

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