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Margaret Mitchell

Margaret Mitchell

Titel: Margaret Mitchell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vom Winde verweht
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hitzig ihre Meinung. Kaum ein
Jahr nach dem Tode Franks, den sie doch auf dem Gewissen hatte, heiratete sie
diesen Butler, der Eigentümer eines Bordells war und mit den Yankees und
Schiebern in Gaunergeschäften unter einer Decke steckte! Getrennt waren die
beiden noch zu ertragen gewesen, ihre unverschämte Verbindung war es nicht
mehr. Gemein und niederträchtig waren sie einer wie der andere. Sie verdienten,
aus der Stadt verjagt zu werden.
    Vielleicht
wäre Atlanta mit den beiden noch glimpflicher verfahren, wenn ihre Verlobung
nicht gerade zu einer Zeit bekanntgeworden wäre, da Rhetts Kumpane unter den
Schiebern und Gesinnungslumpen den ehrbaren Bürgern widerwärtiger waren denn
je. Da im Widerstand des Staates Georgia gegen die Yankeeherrschaft eben das
letzte Bollwerk gefallen war, hatte sich der Haß gegen die Yankees und all ihre
Mitläufer bis zur Siedeglut erhitzt. Der lange Feldzug, der begonnen hatte, als
Sherman vor vier Jahren nach Süden vorrückte, hatte seinen Höhepunkt erreicht,
der Staat war auf das tiefste gedemütigt.
    Drei Jahre
des »Wiederaufbaus« und der Schreckensherrschaft waren vergangen. Jedermann
hatte gedacht, es stünde schon so schlimm, daß es nicht ärger kommen könnte.
Aber jetzt merkte Georgia, daß die bösesten Zeiten gerade erst begonnen hatten.
    Drei Jahre
lang hatte die Bundesregierung versucht, dem Staat fremde Ideen und ein fremdes
Regiment aufzuzwingen, und mit Hilfe der Armee, die die Durchführung der Verordnungen
garantierte, war es ihr zum großen Teil auch gelungen. Aber lediglich die
Militärmacht hielt das neue Regiment aufrecht. Der Staat stand nur äußerlich
unter der Herrschaft der Yankees. Georgias Führer kämpften noch immer für das
Recht des Staates, sich nach seinen eigenen Grundsätzen selber zu regieren.
Allen Versuchen, sie in die Knie zu zwingen und die Annahme des Diktats aus
Washington als eigenes Staatsgesetz von ihnen zu erreichen, hatten sie bisher
widerstanden.
    Offiziell
hatte Georgias Regierung niemals klein beigegeben, aber sie hatte einen
aussichtslosen Kampf geführt und ihn immer aufs neue verloren. Ein Sieg war
unmöglich, der Widerstand jedoch hatte das Unvermeidliche wenigstens
hinausgezögert. Viele andere Staaten des Südens hatten schon schwarze
Analphabeten in hohen öffentlichen Stellungen sitzen und Parlamente, die von
Negern und Schiebern beherrscht wurden. Noch war Georgia, dank seinem
hartnäckigen Widerstand, dieser tiefsten Erniedrigung entronnen. Fast drei
Jahre lang blieb das Kapitol des Staates noch in der Hand der Weißen und der
Demokraten. Da das Militär sich überall einmischte, konnten die Beamten des
Staates wenig mehr tun als Proteste einlegen. Die Macht hatten sie nur dem
Namen nach, aber es war ihnen doch wenigstens gelungen, die Regierung den
alteingesessenen Einwohnern Georgias vorzubehalten. Jetzt war es auch damit
vorbei.
    Genau wie
vor vier Jahren Johnston und seine Leute Schritt für Schritt von Dalton nach
Atlanta zurückgetrieben worden waren, so mußten auch die Demokraten in Georgia
von 1865 an Schritt für Schritt zurückweichen. Die Macht der Bundesregierung
war beständig ausgedehnt worden. Gewaltakt über Gewaltakt und eine Flut
militärischer Erlasse hatten den bürgerlichen Behörden alle Macht geraubt.
Schließlich waren in Georgia als einer Militärprovinz die Wählerlisten den
Negern geöffnet worden, einerlei, ob die Gesetze des Staates es zuließen oder
nicht.
    Eine
Woche, ehe Scarlett und Rhett ihre Verlobung anzeigten, war ein neuer
Gouverneur gewählt worden. Der Kandidat der südlichen Demokraten war General
John B. Gordon, einer der angesehensten und beliebtesten Bürger Georgias. Der
Gegenkandidat war ein Republikaner namens Bullock. Die Wahl hatte drei Tage
statt einen gedauert. Ganze Wagenladungen von Negern waren in der Eisenbahn von
Stadt zu Stadt gefahren und hatten unterwegs in jedem Bezirk gewählt.
Selbstverständlich hatte Bullock gesiegt.
    Hatte die
Eroberung Georgias durch Sherman Erbitterung erregt, so steigerte sich der Haß
bei dem endgültigen Einzug der Schieber, Yankees und Neger in das Kapitol des
Staates in einem Grade, wie Georgia es noch nicht erlebt hatte. Atlanta und
ganz Georgia schäumten und tobten. Rhett Butler aber war mit dem verhaßten
Bullock befreundet!
    Scarlett,
die, wie immer, für alles, was nicht unmittelbar vor ihrer Nase geschah, wenig
Aufmerksamkeit übrig hatte, wußte kaum, daß eine Wahl stattfand. Rhett hatte
sich nicht daran beteiligt,

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