Margaret Mitchell
und seine Beziehungen zu den Yankees waren die
alten geblieben. Aber die Tatsache, daß Rhett ein Parteigänger und Freund
Bullocks war, blieb bestehen. Wenn die Heirat zustande kam, stand auch Scarlett
auf der feindlichen Seite. Atlanta war nicht gesonnen, mit jemandem, der ins
feindliche Lager übergelaufen war, nachsichtig und milde zu verfahren. Da die
Verlobungsnachricht gerade in diesem Zeitpunkt kam, gedachte die Stadt alles
Bösen, was sie von dem Paar wußte, und vergaß alles Gute.
Scarlett
wußte, daß die Stadt brodelte, aber den Umfang der öffentlichen Entrüstung
erkannte sie doch erst, als Mrs. Merriwether von ihren kirchlichen Kreisen
vorgeschickt wurde, um mit ihr zu ihrem eigenen Besten zu reden.
»Weil
deine eigene liebe Mutter tot ist und Miß Pitty, da sie doch unverheiratet ist,
nicht geeignet ist, über ein solches Thema mit dir zu reden, fühle ich mich
berufen, Scarlett, dich zu warnen. Kapitän Butler ist nicht der Mann, den eine
Frau aus guter Familie heiraten kann.«
»Er hat es
fertiggebracht, Großpapa Merriwether und Ihrem Neffen mit heiler Haut aus der
Klemme zu helfen.«
Mrs. Merriwether
schwoll der Kamm. Vor kaum einer Stunde hatte sie eine ärgerliche Unterredung
mit Großpapa gehabt. Der alte Herr hatte gemeint, sein Kopf müsse ihr wohl eben
nicht viel bedeuten, wenn sie nicht einige Dankbarkeit gegen Rhett Butler
empfände, ob er nun ein Lump sei oder nicht.
»Er hat
uns allen nur einen schmutzigen Streich spielen wollen, um uns vor den Yankees
zu blamieren«, fuhr Mrs. Merriwether fort. »Du weißt so gut wie ich, daß der
Mann ein Schurke ist. Das ist er immer gewesen, und jetzt ist er es mehr denn
je. Er ist einfach nicht der Mann, den ein anständiges Haus empfängt.«
»Nein? Wie
sonderbar, Mrs. Merriwether! Während des Krieges ist er oft genug in Ihrem
Salon gewesen. Er hat doch auch Maybelle ihr weißseidenes Hochzeitskleid
geschenkt? Oder irre ich mich?«
»Während
des Krieges war das alles anders. Anständige Leute gingen mit allen möglichen
Menschen um, die nicht ganz ... es geschah alles um der Sache willen. Du kannst
doch nicht im Ernst daran denken, einen Mann zu heiraten, der nicht mitgekämpft
und die Leute verhöhnt hat, die sich stellten.«
»Er hat
aber mitgekämpft. Er war acht Monate an der Front. Den letzten Feldzug hat er
mitgemacht, bei Franklin war er dabei und auch, als General Johnston sich
ergab.«
»Davon
habe ich nie gehört«, sagte Mrs. Merriwether ungläubig. »Aber er ist doch nicht
verwundet worden«, schloß sie triumphierend.
»Es sind
nicht alle verwundet worden.«
»Wer
irgend etwas ist, ist auch verwundet worden. Ich für meine Person kenne keinen
Mann, der unverwundet geblieben ist.«
Das
brachte Scarlett in Harnisch.
»Dann
werden wohl alle, die Sie gekannt haben, zu dumm gewesen sein, um zu wissen,
wann man bei einem Regenschauer unter Dach geht. Ich will Ihnen etwas sagen,
Mrs. Merriwether, und Sie können es allen Ihren Freundinnen weitergeben. Ich
heirate Kapitän Butler, und wenn er auf der Seite der Yankees mitgekämpft
hätte, wäre es mir auch einerlei.«
Als die
würdige Matrone mit vor Wut bebender Haube das Haus verließ, wußte Scarlett,
daß sie jetzt statt einer mißbilligenden Freundin eine offene Feindin hatte.
Aber sie machte sich nichts daraus. Was Mrs. Merriwether auch sagte oder tat,
sie focht es nicht an. Sie kehrte sich nicht daran, was die Leute sagten - mit
der einzigen Ausnahme von Mammy.
Sie hatte
es hingenommen, daß Pitty bei der Nachricht in Ohnmacht fiel. Sie hatte sich
dagegen verhärtet, daß Ashley plötzlich alt aussah und ihren Blick mied, als er
ihr Glück wünschte. Tante Pauline und Tante Eulalies Briefe aus Charleston, in
denen die alten Damen wie vom Donner gerührt ihr die Heirat untersagten und ihr
mitteilten, sie untergrübe nicht nur ihre eigene gesellschaftliche Stellung,
sondern auch die all ihrer Verwandten, hatte sie nur amüsiert. Sie hatte sogar
gelacht, als Melanie mit Sorgenfalten auf der Stirn in aufrichtigem Ernst
erklärte: »Natürlich ist er viel besser, als die meisten Leute ahnen. Es war
gut und klug von ihm, wie er Ashley gerettet hat. Er hat ja auch für die
Konföderierten mitgekämpft. Aber meinst du nicht, Scarlett, du solltest deinen
Entschluß lieber nicht überstürzen?«
Nein, sie
machte sich nichts daraus, was sie alle sagten, mit Ausnahme von Mammy. Mammys
Worte gingen ihr sehr nahe und machten sie sehr zornig.
»Ich habe
wohl gesehen, daß du eine
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