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Margaret Mitchell

Margaret Mitchell

Titel: Margaret Mitchell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vom Winde verweht
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machen könnte, daß er entweder schmerzlich
nach etwas verlangte, was er nicht bekam, oder aber überhaupt niemals nach
etwas verlangt hatte und deshalb gegen alles gleichgültig war. Er lachte über
alles, was sie sagte, bestärkte sie in ihren Extravaganzen und
Unverschämtheiten, verspottete ihre Anmaßungen und - bezahlte ihre Rechnungen.
     
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    Auch in
Stunden größter Vertraulichkeit blieb Rhett bei seiner unerschütterlichen
glatten Höflichkeit. Dennoch hatte Scarlett immer das Gefühl, daß er sie
heimlich beobachtete, und sie wußte, daß sie nur plötzlich den Kopf zu wenden
brauchte, um ihn auf einem forschenden, erwartungsvollen Blick, dem Ausdruck
einer fast beängstigenden Geduld zu ertappen, den sie nicht verstand.
    Manchmal
war es sehr angenehm, mit ihm zu leben, trotz seiner unglückseligen
Angewohnheit, keine Lüge, keine Verstellung, keine Aufschneiderei
durchzulassen. Er hörte zu, wenn sie von dem Laden, den Mühlen, der Kneipe, den
Sträflingen und den Kosten für ihren Unterhalt erzählte und gab klugen, nüchternen
Rat. Er hatte immer wieder Lust an den Bällen und Gesellschaften, die sie so
liebte, und besaß einen unerschöpflichen Vorrat derber Anekdoten, die er ihr an
den wenigen Abenden, die sie allein verbrachten, wenn der Tisch abgedeckt war
und Schnaps und Kaffee vor ihnen standen, auftischte. Sie machte die Erfahrung,
daß er ihr alles gewährte, was sie wünschte, und ihr auf jede Frage, die sie
stellte, Antwort gab, solange sie offen und ehrlich vorging, ihr aber alles
verweigerte, was sie hintenherum durch Kniffe, Winkelzüge und weibliche Künste
zu erlangen suchte. Er hatte eine Art, sie zu durchschauen und einfach
auszulachen, die sie immer wieder entwaffnete und hilflos ihm auslieferte.
    Angesichts
des liebenswürdigen Gleichmuts, mit dem er sie zu behandeln pflegte, fragte
Scarlett sich häufig, wenn auch ohne wirklich dringende Neugierde, warum er sie
wohl geheiratet habe. Männer heirateten aus Liebe oder des Geldes wegen oder um
ein Heim und Kinder zu haben; er aber hatte sie aus keinem dieser Gründe genommen.
Er liebte sie sicherlich nicht, ihr schönes Haus nannte er eine
architektonische Mißgeburt und sagte, er möchte überhaupt lieber in einem gut
geführten Hotel leben als zu Hause. Auch machte er nie eine Andeutung, daß er
sich ein Kind wünschte, wie Charles und Frank es getan hatten. In einer
Anwandlung von Koketterie fragte sie ihn einmal, warum er sie geheiratet habe,
und geriet in Wut, als er ihr mit lustig funkelnden Augen antwortete: »Ich habe
dich geheiratet, mein Schatz, weil ich dich als Schoßhündchen haben wollte.«
    Nein, die
üblichen Heiratsgrunde anderer Männer bewegten ihn nicht. Er hatte sie einzig
und allein geheiratet, weil er sie haben wollte und auf anderem Wege nicht
bekam. Das hatte er an jenem Abend, da er um sie anhielt, offen gesagt. Er
hatte sie begehrt, genau wie er Belle Watling begehrt hatte. Das war kein
angenehmer Gedanke, im Gegenteil, es war eigentlich eine glatte Beleidigung.
Aber sie schüttelte den Gedanken daran ab, wie sie alles Unerfreuliche
abzuschütteln gelernt hatte. Sie hatten einen Pakt geschlossen, und sie
ihrerseits war damit ganz zufrieden. Sie hoffte, er sei es auch, dachte aber
nicht weiter darüber nach.
    Allein
eines Nachmittags, als sie Dr. Meade wegen einer Verdauungsstörung zu Rat zog,
teilte er ihr eine unerfreuliche Tatsache mit, die sich nicht ohne weiteres
abschütteln ließ. Mit einem echten Haß in den Augen stürmte sie in der
Abenddämmerung nach Hause und sofort in ihr Schlafzimmer und sagte Rhett, sie
erwarte ein Kind.
    Er hatte
es sich in einem seidenen Schlafrock bequem gemacht und war in eine Wolke von
Zigarrenrauch gehüllt. Er blickte sie scharf an, während sie sprach. Aber er
erwiderte nichts. Er beobachtete sie schweigend, und während er auf ihr
nächstes Wort wartete, lag etwas merkwürdig Gespanntes in seiner Haltung, das
ihr jedoch entging. Sie war in heller Empörung und Verzweiflung und hatte für
nichts anderes Sinn.
    »Du weißt
doch, ich will keine Kinder mehr haben! Ich habe überhaupt nie eins haben
wollen. Immer, wenn es gerade bergauf geht, bekomme ich ein Kind! Sitz nur
nicht da und lach mich aus! Du willst ja auch keins! Ach, heilige Mutter
Gottes!«
    Seine Züge
verhärteten sich kaum merklich, seine Augen wurden ausdruckslos.
    »Nun, wir
können es ja Miß Melly geben. Hast du mir nicht erzählt, sie sei so
hirnverbrannt, sich noch ein Kind zu

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