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Margaret Mitchell

Margaret Mitchell

Titel: Margaret Mitchell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vom Winde verweht
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tief ausgefahrenen Geleise nutzloser
Gedanken durchliefe, um über die verzweifelte Lage nachzudenken, in der sie
sich befand. Sie war krank an Leib und Seele und stand wie ein verlassenes Kind
in einem düsteren Traumland, wo kein vertrautes Wahrzeichen ihr mehr den Weg
wies.
    Wie sie
einst vor einer feindlichen Armee aus Atlanta geflohen, so floh sie auch jetzt
wieder und drängte ihren Kummer zurück und verschanzte sich hinter ihrem
gewohnten: »Ich will jetzt nicht daran denken, denn ich halte es nicht aus.
Morgen denke ich darüber nach, morgen ist auch ein Tag.« Ihr war, als müsse all
ihr Kummer von ihr abfallen, wenn sie nun in die Stille der grünen
Baumwollfelder heimkehrte, und als könne sie erst dann aus ihren zerrütteten
Gedanken wieder etwas formen, wovon sie leben durfte.
    Rhett
blickte dem Zug nach, bis er außer Sicht war. In seinem Gesicht lag eine
grüblerische Bitterkeit, die furchtbar anzusehen war. Er seufzte auf, schickte
den Wagen weg, bestieg sein Pferd und ritt die Efeustraße hinunter zu Melanie.
    Es war ein
warmer Morgen, und Melanie saß auf ihrer weinumrankten Veranda vor ihrem
Stopfkorb, in dem die Socken sich türmten. Sie war verwirrt und bestürzt, als
sie Rhett vom Pferde steigen und die Zügel über den Arm der gußeisernen
Negerfigur werfen sah, die an der Straßenecke stand. Seit dem schrecklichen
Tage, da Scarlett so krank und er so fassungslos und betrunken gewesen war,
hatte sie ihn nicht wieder unter vier Augen gesehen. Betrunken! Melanie dachte
nicht gern daran. Während Scarletts Genesungszeit hatte sie nur flüchtig mit
ihm gesprochen und dabei Mühe gehabt, ihm ins Auge zu sehen. Er war
liebenswürdig wie immer gewesen und hatte sich nie durch ein Wort oder einen
Blick das Erschütternde anmerken lassen, das zwischen ihnen vorgegangen war.
Ashley hatte ihr einmal erzählt, Männer erinnerten sich oft nicht daran, was
sie im Rausch gesagt und getan hätten. Melanie betete inbrünstig, Kapitän
Butler möge sein Gedächtnis in dieser Hinsicht im Stich lassen. Das Blut stieg
ihr in die Wangen, als er den Gartenweg heraufkam. Vielleicht wollte er nur
fragen, ob Beau heute Bonnie besuchen könne. So geschmacklos konnte er doch
nicht sein, ihr für ihren damaligen Beistand zu danken!
    Sie stand
auf und ging ihm entgegen. Wie immer fiel ihr auf, wie leicht sein Gang im
Verhältnis zu seinem Körper war.
    »Ist
Scarlett abgereist?«
    »Ja, Tara
wird ihr guttun«, versetzte er lächelnd. »Manchmal meine ich, sie gliche dem
Riesen Antäus, der jedesmal stärker wurde, wenn er die Muttererde berührte. Es
bekommt Scarlett nicht gut, wenn sie von dem Flecken roter Erde, den sie
liebhat, zu lange fernbleibt. Der Anblick der wachsenden Baumwolle wird ihr
besser helfen als Dr. Meades sämtliche Medikamente.«
    »Wollen
Sie sich nicht setzen?« fragte Melanie, und ihre Hände zitterten.
    Er war so
sehr groß und männlich, und das Männliche brachte sie immer aus der Fassung. Es
ging eine Macht und eine Lebenskraft davon aus, neben der sie  sich noch
kleiner und schwächer fühlte,  als  sie war.  So sonnverbrannt und gewaltig sah
er aus, die starken Muskeln seiner Schultern spannten das weiße Leinenzeug und
flößten ihr Angst ein. Es kam ihr ganz unmöglich vor, so viel Kraft und
Verwegenheit je zu ihren Füßen gesehen und den schwarzen Kopf auf ihrem Schoß
gehalten zu haben.
    »Miß
Melly«, begann er sanft, »soll ich lieber fortgehen? Sagen Sie es mir bitte
ganz offen.«
    »Ach
Gott«, dachte sie bei sich, »er weiß es noch, und er weiß auch, wie unruhig ich
bin.«
    Flehend
blickte sie zu ihm auf, aber plötzlich schwand ihre Befangenheit und
Verwirrung. Seine Augen blickten so ruhig, freundlich und verständnisvoll, daß
sie gar nicht begriff, wie sie so töricht hatte sein können, sich aufzuregen.
Sein Gesicht sah müde und sehr, sehr traurig aus. Wie hatte sie ihm nur die
Ungezogenheit zutrauen können, davon anzufangen, was sie beide lieber vergaßen!
    »Armer
Kerl, er macht sich so viel Sorge um Scarlett«, dachte sie, brachte ein Lächeln
zustande und sagte: »Nehmen Sie doch bitte Platz, Kapitän Butler.«
    Schwer
ließ er sich auf den Stuhl fallen und sah ihr zu, wie sie ihre Stopf arbeit
wieder zur Hand nahm.
    »Miß
Melly, ich möchte Sie um einen sehr großen Gefallen bitten.« Er lächelte und
sein Mund verzog sich. »Ich rechne auf Ihre Hilfe bei einem Betrug, vor dem Sie
sich doch sicher scheuen.«
    »Einem
Betrug?«
    »Ja, ich
möchte etwas

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