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Margaret Mitchell

Margaret Mitchell

Titel: Margaret Mitchell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vom Winde verweht
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sagen,
das Geld sei ein Vermächtnis von einem Verwandten?«
    »Ach, Kapitän
Butler, meine Verwandten haben samt und sonders keinen roten Heller.«
    »Wenn ich
nun also Mr. Wilkes das Geld mit der Post schicke, ohne den Absender anzugeben,
könnten Sie wohl dafür sorgen, daß die Mühlen davon gekauft werden und daß es
nicht an verarmte Konföderierte verschenkt wird?«
    Zunächst
machte sie bei diesen Worten ein etwas gekränktes Gesicht, als wäre in ihnen
etwas Abfälliges über Ashley enthalten gewesen, aber Rhett lächelte so
verständnisvoll, daß sie sein Lächeln erwiderte.
    »Darauf können
Sie sich verlassen.«
    »Also
abgemacht? Und es wird unser Geheimnis bleiben?«
    »Aber ich
habe doch nie etwas vor meinem Mann geheimgehalten.«
    »Davon bin
ich überzeugt, Miß Melly.«
    Als sie
ihn ansah, fand sie, daß sie ihn doch immer richtig beurteilt hatte, während
viele andere Leute ihm bitter Unrecht taten. Es hieß, er sei roh, höhnisch,
ungezogen, ja unehrlich. Freilich gaben jetzt viele aus den besten Familien zu,
daß er ein prachtvoller Mensch war. Sie hatte von ihm immer nur Güte,
Rücksicht, tiefste Ehrerbietung und viel, viel Verständnis erfahren. Und wie er
Scarlett liebte! Wie schön es von ihm war, seiner Frau auf diesem Umweg etwas
von der Last, die sie trug, abnehmen zu wollen!
    Das Herz
trat ihr auf die Zunge. »Welch ein Glück Scarlett mit einem Manne hat, der so
gut zu ihr ist!«
    »Meinen
Sie? Ich fürchte, Scarlett ist anderer Meinung. Vor allem aber möchte ich auch
gegen Sie gut sein, Miß Melly, Ihnen würde ich mehr damit geben als Scarlett.«
    »Mir?«
fragte sie höchst erstaunt. »Ach, Sie meinen Beau!«
    Er nahm
seinen Hut und stand auf. Einen Augenblick schaute er herab auf das
unscheinbare, herzförmige Gesichtchen mit dem spitz zulaufenden Haaransatz, der
einer Witwenhaube glich, und den ernsten dunklen Augen, auf dieses ganz
unweltliche, dem Leben schutzlos preisgegebene Gesicht.
    »Nein,
nicht Beau. Ich möchte Ihnen etwas geben, was noch mehr ist als Beau, wenn Sie
sich das überhaupt vorstellen können.«
    »Nein, das
kann ich nicht«, erwiderte sie verwirrt. »Nichts auf der Welt ist mir soviel
wert wie Beau, bis auf Ash ... auf Mr. Wilkes.«
    Rhett
sagte nichts und blickte auf sie hernieder. Sein dunkles Gesicht war ganz
ruhig.
    »Es ist
furchtbar lieb von Ihnen, daß Sie etwas für mich tun wollen, Kapitän Butler,
aber ich habe doch schon so viel Glück. Ich habe alles, was eine Frau sich
überhaupt wünschen kann.«
    »Das ist
schön«, sagte Rhett in plötzlich sehr ernstem Ton. »Ich will dafür sorgen, daß
Sie es auch behalten.«
     
    Als
Scarlett aus Tara zurückkam, war die ungesunde Blässe aus ihrem Gesicht
verschwunden, ihre Wangen waren wieder runder geworden und schimmerten rosig.
Ihre grünen Augen funkelten in alter Lebendigkeit. Zum erstenmal seit Wochen
lachte sie laut auf, als Rhett und Bonnie sie, Wade und Ella am Bahnhof abholten
- vor Vergnügen und vor Ärger. Rhett trug zwei schwankende Truthahnfedern am
Hut, Bonnie hatte ihr schrecklich zerrissenes Sonntagskleid an, über ihre
Bäckchen liefen lauter indigoblaue Streifen, und in den Locken stak ihr eine
Pfauenfeder, die halb so lang war sie sie selbst. Offenbar hatten die beiden
gerade Indianer gespielt, als es Zeit wurde, an den Zug zu gehen, und aus
Rhetts hilflos lustigem Gesicht und Mammys grollendem Mißmut war klar zu
ersehen, daß Bonnie nicht einmal, um ihre Mutter abzuholen, sich ordentlich
hatte anziehen lassen wollen.
    Scarlett
sagte: »Oh, ihr schrecklichen Strolche!«, gab dem Kind einen Kuß und bot Rhett
die Wange. Der Bahnhof war überfüllt, sonst hätte sie diese Liebesbezeigung
nicht gefordert. Trotz ihrer Verlegenheit über Bonnies Aussehen entging ihr
nicht, wie alle Leute über Vater und Tochter lächelten, nicht abfällig, sondern
belustigt und von Herzen freundlich. Jedermann wußte, daß Scarletts Jüngste den
Vater unter dem Pantoffel hatte, und Atlanta hatte seinen Spaß und seine helle
Freude daran. Rhetts große Liebe zu dem Kinde hatte viel dazu beigetragen,
seinen Ruf in der Meinung der Leute wiederherzustellen.
    Auf dem
Weg nach Hause war Scarlett noch ganz erfüllt von den Neuigkeiten aus der
Provinz. Bei dem heißen, trockenen Wetter höre man schier die Baumwolle
wachsen, so schnell gehe es, aber Will meine, die Baumwollpreise würden zum
Herbst sinken. Suellen erwarte wieder ein Kind - Scarlett buchstabierte dies,
damit die Kleinen es nicht verständen -,

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