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MargeritenEngel (German Edition)

MargeritenEngel (German Edition)

Titel: MargeritenEngel (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karo Stein
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tiefgründige Typ. Außen und innen passten da gut zusammen. Wenn er sein schiefes Lächeln aufsetzte, zog er alle anderen in seiner Umgebung mit sich. Ich mochte ihn.
    Auch wenn als er mich zuerst Jordy genannt hatte – um mich zu ärgern – und dann Detective Waters , völlig ungeachtet meiner Reaktion dem gegenüber. Er hatte noch nie meinen Vornamen, Jordan, benutzt.
    Jordy war ein Name für einen Schoßhund oder ein Kaninchen. Detective war eine Dienstbezeichnung, die Polizisten in ihrer Freizeit im Umgang miteinander nicht benutzten. Er machte das nur, um mich aus der Reserve zu locken. Was ich irgendwie mochte. Außerdem war es schwer, ihn nicht gern zu haben.
    Und nein, ich meine damit nicht, ihn so zu mögen, obwohl ich schwul war. Ich mochte ihn einfach. Er war ein guter Freund und Partner und ich wusste, dass ich mich hundertprozentig auf ihn verlassen konnte, wenn es hart auf hart kam.
    Nicht, dass wir bei der Steuer so oft in brenzlige Situationen kommen würden. Die meiste Zeit über glichen wir Daten ab, überprüften Informationen, gingen Hinweisen nach und hatten einen nicht enden wollenden Papierwust zu bearbeiten.
    Das war mir nach so vielen Jahren beim Raub- und Morddezernat in New York allerdings auch ganz recht. Nachdem ich angeschossen worden war – zum Glück nur ins Schulterblatt –, hatte ich einen Tapetenwechsel gebraucht. Das hier war eine willkommene Abwechslung.
    Und apropos willkommen: Als ich in einem der Vororte aus meinem protzigen, schwarzen SUV kletterte und zur Haustür meines Partners ging, lief mir unwillkürlich ein kalter Schauer über den Rücken.
    Ich hatte mich schon immer schwer mit den zwischenmenschlichen Fähigkeiten getan, die man benötigte, um schnell Anschluss zu finden. Es hatte nichts mit Nervosität zu tun. Es war mehr die Abneigung, anderen etwas vorzuspielen, und gegen Smalltalk im Allgemeinen.
    Ich hasste diesen beschissenen Smalltalk. Ich verabscheute zielgerichteten Schwachsinn. Es war so Gang und Gäbe, dass es einfach jeder machte. Die Leute ignorierten unangenehme Wahrheiten, um sich besser in ihrem Selbstbetrug suhlen zu können.
    Aber ich hatte mir vorgenommen, das Beste aus dem heutigen Abend zu machen. Immerhin war es kein Familienpicknick oder sowas. Nur mein Partner, ein paar andere Polizeikollegen und ein nettes Pokerspiel an einem Freitagabend. Das würde ich mit Sicherheit schaffen – und meine Gedanken dabei für mich behalten können.
    Darin war ich in den letzten Jahren ein wahrer Meister geworden. Niemanden interessierte meine Meinung und das war auch okay für mich, solange man nicht versuchte, mich zu diesem In-jedem-Menschen-steckt-ein-guter-Kern-Zeug zu bekehren.
    Als Ausgleich für diese Unzulänglichkeit, einen leichten Umgang mit anderen Menschen zu pflegen, hatte ich normalerweise ein ziemlich ruhiges Temperament. War schon immer so gewesen. Fest in meiner Persönlichkeit verankert. Ausgeglichen war, glaub' ich, das richtige Wort, zumindest benutzten es die Leute oft, um mich zu beschreiben.
    Ja, ich war immer ausgeglichen. Unbeherrschtes oder wichtigtuerisches Verhalten lag mir nicht. Und da ich keinen Alkohol trank, machte das einige Situationen für mich – vor allem bei sozialen Zusammenkünften – nicht nur anstrengend, sondern oft auch nur schwer zu ertragen. Ich hatte gelernt, den Mund zu halten, wenn meine Kollegen mich damit aufzogen und Witze darüber rissen. Ich wusste ja, dass sie es nicht böse meinten. Eine Menge Polizisten waren Alkoholiker und über die machte niemand Witze, also ließ ich es an mir abprallen.
    Mal ganz abgesehen davon, dass ich aus Prinzip keinen Alkohol trank – die einzige Ausnahme machte ich für meinen kleinen Bruder Jack –, konnte ich auch einfach so vollkommen ausgeglichen sein. Ich blieb kühl, ruhig und beherrscht, wenn man mich emotional und/oder körperlich provozierte.
    Ich distanzierte mich von meinen eigenen emotionalen und körperlichen Reaktionen. Natürlich hatte ich sie trotzdem, ich ließ nur nicht zu, dass sie mein Verhalten bestimmten.
    Ich war gnadenlos ausgeglichen, was bedeutete, dass ich meinem Gegner wenn möglich sofort einen verbalen Todesstoß verpasste. Ich warf meinem Widersacher die kalte, harte Wahrheit vor die Füße, ohne jeglichen Filter. Naja, zumindest meine Version der Wahrheit , aber ich hatte die ärgerliche Angewohnheit, meistens ins Schwarze zu treffen durch ein gutes Gespür für versteckte Dinge, die unter der Oberfläche brodelten. Und ich war

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