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Margos Spuren

Margos Spuren

Titel: Margos Spuren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Green
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einer gewissen Heiterkeit. Dann sagte Margo : »Sprüh ein M für mich aufs Dach.«
    Diesmal musste ich keine Sekunde nachdenken, sondern stieg einfach auf die hintere Stoßstange und sprayte hastig ein riesiges M quer über das Dach. Im Allgemeinen war ich gegen Sachbeschädigung. Doch im Allgemeinen war ich auch gegen Lacey Pemberton, was, wie sich herausstellte, die stärkere Überzeugung war. Dann sprang ich von der Stoßstange und rannte – mein Atem schnell und kurz – durch die Dunkelheit zum Wagen. Als ich die Hände um das Lenkrad legte, sah ich, dass mein Zeigefinger blau war. Ich hielt ihn hoch und zeigte ihn Margo. Lächelnd hielt sie ihren Zeigefinger hoch, der auch blau war, und wir drückten die Zeigefinger aneinander, ihre blaue Fingerspitze weich an meiner, und mein Puls wollte nicht langsamer werden. Und dann, nach einer Ewigkeit, sagte sie : »Teil neun – in die Innenstadt.«
    Es war 2 : 49 Uhr morgens. Noch nie in meinem ganzen Leben war ich weniger müde gewesen.
6
    Touristen verirrten sich nie in die Innenstadt von Orlando, weil es dort nichts gab außer ein paar Bürohochhäusern, die irgendwelchen Banken und Versicherungen gehörten. Es war die Art Innenstadt, die nachts und am Wochenende völlig ausgestorben ist, bis auf ein paar halb leere Nachtclubs, in denen sich ein paar Verzweifelte und ein paar zum Verzweifeln Langweilige herumdrücken. Als wir uns nach Margos Anweisungen durch das Labyrinth der Einbahnstraßen fädelten, sahen wir einzelne Menschen, die auf dem Bürgersteig schliefen oder auf Bänken saßen, aber keiner bewegte sich. Margo ließ das Fenster runter, und die warme Nachtluft blies mir ins Gesicht, wärmer, als es nachts sein sollte. Ich riskierte einen Blick zu ihr und sah, wie ihr die Haare ums Gesicht flogen. Obwohl ich sie sah, hatte ich das Gefühl, ich war vollkommen allein zwischen den riesigen leeren Gebäuden, als hätte ich als Einziger die Apokalypse überlebt und die Welt gehörte jetzt mir, die ganze wunderbare endlose Welt, die ich erforschen konnte.
    »Wird das eine Stadtrundfahrt?«, fragte ich.
    »Nein«, antwortete sie. »Ich versuche zum SunTrust Building zu kommen. Das ist das Hochhaus neben dem Spargel.«
    »Aha.« Zum ersten Mal in dieser Nacht hatte ich eine brauchbare Information. »Das ist weiter südlich.« Ein paar Straßen weiter wendete ich. Margo streckte zufrieden den Zeigefinger aus, und ja, dort vor uns stand der Spargel.
    Streng genommen, war der Spargel kein Spargel noch sonst etwas, das mit der Spargelpflanze zu tun hatte. Es war eine Skulptur, die eine frappierende Ähnlichkeit mit einem zehn Meter hohen Spargel aufwies, wobei ich auch andere Assoziationen gehört hatte :
     
    1.  grüne Glasbohnenstange
    2.  abstrakte Darstellung eines Baums
    3.  grüne, gläserne Karikatur des Obelisken
         in Washington
    4.  der unglaubliche Phallus des unglaublichen Hulk
     
    Auf jeden Fall sah das Ding nicht aus wie ein »Turm des Lichts«, wie die offizielle Bezeichnung des Kunstwerks lautete. Ich blieb an einer Parkuhr stehen und sah Margo an. Kurz erwischte ich sie, wie sie in die Ferne starrte, den leeren Blick nicht auf den gläsernen Spargel gerichtet, sondern auf irgendwas dahinter. Zum ersten Mal an diesem Abend kam mir der Gedanke, dass vielleicht etwas mit ihr nicht stimmte – nicht Liebeskummer, sondern etwas Wesentlicheres. Wahrscheinlich hätte ich etwas sagen sollen. Natürlich. Ich hätte so viele Dinge zu ihr sagen sollen. Aber stattdessen sagte ich nur : »Darf ich fragen, was wir am Spargel machen?«
    Margo sah mich an und lächelte. Sie war so schön, dass mich sogar ihr falsches Lächeln überzeugte. »Wir müssen überprüfen, wie wir vorankommen. Und der beste Ort dafür ist die oberste Etage des SunTrust Buildings.«
    Ich verdrehte die Augen. »Nein. Auf keinen Fall. Du hast gesagt, kein Einbruch mehr.«
    »Wir brechen nicht ein. Wir gehen rein. Die Tür ist nicht abgeschlossen.«
    »Margo, das ist nicht witzig. Wir …«
    »Ich gebe zu, dass es im Laufe dieses Abends einbruchähnliche Vorfälle gegeben hat. Wir sind bei Becca eingestiegen. Der Fisch ist bei Jason eingebrochen. Aber bei Becca stand das Fenster offen, und bei Jason war es nur der Fisch. Die Polizei könnte uns unbefugtes Betreten vorwerfen oder Einschlagen einer Fensterscheibe, aber nicht Einbruch, und damit habe ich mein Versprechen gehalten.«
    »Aber im SunTrust Building gibt es bestimmt einen Nachtwächter oder so was«,

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