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Margos Spuren

Margos Spuren

Titel: Margos Spuren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Green
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breiten Falten, okay?«
    Sie redeten und redeten – das Idealmaß von Kummerbundfalten war anscheinend ein Thema, dem man Stunden widmen konnte –, und ich hörte schon längst nicht mehr zu, als ich mich in die Schlange vor der Pizza-Ausgabe stellte. Ben hatte eine Ballbegleitung gefunden, und Lacey hatte einen Jungen gefunden, mit dem sie stundenlang über den Ball reden konnte. So waren alle versorgt – bis auf mich, aber ich würde nicht hingehen. Denn die Einzige, mit der ich gerne hingegangen wäre, wanderte auf irgendeiner ewigen Reise oder so was.
    Als wir am Tisch saßen, überflog Lacey »Lied auf mich selbst«, und sie schloss sich unserer Meinung an, dass nichts davon irgendwohin führte, jedenfalls nicht zu Margo. Wir hatten schlichtweg keine Ahnung, was Margo uns sagen wollte. Lacey gab mir das Buch zurück, und dann setzten die beiden ihr Gespräch über den Schulball fort.
     
    Auch wenn ich den ganzen Nachmittag das Gefühl hatte, es brachte nichts, nahm ich immer, wenn mir langweilig wurde, das Buch aus dem Rucksack, legte es mir auf den Schoß und las weiter. In der letzten Stunde hatte ich Englisch. Wir fingen gerade mit Moby Dick an, und unsere Lehrerin Dr. Holden erzählte uns alles Mögliche über die Fischerei im neunzehnten Jahrhundert. Ich hatte Moby Dick auf dem Tisch und Whitman auf dem Schoß, doch auch der Englischunterricht brachte keine Erleuchtung. Ausnahmsweise hatte ich ein paar Minuten nicht zur Uhr gesehen, und das Klingeln überraschte mich, so dass ich länger als die anderen brauchte, um meine Sachen zu packen. Dann, als ich mir gerade den Rucksack über die Schulter warf und zur Tür gehen wollte, lächelte Dr. Holden mir zu und sagte : »Du liest also Walt Whitman.«
    Ich nickte verlegen.
    »Gutes Buch«, sagte sie. »So gut, dass ich beinahe damit einverstanden bin, wenn du es bei mir im Unterricht liest. Aber nur beinahe.« Ich murmelte eine Entschuldigung, dann ging ich raus auf den Schülerparkplatz.
     
    Ben und Radar hatten Orchesterprobe, und ich setzte mich bei offenen Türen in den RHAPAW und ließ die träge, schwüle Brise durchziehen. Während ich für den Test am nächsten Tag in der amerikanischen Verfassung las, drehten sich meine Gedanken immer wieder in derselben Schleife : Woody Guthrie und Walt Whitman und New York und Margo. War sie auf den Spuren der Folk Music nach New York gegangen? Gab es eine geheime Hippie-Margo, die ich nicht kannte? Hatte sie vielleicht eine Wohnung besetzt, wo einer der beiden mal gewohnt hatte? Aber warum wollte sie ausgerechnet mir davon erzählen?
    Im Rückspiegel sah ich Ben und Radar, der seinen Saxophonkoffer durch die Luft schlenkerte, als sie eilig auf den RHAPAW zuliefen. Sie stiegen durch die offen stehenden Türen ein, und Ben drehte den Schlüssel und RHAPAW stotterte, und wir hofften, und er stotterte wieder, und wir hofften noch mehr, und dann sprang er endlich knatternd an. Ben trat aufs Gas und bretterte vom Parkplatz. Erst dann rief er : »ICH KANN’S NICHT FASSEN!« Er konnte kaum an sich halten vor Entzücken.
    Frohlockend drückte er auf die Hupe, aber die Hupe funktionierte nicht, und deswegen rief er beim Drücken : »HUP! HUP! HUP! HUP, WENN DU MIT DER HAMMERPUPPE LACEY PEMBERTON ZUM SCHULBALL GEHST! HUP, BABY, HUP!«
    Er kriegte sich auf der ganzen Heimfahrt nicht ein.
    »Wisst ihr, was den Ausschlag gegeben hat? Ich meine, abgesehen von der totalen Verzweiflung? Lacey und Becca haben sich gestritten, du weißt schon, weil Becca rumgevögelt hat, und ich glaube, Lacey hat plötzlich ein schlechtes Gewissen wegen der Geschichte vom blutigen Ben bekommen. Sie hat es nicht ausgesprochen, aber ich spüre es. Am Ende hat der blutige Ben mir was zum Kuscheln besorgt!« Ich gönnte es Ben von Herzen, wirklich, aber ich wollte, dass wir uns wieder auf Margo konzentrierten.
    »Habt ihr irgendwelche Ideen?«
    Es war einen Moment still, dann sah mich Radar im Rückspiegel an und sagte : »Die Stelle mit den Türen ist die einzige, die anders markiert ist als die anderen. Und sie wirkt irgendwie zusammenhanglos. Ich glaube, das muss ein Hinweis sein. Wie heißt die Zeile noch mal?«
    »Schraub die Schlösser von den Türen los! / Schraub die Türen selbst von ihren Pfosten los!«, zitierte ich.
    »Zugegeben, Jefferson Park ist nicht der beste Ort, um die Türen in vernagelten Köpfen aufzustoßen«, sagte er. »Vielleicht wollte sie das damit sagen. Wie das mit der Plastikstadt, verstehst du?

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