Margos Spuren
Gegenteil von einer Orchesterfeier, oder?« Und ich sagte : »Ja«, und sie sagte : »Ben ist durchgeknallt, aber ich liebe ihn.« Und ich sagte : »Ja.« Sie sagte : »Außerdem hat er total grüne Augen«, und ich sagte : »M-hm«, und dann sagte sie : »Alle finden dich süßer, aber ich stehe echt auf Ben«, und ich sagte : »Okay«, und dann sagte sie : »Die Party ist spitze, oder?« Und ich sagte : »Ja.« Mit einem Betrunkenen zu reden ist, wie mit einem überglücklichen, ernsthaft hirngeschädigten Dreijährigen zu reden.
Als Cassie weiterging, kam Chuck Parson zu mir. »Jacobsen«, sagte er geschäftsmäßig.
»Parson«, antwortete ich.
»Du hast meine verdammte Augenbraue abrasiert, oder?«
»Eigentlich habe ich sie nicht abrasiert«, sagte ich. »Es war Enthaarungscreme.«
Er bohrte seinen Finger ziemlich fest in meine Brust. »Du bist echt ’ne Schwuchtel«, sagte er, aber er lachte dabei. »Dafür waren echt Eier nötig, Alter. Aus dir ist ’n richtiger beschissener Strippenzieher geworden. Ich meine, vielleicht bin ich nur blau, aber irgendwie hab ich dich lieb, du Schwuchtelarsch.«
»Danke«, sagte ich. Ich fühlte mich so weit weg von allem – von der Nostalgie, die einen am letzten Schultag überkommt, wo jeder jedem das Herz ausschüttet und jeder jeden lieb hat. Und ich stellte mir Margo auf dieser Party vor, auf Tausenden Partys wie dieser. Ohne Leben in den Augen. Ich stellte mir vor, wie sie sich von Chuck Parson vollquatschen ließ und sich insgeheim Fluchtwege ausdachte, Fluchtwege ins Leben und Fluchtwege in den Tod. Beide Wege konnte ich mir gleich gut vorstellen.
»Willst du ’n Bier, Schwanzlutscher?«, fragte Chuck. Ich hatte ihn beinahe vergessen, doch es war schwer, den Gestank seiner Schnapsfahne auszublenden. Ich schüttelte nur den Kopf und ging weiter.
Ich wollte nach Hause, aber ich wusste, dass ich Ben nicht drängen durfte. Wahrscheinlich war das der tollste Tag in seinem Leben, und er hatte ein Recht darauf.
Stattdessen entdeckte ich eine Treppe und ging runter in den Keller. Ich hatte so viel Zeit im Dunkeln verbracht, dass ich mich jetzt danach sehnte. Ich wollte ein ruhiges, dunkles Plätzchen, wo ich mich hinlegen und an Margo denken konnte. Als ich an Beccas Zimmer vorbeikam, hörte ich gedämpfte Geräusche – Stöhngeräusche, um genau zu sein. Ich blieb vor der angelehnten Tür stehen.
Ich konnte die oberen zwei Drittel von Jason sehen, ohne Hemd, und unter ihm Becca, die die Beine um ihn geschlungen hatte. Keiner von beiden war nackt oder so was, aber es ging in die Richtung. Ein besserer Mensch hätte sich abgewandt, aber Menschen wie ich kriegen nicht oft die Gelegenheit, Menschen wie Becca Arrington nackt zu sehen, und so blieb ich vor der Tür stehen und spähte hinein. Jetzt rollten sie herum, so dass Becca auf Jason saß, und sie seufzte, während sie ihn küsste, und dann griff sie nach ihrem T-Shirt, um es auszuziehen. »Findest du mich scharf?«, fragte sie.
»O ja, Gott, du bist rattenscharf, Margo«, murmelte Jason.
»Was!?«, kreischte Becca, und da wusste ich, dass ich sie nicht nackt sehen würde. Ich wich einen Schritt zurück, doch in dem Moment entdeckte mich Jason und brüllte : »Was hast du für ein Problem?« Und Becca rief : »Scheiß auf den Langweiler. Wen kümmert der? Was ist mit mir?! Warum denkst du an sie und nicht an mich!«
Ich beschloss, dass dies ein günstiger Zeitpunkt für den Abgang war, zog die Tür zu und ging ins Bad. Ich musste pinkeln, aber vor allem wollte ich weg von den Stimmen.
Auf dem Klo brauche ich immer ein paar Sekunden, bis es losgeht, nachdem ich in Position gegangen bin. Doch als ich endlich volle Stromstärke erreicht hatte und mir ein Schauer der Erleichterung über den Rücken lief, meldete sich plötzlich aus der Badewanne eine Stimme.
»Wer ist da?«
Und ich sagte : »Lacey?«
»Quentin? Was machst du denn hier?« Ich wollte mit dem Pinkeln aufhören, aber das ging natürlich nicht. Pinkeln ist wie ein gutes Buch – wenn man mal angefangen hat, ist es sehr, sehr schwer aufzuhören.
»Äh … pinkeln.«
»Und, wie läuft’s?«, fragte sie durch den Duschvorhang.
»Ganz gut.« Ich schüttelte den letzten Tropfen ab, machte den Reißverschluss zu und drückte die Spülung.
»Willst du mit in die Wanne?«, fragte sie. »Das soll aber keine Anmache sein.«
Nach kurzer Bedenkzeit sagte ich : »Okay.« Ich zog den Duschvorhang zurück. Lacey lächelte zu mir
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