Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Maria, ihm schmeckts nicht!

Maria, ihm schmeckts nicht!

Titel: Maria, ihm schmeckts nicht! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Weiler
Vom Netzwerk:
Melancholie und sitzt für
    Stunden schweigend herum, dann wieder sägt er be-
    hände an den Nähten der Nervenkostüme seiner Mit-
    menschen. Ich erhoffe mir Aufklärung von unserer
    Reise und ich werde nicht enttäuscht. Am Ende sind
    wir nicht zwei Tage geblieben, sondern sieben, und
    dazwischen liegt ein ganzes Leben.

    Nachdem Antonio mich abgeholt hat, macht er es
    sich auf dem Beifahrersitz bequem und schläft um-
    gehend ein. Hinten ist kein Platz mehr für ihn, denn da liegt schon die Kommode und fault vor sich hin.
    Er ist die sechshundertfünfzig Kilometer zwischen
    seiner und unserer Wohnung in rekordverdächtigen
    neuneinhalb Stunden gefahren, und zwar »tippe-
    toppe ohne eine einzige Situation pericolosa und keine kleine Stau weite und breite«.
    Ich fahre also los und kaue an den Käsebroten, die
    meine Frau uns mitgegeben hat, während Antonio
    mit seinem Schnarchen die Anlieger der Brenner-
    Autobahn unterhält. Komisch: Zu Hause schläft der
    nie, auf Reisen ständig. Vielleicht sollte er für sein Schlafzimmer ein sich drehendes Bett kaufen.
    Am Südende des Gardasees wacht er auf, und von
    da an redet Antonio ohne eine einzige Unterbre-
    chung, bis wir in Campobasso ankommen. Etwa auf
    der Höhe von Bologna erläutert er mir das Wesen
    von Silvio Berlusconi: »Iste ein imbroglione, eine Kerl, eine Gauner, aber iste erfolgereich. Italiener liebene nich die Politik, aber liebene sie die Erfolge.« Ich stimme zu, schließlich spielen auch italienische Fuß-
    ballmannschaften meistens einen grausamen, aber
    erfolgreichen Fußball. Anstatt jetzt beleidigt zu sein, ruft Toni begeistert: »Dasse iste, warum wir liebene die Deutschen.« Wenig später halten wir am auto-grill, um Sandwiches zu kaufen. Nachdem Antonio für jede einzelne Sorte gewissenhaft recherchiert hat, ob sie auch gut ist, nehmen wir tramezzini und trockene Baguettes mit Käse.
    Etwa bei San Benedetto, südlich von Rimini, lerne
    ich, warum die Leitplanken in Italien verrostet sind:
    »Iste wegen salzige Meer. Luft wehte von eine Seite zur andere und dann kommte die corrosione. Aber machte nichts, musse man langsamer fahren, dann
    tute es nichte so weh.« Kurz nach der Abzweigung
    nach Perugia erfahre ich alles über Albanien, wo Antonio noch nie war, das italienische Fischereiwesen und Mussolini. Fünf Stunden später kommen wir an.
    Nachdem mir Nonna Anna in die Wange gekniffen
    hat, kommen die üblichen Verwandten und es wird ge-
    gessen. Inzwischen bin ich hervorragend in die Familie eingeführt. Es wird nicht mehr allzu viel Rücksicht auf mich genommen, ich bin einfach dabei und es
    stört nicht. Antonio übersetzt sehr ausführlich und ziemlich frei, was die Konversation nicht gerade ver-einfacht. Immerhin kann ich jetzt die wesentlichen
    Themen einigermaßen verfolgen. Mein Italienisch ist schon viel besser als zu der Zeit unserer Flitterwo-chen. Damals hatte mir Sara eingeschärft, in ihrer
    Abwesenheit immer diesen italienischen Satz zu sa-
    gen: »Ich kann kein Italienisch, aber meine Frau,
    einen Moment bitte.« Als sie einmal in einem Restaurant auf die Toilette musste, kam natürlich während-dessen der Kellner, um mich irgendetwas zu unserer
    Bestellung zu fragen, was meine Möglichkeiten
    überschritt. Ich sagte also mein Sätzlein. Der Kellner starrte mich an und begann schallend zu lachen.
    Dann verschwand er, worauf auch in der Küche ge-
    gackert wurde.
    Kaum kam Sara von der Toilette zurück, erzählte
    ich ihr. was passiert war, und sie fing ebenfalls an, herzlich zu kichern, was mich sauer machte. Als der Kellner sich wieder blicken ließ, alberte meine Frau mit ihm herum und beide amüsierten sich auf das
    heftigste und vor allem auf meine Kosten. Schließlich klärte mich meine Frau darüber auf, dass ich dem
    Kellner mitgeteilt hätte, ich könne zwar kein Italienisch, wohl aber mein Pullover. Ich hatte »moglie«
    und »maglia« verwechselt.
    Von einem Bekannten habe ich gehört, dass er einen
    hübschen Erfolg verbuchte, als er einmal in einem
    Hotel in Verona ein Zimmer mit einem hübschen
    Blick auf die Dächer wünschte, und zu der Dame an
    der Rezeption sagte: »Vorrei una camera con una bella vista sulle tette.« Die Frau nahm das persönlich und belferte ihn an, dass es in ihrem Haus solche Zimmer nicht gebe. Ein zur Klärung des Sachverhaltes herbei-gerufener Kofferträger erläuterte meinem Bekannten, er habe soeben ein Zimmer mit einem schönen Blick
    über die Titten (»tette«) bestellt und nicht

Weitere Kostenlose Bücher