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Maria, ihm schmeckts nicht!

Maria, ihm schmeckts nicht!

Titel: Maria, ihm schmeckts nicht! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Weiler
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dumm war, eine Schraube einzu-
    drehen, und darüber hinaus zu epileptischen Anfäl-
    len neigte, die es ihm unmöglich machten, gefähr-
    liche Hilfsarbeiten zu verrichten oder schwere Teile zu tragen. Da man aber jemanden brauchte, der die
    Halle sauber hielt, drückte man ihm einen Besen in
    die Hand und ließ ihn fegen. Acht Stunden am Tag,
    sechs Tage die Woche. Ugo fegte für sein Leben gern.
    Wenn er eine große Spinne entdeckte, lief er zu
    Antonio und zog ihn am Ärmel. »Uhh, eine Spinne!«
    Antonio interessierte sich mehr für die Schilderun-
    gen von Ugos Mittagspause als für die Erzählungen
    der vermeintlich klugen Menschen, weil es darin im-
    mer nur um Geld und Weiber ging. Ugo hingegen war
    wohltuend still, wenn es darauf ankam, und er hörte Antonio gerne zu, wenn der von Machiavelli erzählte und dessen lebenslanger Freundschaft zu Sigmund
    Freud.
    Es störte Antonio wenig, dass Ugo und er bald als
    Dick und Doof der Fabrik bezeichnet wurden, eine
    Beschreibung, die immerhin äußerlich zutraf. Anto-
    nio war, wenn auch nicht besonders dick, so doch
    nicht sehr groß und Ugo ein skelettartiges Wesen mit einer kleinen Nase, die er beim Fegen mit dem
    Schwung des Besens bewegte, was seiner Tätigkeit
    einen quasi künstlerischen Ausdruck verlieh. Als das Unternehmen eine Reinigungsfirma beauftragte,
    wurde Ugo entlassen.
    Wenigstens besorgte man ihm einen neuen Job in
    einer anderen Stadt. Ugo verschwand, ohne sich von
    Antonio verabschieden zu können. Die anderen
    Kollegen schienen sein Verschwinden nicht einmal
    zu bemerken.
    Zwei Wochen später erhielt Antonio einen Brief.
    Von Ugo. Darin stand: »Lieber Antonio, ich wollte
    dir nur mitteilen, dass ich jetzt in Oldenburg bin. Es ist sehr schön hier und ich arbeite in einem Restaurant. Mein Chef hat gesagt, du kannst auch kom-
    men. Ich rupfe Hühner, aber das musst du nicht
    machen. Du kannst servieren, weil ich ihm erzählt
    habe, dass du sehr klug bist. Beiliegend die Adresse.
    Komm bald. Dein Ugo. Ich habe den Brief unserem
    Koch diktiert, weil der besser schreiben kann.«
    Ugo hatte dem Schreiben eine Speisekarte beige-
    legt, auf dem der Name und die Adresse des Restau-
    rants standen. Es hieß Kombüse, und Oldenburg war, wie Antonio erfuhr, nicht so weit von Osnabrück entfernt, dass man es nicht hätte wagen können, dorthin zu ziehen.
    Antonio kündigte zum ersten möglichen Termin,
    nachdem er in der Kombüse schriftlich zugesagt hatte, die Stelle als Kellner anzunehmen. So einen Job konnte Antonio gut gebrauchen. Im Werk hatte er bis auf ein paar holprige Formulierungen und Schimpfwörter kein Deutsch gelernt. In einem Restaurant
    wurde viel gesprochen, wahrscheinlich sogar mit ei-
    nem wie ihm. Er ließ sich sein Geld auszahlen, fühlte sich reich, obwohl ihn der Vermieter um mindestens
    die Hälfte prellte, packte Baffones Koffer und verließ Osnabrück grußlos.
    In Oldenburg erwartete ihn Ugo bereits am Bahn-
    hof und winkte heftig, als er Antonio sah. Gemein-
    sam fuhren sie im Taxi – Antonio war ja reich – in die Kombüse. Diese stellte sich als Hühnerbraterei mit Straßenverkauf heraus, in der man auch sitzen konnte. Antonio gefiel es sofort, denn er mochte Hühner.
    Und Ugo. Dieser hatte das Bravourstück vollbracht,
    Antonio sogar eine Wohnung zu besorgen. Eigentlich
    war es keine ganze Wohnung, sondern nur ein kos-
    tengünstig möbliertes Zimmer zur Untermiete. Aber
    Antonio kam es vor, als zöge er in einen Palast. Er war vierundzwanzig Jahre alt und schlief zum ersten Mal in seinem Leben alleine in einem Raum. In der
    ersten Nacht machte er kein Auge zu, so still war es.
    Die Zimmerwirtin hieß Eggebrecht, hätte seine
    Mutter sein können, kochte für ihn Nudeln und ver-
    führte ihn nach vier Tagen.
    »Ja, war i eine wilde Kerl, den die Fraue mochte!«, ruft Antonio nun quer durch die Bar.
    »Ja, aber nicht so laut. Müssen doch nicht alle
    wissen.«
    »Schuldigun.«

    Neben dieser wunderbaren Fügung gefiel ihm auch
    sein neuer Beruf. Als Kellner in schwarzer Hose, wie-
    ßem Hemd und gestreifter Weste fühlte er sich nicht mehr wie ein Handlanger und Hilfsarbeiter, auch
    wenn seine Kenntnisse im Drehen und Schlossern
    hier noch viel weniger gefragt waren als in Osna-
    brück. Aber hier wurde er beachtet, man sprach mit
    ihm. Ugo, der Koch Rocco und er bildeten eine fröh-
    liche Gemeinschaft. Und die meisten Gäste waren
    zumindest freundlich zu Antonio, der schon bald
    herausfand, wie man an die Trinkgelder der

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