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Maria, Mord und Mandelplätzchen

Maria, Mord und Mandelplätzchen

Titel: Maria, Mord und Mandelplätzchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Stöger
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einen verstohlenen Blick zu. War er der Taschendieb? Größe und Haarfarbe kämen hin. Er trug allerdings weder Mantel noch Tasche. Aber das konnte auch ein Trick sein. Vielleicht hatte er die Beute schon anderweitig versteckt und wollte mich aus irgendeinem Grund in eine Falle locken und … Mein Atem ging schneller. Der Lift glitt gerade durch das erste Stockwerk. In diesem Moment sah ich, wie ein Mann mit dunklem Mantel und meiner Tasche die Treppe runterlief. Der Dieb!
    »Halt!«, schrie ich und trommelte gegen die Glastür. »Stehen bleiben!«
    Ich drückte panisch alle Knöpfe. »Stopp! Ich muss hier raus!«
    Der Mann neben mir blickte mich komisch an. »Kann ich Ihnen irgendwie helfen?«
    Ich schüttelte den Kopf. Als sich die Glastüren im dritten Stock langsam öffneten, stürmte ich an ihm vorbei und flog förmlich die knarzende Holztreppe hinab.
    10
    Ich stürzte aus dem Literaturhaus und blickte mich schwer atmend um. In welche Richtung war der Dieb gelaufen? Einer Eingebung folgend überquerte ich den Salvatorplatz. Da! Er bog gerade bei Hugendubel um die Ecke. Ich beschleunigte meine Schritte. In der Theatinerstraße hatte ich ihn eingeholt. Er sah sich mehrmals nervös um und sprang in die festlich geschmückte Christkindltram, die zufällig gerade neben ihm gehalten hatte. In letzter Sekunde erreichte ich die Tram und versteckte mich im letzten Wagen hinter einem Weihnachtsmann, der Süßigkeiten an die Fahrgäste verteilte. Die Tram setzte sich ruckelnd in Bewegung. Ich beobachtete den Taschendieb, der im ersten Wagen Platz genommen hatte und sich offenbar in Sicherheit wähnte. Bei der nächsten Station würde ich in den ersten Wagen umsteigen und ihn lautstark auffordern, mir die Tasche zurückzugeben. Vorher würde ich den Fahrer unauffällig bitten, die Türen zu verriegeln und über Funk die Polizei zu rufen. Mein 100   000 -Euro-Los war in greifbarer Nähe!
    11
    Am Lenbachplatz sprang der Dieb plötzlich aus der Tram und verschwand blitzschnell im Straßengewirr der Altstadt. Aber so leicht würde ich mich nicht abschütteln lassen! Ich verfolgte ihn weiter durch die Straßen, verlor ihn aus den Augen und landete schließlich atemlos am Platzl. Hoffentlich war er nicht im Hofbräuhaus untergetaucht! Zunächst suchte ich ihn im Hard-Rock-Café und bei Schuhbeck. Keine Spur. Dann beschloss ich, ihn noch mal von einer Telefonzelle aus anzurufen. Nach vier Mal Klingeln hob er ab.
    »Warum sind Sie aus dem Literaturhaus geflüchtet?«, eröffnete ich das Gespräch.
    »Sie waren nicht da, also bin ich wieder gegangen«, antwortete er. Es hatte wohl keinen Sinn, das auszudiskutieren.
    »Wo sind Sie jetzt?«, fragte ich.
    Er lachte. »Sie lassen wohl nicht locker, wie? Ich mache Ihnen einen Vorschlag: Wir treffen uns in genau einer Stunde am Isartorplatz vor dem Kino.« Und schon hatte er wieder aufgelegt.
    12
    Der Dieb hielt mich ganz schön auf Trab! Was sollte der Quatsch? Ich machte mich auf den Weg zum Isartorplatz. Diesmal würde er mir nicht entwischen! Im Café des Kino-Komplexes suchte ich mir einen Platz am Fenster und bestellte einen heißen Kakao. Langsam ging mein Geld zur Neige. Mehr denn je musste ich den Unbekannten überlisten, damit er mir die Tasche und das Portemonnaie mit dem 100   000 -Euro-Los zurückgab! Ich war zu früh dran und blätterte nervös im Kinoprogramm. Vielleicht sollte ich jetzt schon die Polizei informieren. Würde der Dieb nicht sofort wieder abhauen, wenn er ein Polizeiauto oder Polizeibeamte entdeckte? Ich verwarf die Idee und beschloss, den Fall auf andere Weise zu lösen. Sobald ich meine Tasche und das Los hatte, würde ich der Polizei eine detaillierte Täterbeschreibung zukommen lassen. Eine Stimme unterbrach meine Überlegungen. »Pardon, ist hier noch ein Platz frei?« Ich blickte auf.
    13
    Eine ältere Dame setzte sich mir gegenüber an den Tisch.
    »Vielen Dank, dass ich mich zu Ihnen setzen darf«, sagte sie. Ich lächelte unverbindlich und blickte wieder aus dem Fenster. Noch zwölf Minuten bis zum vereinbarten Treffen. Ich hatte bereits bezahlt, und die Bedienung schaute immer wieder zu mir rüber. Vielleicht hätte ich doch mehr Trinkgeld geben sollen?
    »Wissen Sie, es ist alles so hektisch. Trotz Weihnachten«, fuhr die Dame fort. Ich nickte abwesend und konzentrierte mich auf die Observation des Eingangs.
    »Der Geist der Weihnacht ist völlig verlorengegangen«, fügte sie hinzu. »Früher war alles anders.«
    Ich seufzte. Was sollte ich

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