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Maria, Mord und Mandelplätzchen

Maria, Mord und Mandelplätzchen

Titel: Maria, Mord und Mandelplätzchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Stöger
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Spaziergang angebellt«, vermutete Hedwig. »Er hatte doch Angst vor Hunden. Weiß du noch, wie er damals dem Rauhaardackel vom Schmidtchen …«
    Erna schüttelte den Kopf. »Erwin war nicht spazieren. Seine Hosenbeine waren pulvertrocken, obwohl die Straße voller Pfützen war. Und außerdem hätte er einen Spaziergang nicht heimlich unternehmen müssen.«
    »Heimlich?«, wunderte sich Hedwig.
    »Heimlich. Als die Polizei hereinkam, konnte ich erst nicht glauben, was sie erzählte. Ich war mir ja so sicher, dass er im Haus war. Also lief ich in Erwins Zimmer, und da lag er wie immer und schlief. Und was glaubst du …«
    Hedwig beugte sich gespannt vor.
    »Als ich das Licht anknipste, schlief er immer noch. Dann holte ich meine Brille und setzte sie auf, und da schlief er nicht mehr, denn er war gar nicht da! Er hatte zwei Kissen unter seine Decke gelegt, um mich zu täuschen!«
    »Ist es denn die Möglichkeit!«, rief Hedwig aus.
    Erna nickte erbost. »Kommen wir also zum Punkt«, sagte sie. »Erstens: Warum wollte er mich täuschen? Zweitens: Wie kam er trocken vor die Tür?«
    »Und?«, fragte Hedwig gespannt.
    Erna hob den Zeigefinger. »Wenn seine Hosenbeine trocken waren, kann er nicht gelaufen sein. Er wurde getragen, als er schon tot war. Und ich weiß auch von wem.«
    Hedwig blinzelte erschrocken.
    »Es gibt Indizien, die die Polizei nicht erkennt«, sagte Erna. »Aber ich. Ich habe eine feine Nase. Ich habe etwas entdeckt: den Geruch. Erwin roch.«
    Ihr Blick fiel auf das zerknitterte Geschenkpapier und fing dort den Blick von Hedwig auf. Den sehr erschrockenen Blick …
    »Vanillebäumchen«, sagte Erna. »Er roch nach Vanillebäumchen. Und du, Hedwig, bist groß und stark. Mein Erwin war nur noch eine halbe Portion, seien wir ehrlich. Und jetzt frage ich dich, Hedwig, was du mitten in der Nacht mit Erwin zu schaffen hast, das ich nicht wissen darf.«
    »Warum sagst du das so komisch?«, fragte Hedwig alarmiert.
    »Weil ich mir so meine Gedanken mache«, antwortete Erna.
    »Also wirklich!«, sagte Hedwig pikiert. »Ich darf ja wohl einen Schützenbruder von meinem verstorbenen Gatten treffen, wann immer ich das für richtig halte.«
    Erna schwieg und nahm eines der Heidesandplätzchen. Sorgsam hielt sie die Hand unter den Mund, damit es nicht krümelte.
    »Erna!«, jammerte Hedwig. »Wir sind doch Freundinnen!«
    »Wir sind die Witwen von Schützenbrüdern, die einmal im Jahr Tee miteinander trinken«, korrigierte Erna kühl.
    »Es war Friedrich und Erwin immer so wichtig, dass wir uns gut verstehen«, sagte Hedwig mit einem flehenden Unterton in der Stimme.
    »Das stimmt wohl«, gab Erna steif zu.
    Jetzt schwiegen beide.
    »Noch ein Tässchen Tee vielleicht?«, fragte Hedwig zaghaft.
    »Gern!«
    Der Tee wirkte belebend. »Ich konnte dich nie wirklich leiden, weißt du«, sagte Erna.
    »Danke gleichfalls«, entgegnete Hedwig.
    »Dieses ewige Gejammer wegen deiner schmalen Witwenrente … und dann hast du dir jedes Mal etwas von Erwin mitgeben lassen. Diese Witwenrenten-Masche … Du hast ihn regelrecht ausgenommen! Seit damals. Und Erwin ist drauf reingefallen, die gute Seele.« Sie schwieg einen Moment, dann stimmte sie an:
    »… als ich damals auf dich reingefallen bin!«
    Hedwig hob die beinahe unsichtbaren Augenbrauen. »Aber bitte, Erna! Ich, Erwin ausgenommen? Was meinst du? Das bisschen Fallobst aus eurem Garten vielleicht? Erwin hat es mir förmlich aufgedrängt!«
    »Letztes Jahr Ostern war es der ganze Rest vom Lammbraten, und außerdem vermisse ich seither meine Perlenbrosche.«
    »Die wirst du verschlampt haben. Du konntest noch nie Ordnung halten, Erna.« Wohlgefällig glitt Hedwigs Blick durch ihr eigenes sorgsam aufgeräumtes Reich, streifte die blütenweißen Spitzengardinen, die Zierdeckchen und das Alpenveilchen auf der Fensterbank.
    »Kommen wir zurück zur Nacht von Erwins Tod«, sagte Erna. »Er ist also irgendwo gestorben, wo er zwischen acht Uhr abends und sechs Uhr morgens einige Zeit verbringen wollte, und davon sollte ich nichts wissen. Du hast ihn dann nach Hause gebracht. Jetzt frage ich mich natürlich, wo das gewesen sein kann. Und vor allem: worüber er sich aufgeregt hat!«
    »Er hatte ein schwaches Herz«, sagte Hedwig und biss krachend in einen Florentiner.
    »Ganz genau!«, rief Erna aus. »Deswegen habe ich immer gut auf ihn aufgepasst! Nur du musstest dich immer bei ihm einschmeicheln und konntest ihm nie etwas abschlagen!«
    Hedwig gab ein Lachen von sich, das

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