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Maria, Mord und Mandelplätzchen

Maria, Mord und Mandelplätzchen

Titel: Maria, Mord und Mandelplätzchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Stöger
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Irgendwann würden dann Uwe und Inga nach ihrem Urlaub die Tür öffnen und eine grausige Entdeckung machen.
Stopp!,
versuchte sich Herta Göbel zu beruhigen. Sie waren doch gar nicht gefahren! Sie kämen doch bald! Uwe hatte den Wohnungsschlüssel. Er würde sofort aufschließen, wenn sie beim Klingeln die Tür nicht öffnete. Außerdem würde sie laut rufen, damit er sie durch die geschlossene Wohnungstür hören konnte. Dafür musste sie jetzt alle Kräfte sparen. Sie blieb reglos liegen und spürte, wie die Kälte des Fußbodens durch ihre Kleider drang. Sie versuchte, den Pelz ein wenig um sich zu schlagen. Doch die Schmerzen wurden sofort wieder so heftig, dass es sie im Hals würgte. Der harte Dielenboden drückte und begann, sie zu peinigen. Als sie daran dachte, dass ein Mensch höchstens drei Tage überleben konnte, ohne zu trinken, bemerkte sie, dass sie durstig war. Dann fiel ihr ein, dass sie sich ja auch nicht zur Toilette bewegen konnte, und spürte sogleich, wie die Blase drückte. Nicht mehr lange, und sie würde in die entwürdigende Situation kommen, sich hier einzunässen. Die Peinlichkeit, dass Uwe und Inga sie so vorfinden könnten, quälte sie.
Wenn sie denn überhaupt kamen!
Um sich von diesen schlimmen Gedanken abzulenken, drehte sie den Kopf ein wenig und erkundete den Boden. Sie wollte herausfinden, was sie zu Fall gebracht hatte. Trotz des Dämmerlichtes konnte sie etwas Zerbröseltes auf dem Boden vor dem Vorratsschrank erkennen. Ein feines Netz umgab den größten Brocken. Die Meisenknödel! Darauf war sie ausgerutscht. Sie hatte sie beim Kramen dort auf den Boden gelegt. Warum eigentlich? Es fiel ihr nicht mehr ein.
     
    In der Wohnung war es stockdunkel geworden. Außer dem Dröhnen und Gluckern in den alten Heizungsrohren gab es keine Geräusche in dem leeren Haus.
    Vielleicht ist das meine Totenmusik und nicht Chopin, wie ich es mir immer vorgestellt habe,
dachte sie resigniert. Plötzlich drang Licht vom Wohnzimmer her in den Flur.
    Draußen waren offenbar die Straßenlaternen angegangen. Dann ist bald Heiligabend, dachte sie. Überall feiern sie jetzt Weihnachten. Sie versuchte, ihre Körperposition ein wenig zu ändern, um besser in Richtung Tür rufen zu können, wenn Uwe endlich kam. Der Schmerz wurde so heftig, dass er sie erneut in eine Ohnmacht gleiten ließ.
     
    »Bist du wirklich sicher, dass sie in dieses Haus gegangen ist?«, fragte Dimitrij und schaute misstrauisch an der dunklen Fassade des Altbaus hinauf.
    »Klar, ich bin doch nicht blind«, erwiderte Mohamed. »Aber mir reicht es jetzt auch. Ich mach nicht mehr mit!« Er wandte sich um und ging mit weiten, ausgreifenden Schritten davon.
    »Mo, hey, Mo, das ist doch Scheiße! Warte doch, Mann!«, rief Dimitrij seinem Freund verzweifelt nach. Doch der wurde nur noch schneller. Dimitrij lief ihm hinterher.
     
    Zwei Stunden später standen sie wieder an derselben Stelle. Dimitrij wirkte zufrieden. Es war ihm doch noch gelungen, seinen Freund herumzukriegen.
    »Willst du da etwa überall klingeln?«, fragte Mohamed angstvoll. Dimitrij schüttelte den Kopf. »Nein, das bringt’s nicht«, erklärte er. »Am besten, wir gehen hintenrum durch den Garten.« Mohamed folgte seinem Freund zögernd auf dem schmalen, verschneiten Weg, der am Haus vorbeiführte.
    Zunächst waren da nur Geräusche. Schubladen wurden geöffnet, etwas Metallisches klirrte.
    Sie versuchte, die Augen zu öffnen. Grelles Licht drängte sich zwischen die bleischweren Lider. »Sie wacht auf«, hörte sie eine Frauenstimme sagen. Dann war diese Stimme ganz nahe an ihrem Ohr. »Frau Göbel? Sind Sie wach?« Sie wusste nicht, ob sie nicken konnte. Irgendwo gab es eine Erinnerung an einen furchtbaren Schmerz. Im Bein. Der Hals war rauh. »Wasser«, flüsterte sie. Dann musste sie wieder eingeschlafen sein. Als sie aufwachte, befand sie sich in einem Krankenhauszimmer. Schlagartig setzte ihre Erinnerung ein und die große Erleichterung, dass sie gerettet worden war. »Uwe«, flüsterte sie. Eine zierliche Krankenschwester mit glattem schwarzen Haar und freundlichem Lächeln, das ihre dicht bewimperten Augen zu kleinen Strichen werden ließ, stand plötzlich neben dem Kopfende. »Ich bin Schwester Kim«, sagte sie. Herta Göbel lächelte. »Uwe«, wiederholte sie.
    »Das ist Ihr Sohn, nicht wahr?«, fragte Schwester Kim, und Herta Göbel deutete ein Nicken an. »Er hat schon zweimal angerufen und wollte wissen, wie es Ihnen geht.«
    »Gut«, hauchte Herta

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