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Maria sucht Josef - Eine weihnachtliche Liebesgeschichte

Maria sucht Josef - Eine weihnachtliche Liebesgeschichte

Titel: Maria sucht Josef - Eine weihnachtliche Liebesgeschichte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicole Joens
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sie zu dem Taxi, das mit laufendem Motor auf sie wartet. Bene gestikuliert in ihre Richtung und ruft noch ein paar weitere Worte, aber Miriam schüttelt den Kopf. Sie kann ihre Augen nicht mehr länger offen halten. Sie muss sich ausruhen.
    Bittend sieht der Junge den Cowboy an.
    »Es dauert bestimmt nicht sehr lang … Tante Miri muss nur kurz ein wenig schlafen. Danach kommt sie sicher.«
    »Aber hier kann s’ net schlafen. Es ist viel zu kalt … da wird sie nur krank. Des geht net. Sie muss her zu uns ins Taxi.«
    Irritiert macht Joe Anstalten, aus dem Taxi zu steigen, aber Bene hält ihn zurück.
    »Nur ganz kurz! Bitte …«
    Bene weiß, dass seine Tante begonnen hat, in ihre innere Welt zu flüchten. Für ein paar Minuten wird sie völlig abwesend sein. Der Junge benutzt die sanftesten Worte, die er in seinem Repertoire für Miriams eigenartiges Verhalten finden kann.
    »Sie träumt gerade von einem anderen Land.«
    »Hier?«
    »Sie träumt überall, aber wir können warten. Es dauert nie lang.«
    Bitte, sagen die Augen des Jungen, bitte mach jetzt keinen Fehler. Aber Joe denkt nicht daran, Geduld zu haben. Es ist spät, und sein Taxi steht mit laufendem Motor zu nah an den Trambahnschienen.
    »Wenn du sie net holst, dann hol ich sie.«
    Miriam ist bereits in Shambala. Warm und sicher steigt sie höher und höher in ihren Turm, als die drängende Stimme des Jungen sie in ihrem Traum unterbricht.
    »Du kannst auch im Taxi träumen … Bitte!«
    Der junge Dolmetscher zwischen den Welten steht vor ihr.
    »Komm! Nur ein paar kleine Schritte. Komm ins Taxi!«
    Miriam hört die Dringlichkeit in Benes Stimme und würde ihm entgegenkommen, wenn sie könnte, aber ihr Inneres ist bereits in ihrem Shambala, und einer Totenmaske ähnlich rutscht ihr halbes Lächeln in leblose Starre zurück. Ihre Stimme ist ein kaum hörbares Flüstern.
    »Sag Joe, ich kann jetzt nicht. Bitte …«
    Miriam kriegt ihre Augen kaum auf. Benes ausgestreckte Hand ist unendlich weit weg. Allein der Gedanke, sich in das Taxi zu setzen, ist absurd, denn Miriam ist ja bereits in ihrem Shambala angekommen. Mit letzter Kraft schüttelt sie ihren Kopf.
    »Später. Sag ihm danke, aber ich komme später, wenn ich ausgeruht bin. Ich bin jetzt mal kurz verreist.«
    Damit schließt Miriam ihre Augen.
    Bene kommt mit hängenden Schultern zu Joe zurück. Der sitzt inzwischen fluchend am Steuer, um Molly in Sicherheit zu bringen, denn die Linie 27 taucht mit vertrautem Quietschen am Ende der Straße auf. Zwei leuchtende Scheinwerferaugen werfen Kegel durch die flirrenden Flocken. Die nächtliche Kälte verwandelt die Schneekristalle in feine Nadelspitzen, die der Wind in Wirbeln durch die Straßen bläst. Bene kneift seine Augen zu Schlitzen zusammen, denn der Cowboy soll nicht sehen, dass er begonnen hat zu weinen. Bene weint aus hilfloser Wut über seine Tante. Immer wenn es so aussieht, als ob ihre Lage besser wird, muss sie erneut alles zerstören. Laut schlägt Bene die Beifahrertür zu und erklärt, dass Miriam erst kommen wird, wenn sie ihren heiligen Fünf-Minuten-Schlaf beendet hat.
    Die Straßenbahn klingelt schrill, um das Taxi von den Schienen zu jagen. Mit gekonnten Griffen wendet Joe und stellt Molly ein Stück weiter entfernt am Straßenrand in einer Einfahrt ab. Dann macht er den Motor aus. Besorgt beobachtet er die jetzt reglose Miriam, die, an die Rückwand des Wartehäuschens gelehnt, unter ihrer Umhangkapuze wirklich zu schlafen scheint. Die Straßenbahn hält. Ein junger Mann steigt aus, schlägt seinen Jackenkragen gegen die Eisnadeln hoch und überquert mit hüpfenden Schritten die Straße. Er hat die schwangere Frau noch nicht einmal bemerkt. Aber die Schaffnerin hat Miriam gesehen. Sie lässt ihre vordere Tür mit einem Zischen aufgehen und senkt ihre Straßenbahn zu einer Seite leicht ab, um der voluminösen Schwangeren das Einsteigen zu erleichtern. Aber Miriam rührt sich nicht. Ihre Augen sind fest geschlossen.
    Die Fahrerin ruft in Miriams Richtung: »Wollen S’ net bei mir einsteigen? Ich bin fei heut Nacht die Letzte, die fahrt. Nach mir kommt nur noch der Nachtbus!«
    Keine Antwort. Unter den neugierigen Blicken ihrer wenigen Fahrgäste verlässt die übergewichtige Frau ihren Thron, um nach der Schlafenden zu sehen. Joe steigt ebenfalls aus, überquert die Straße und stellt sich dazu.
    »Die Frau gehört zu mir!«
    »Und wieso schlaft s’ dann hier in derer Kälten?«
    »Weil ihr im Auto so speiübel geworden ist. A

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