Maria sucht Josef - Eine weihnachtliche Liebesgeschichte
wenn es ihrer Kleinen in ihrem bisherigen Wohnraum zu eng wird. Damit schließt sie ihre Augen und genießt, ganz ohne jedes Schamgefühl.
Joe fasst es nicht. Sie weiß genau, dass er hier ist, und reizt ihn mit Absicht. Joe weiß nicht, ob er Miriam dafür verachten oder bewundern soll, aber er kann seinen Blick nicht von dem abwenden, was in der Küche seiner Eltern auf dem heiligen Stubentisch unter dem Kruzifix geschieht. Doch obwohl er deutlich seine wachsende Erregung spürt, überfällt ihn erneut eine leichte Panik. Eine Schwangere sollte sich nicht so schamlos benehmen, zumindest nicht so offensichtlich schamlos, so als wäre es das Normalste der Welt, sich mitten in einer fremden Küche Vergnügen zu verschaffen. Außerdem tun Joe die Knie weh, denn die alten Holzdielen sind steinhart. Er muss den Verstand verloren haben, denn er kniet schon wieder vor dieser Frau. Schnell steht er auf, weiß aber im ersten Moment nicht, was er tun soll. Er ist erregt und verärgert, aber vor allem hat er immer mehr die Gewissheit, dass Miriam anders ist alle anderen Frauen, mit denen er es bisher zu tun hatte. Und ausgerechnet diese Frau bringt er ins Haus seiner Eltern! Ein einziger Vorwurf war der Blick seiner Mutter, als sie so spät ankamen. Kinder gehören früh ins Bett. Eine Schwangere aus dem Osten, die Joe angeblich erst an diesem Tag kennengelernt hat, bringt er einfach so in ihr heiliges Zuhause? Da muss doch noch mehr dahinterstecken, fragte ihr forschender Blick. Aber es ist seit damals nicht mehr Hillas Art, ihn zu drängen. Zu nah hatte ihr Josef am Abgrund gestanden. Joe hatte den erleichterten Blick der Mutter auf den vierten Finger von Miriams linker Hand bemerkt, wo sie den Ring trägt, der aussieht wie ein Ehering. Joe hört wieder ihr Stöhnen in der Küche. Er kann nicht widerstehen, kniet sich erneut hin und presst sein Auge noch näher an den Riss im Holz. Miriam hat ihm jetzt den Rücken zugekehrt und sitzt mit einer Gesäßhälfte auf dem Küchentisch. Das Laken um ihre Hüften ist locker drapiert, ihr Nacken leicht zu einer Seite geneigt. Der sanfte Schwung ihrer Wirbelsäule endet in einem dunklen Spalt zwischen ihren Pobacken, die halb sichtbar sind. Ihre Hand ruht. Joe hat den Höhepunkt verpasst. Trotzdem möchte er, dass sie sich jetzt zu ihm umdreht und das letzte Stück schamhaften Tuchs für ihn fallen lässt. Aber den Gefallen tut sie Joe nicht. In Seelenruhe zieht sie das Laken hoch und schlingt es sich unter den Achseln um ihren Körper. Das Schauspiel ist vorüber. Mit einem Mal ärgert Joe sich über sich selbst. Wieder einmal ist es seine Mutter, die ihm ein Vergnügen genommen hat. Frustriert sieht er zu, wie Miriam unter Hillas blank gescheuerten Kupfertöpfen über dem Herd warmes Wasser in ihre Waschschüssel nachgießt. Hillas Herd ist eine Augenweide, ihr ganzer Stolz aus dem Jahr 1900. Das Glanzstück wird nur bei besonderen Gelegenheiten mit Holz befeuert. Zur Kirchweih im Herbst schmort in dem übergroßen Rohr die traditionelle Gans. Nach Holzfeuer und süßer Vanille riecht es in der Weihnachtszeit, wenn Mutter mit den Frauen im Dorf ihre jährliche Plätzchenorgie zelebriert. Doch der mütterliche Weihnachtsduft ruft in Joe auch eine leichte Übelkeit hervor. Du schuldest mir etwas, sagen Vanille und Zimt in Hillas Küche. Verkrustete Schichten eines uneingelösten Versprechens warten in den Lebkuchen seit dem Tod von Schwiegertochter und Enkelkind. Hillas stiller Vorwurf ist für Joe eine echte Qual. Er empfindet deswegen beinahe eine kindische Freude dabei, Miriam in der heiligen Küche bei ihren unpassenden Aktivitäten zu beobachten. Anscheinend war ihr Wasserholen der Auftakt zum zweiten Akt. Kurz sieht er ihren Ring im Schein der Kerze blitzen. Ist es wichtig für Miriam, der Welt mit ihrem Ehering etwas vorzulügen, weil sie sich schämt, ein uneheliches Kind zu bekommen? Trägt Miriam ein ähnliches Korsett aus Scham und Schuld wie er? Wenn, dann muss es eher Schuld als Scham sein, denn Miriam legt jetzt das Laken vollständig ab und lächelt eindeutig in Joes Richtung. Es handelt sich um eine Einladung, so als würde sie ihm eine zweite Chance geben wollen. Ein Bein nach oben auf den Stuhl gestellt, beginnt sie unter seinen ungläubigen Blicken, auch die intimsten Teile ihres Köpers langsam und sinnlich zu waschen. Joe weiß jetzt, warum sie noch eine zweite Kerze auf dem Tisch angezündet hat. Er soll alles ganz genau sehen.
Im Halbdunkel der Kerze ist Joes
Weitere Kostenlose Bücher