Mariana: Roman (German Edition)
keinen gesehen.«
»Du solltest dich mit Tante Freda unterhalten«, riet ihm Vivien. »Sie sieht sie die ganze Zeit. Sie sagt sogar, daß sie die Frau im Kavalier-Schlafzimmer gesehen habe.«
»Sie sieht eine ganze Menge, deine Tante Freda«, gab Iain zurück und zog an seiner Zigarette. »Vor fünfhundert Jahren hätte man einen Scheiterhaufen unter ihr angezündet.«
Vivien lehnte sich über den Tresen und schlug ihn lachend auf den Ärmel. »So etwas Furchtbares sagt man nicht«, tadelte sie. »Paß bloß auf, sonst verrate ich es ihr!«
»Nicht nötig«, antwortete Iain schulterzuckend. »Sie weiß genau, was ich denke. Außerdem habe ich nie gesagt, daß ich etwas gegen Hexen habe …«
Geoff lachte. »Sie ist wirklich bemerkenswert«, stimmte er zu. »Du mußt zugeben, Viv, daß ihre Fähigkeit, bei mir Ordnung zu halten, auf übernatürliche Kräfte schließen läßt …«
»Ach, hört schon auf!« Vivien tat sie beide mit einer Handbewegung ab. An mich gewandt fragte sie: »Hast du Tante Freda schon kennengelernt?«
Ich war mir nicht ganz sicher, bis Geoff einsprang und für mich antwortete. »Ja, sie hat sie heute getroffen. Freda ist meine Haushälterin«, erklärte er für mein Verständnis.
»Oh.« Ich überlegte einen Moment. »Mrs. Hutherson meint ihr? Ja, ich habe sie sogar schon zweimal getroffen. Sie kam vor ein paar Wochen mit der Willkommensabordnung des Dorfes zu mir. Sie macht einen sehr netten Eindruck.«
»Na also, seht ihr?« forderte Vivien die Männer heraus. »Julia findet sie nett.«
»Natürlich ist sie nett«, schoß Iain zurück.
»Eine nette Hexe«, bestätigte Geoff und versuchte erfolglos, ein Grinsen zu unterdrücken.
Ich ignorierte sie beide. »Sie hat also den Geist in dem Zimmer im ersten Stock gesehen, ja?«
»Ja«, sagte Vivien. »Vor ein paar Jahren, als sie anfing, im Gutshaus zu arbeiten. Anscheinend ist es wirklich eine junge Frau, wie alle dachten. Eine sehr hübsche junge Frau, sagt Tante Freda, mit langen blonden Haaren.«
»Sie trägt nicht zufällig ein grünes Kleid?« Ich versuchte, es wie einen Scherz klingen zu lassen.
»Nein, ich glaube nicht. Ich bin mir ziemlich sicher, daß sie sagte, das Kleid sei dunkel. Aber sie sagte auch, die ganze Erscheinung sei irgendwie grau und undeutlich gewesen.«
Geoff sah mich lächelnd an. »Glaubst du, daß deine Grüne Frau sich in meinem Schlafzimmer versteckt?« fragte er.
»Wohl ein etwas langweiliger Ort für sie«, neckte ihn Vivien.
Selbst Iain mußte daraufhin lächeln, und seine Stimmung besserte sich. Er zündete sich eine zweite Zigarette an und setzte sich auf seinem Hocker zurecht.
»Apropos Grüne Frau«, sagte er zu mir, »ich grabe gern den alten Garten wieder für dich aus, wenn du möchtest.«
»Oh nein, danke.« Ich hob flehend eine Hand. »Ich könnte im Leben keinen Garten pflegen. Ich bringe Pflanzen schon um, wenn ich sie nur ansehe.«
»Julia findet, du solltest etwas mit dem Innenhof oben im Gutshaus machen«, mischte sich Geoff ein. »Sie war ganz überrascht, daß du ihn noch nicht bepflanzt hast.«
»Was, die Gruft meinst du?« Iain kniff nachdenklich die Augen zusammen. »Vielleicht komme ich noch einmal dazu«, sagte er. »Man weiß nie.«
»Und wann, bitteschön, willst du dafür auch noch Zeit finden?« Vivien betrachtete ihn nachsichtig. »Mir scheint, du hast wahrlich genug Arbeit am Hals.«
»Gartenarbeit ist keine Arbeit«, korrigierte Iain. »Das ist Erholung. Und du sagst doch immer, ich bräuchte mehr davon.«
»Und weniger von diesen «, deutete sie mit dem Kopf auf die Zigaretten.
Geoff kam seinem Freund zur Hilfe, indem er das Thema wechselte. »Ich habe gehört, daß es am nächsten Wochenende eine große Nachlaßversteigerung in der Nähe von Calne gibt. Lord Ashburns Haus, glaube ich. Hat jemand Lust, mit dorthin zu fahren?«
»Werden auch Bücher versteigert?« fragte ich.
»Nur ein paar hundert.«
Ich lächelte. »Dann kannst du auf mich zählen.«
»Wunderbar. Vivien?«
»Ich würde sehr gerne«, sagte sie, »aber die Versteigerung ist am Samstag, und ich habe Ned versprochen, daß er den Tag freihaben kann, um seinem Sohn beim Rugby zuzusehen.«
Ich wußte nicht, welche Information mich mehr erstaunte – daß Ned, der Barmann, verheiratet war, oder daß sein Sprößling die Energie hatte, Sport zu treiben.
»Schade.« Geoff sah Iain an. »Was ist mit dir?«
»Kann nicht«, lautete die knappe Antwort des Schotten. »Die Scherer kommen am
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