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Mariana

Mariana

Titel: Mariana Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monica Dickens
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Babs zuhörte, über deren hagerem Gesicht ein grünes Barett schwebte. Sie sprach mit ständig wechselndem amerikanischem Akzent auf ihn ein. «Als ich ankam», erzählte sie, «da habe ich zu ihm gesagt: Danach hab ich mich auf dem Absatz umgedreht und hab so gemacht!» und damit schnalzte sie mit den Fingern unter Onkels Knollennase hinweg.
    «Ist das wahr, Babs?» fragte Raymond und hob den Kopf.
    «Nein», platzte sie lachend heraus, «wofür, zum Teufel, hältst du mich? Aber wäre es nicht prima gewesen, wenn ich’s getan hätte? Na, mein Herzchen», sagte sie, als sie bemerkte, daß Mary sie beobachtete, «langweilst du dich?»
    «Nein, gar nicht, danke sehr. Können Sie mir bitte sagen, wie spät es ist?»
    «Halb zehn», sagte Raymond, aus dessen erbsengrünem Jackett ein behaartes Handgelenk schnellte. «Du möchtest sicher gern ins Bett, was?» sagte Babs, und Onkel fügte hinzu: «Percy auch, wie es scheint», worauf er in ein asthmatisches Gelächter ausbrach.
    «Halt die Klappe, Onkel», sagte Babs. «He», sie warf den Verschluß einer Bierflasche quer über den Tisch, «holt mal Luft, ihr Turteltauben, und kümmert euch um euren Nachwuchs.»
    «Ich fühl mich sehr wohl, wirklich, vielen Dank —» sagte Mary. Lieber wollte sie die Enttäuschung wegen des Kinos in Kauf nehmen als die allgemeine Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Onkel Geoffrey wandte sich zu ihr um, und Wanda beugte sich vor und tat überaus herzlich.
    «Lieber Gott, das hab ich ganz vergessen, ich hab der Kleinen ja versprochen, ins Kino zu gehen», sagte er, worauf Wanda sich schmollend in ihren Stuhl zurücklehnte. «Ich hab eine Idee», sagte Onkel Geoffrey, und sein Gesicht hellte sich auf, «du bist doch ein großes Mädchen, wie wär’s, wenn du allein gingst? Hier hast du zehn Schillinge, dann kannst du hinterher mit der Taxe nach Haus fahren. Ich hab Lust, heut nacht durchzumachen. Was hältst du davon?»
    «Um Himmels willen, Percy», begann Babs, aber Mary griff begeistert nach den zehn Schillingen. Sie war noch nie allein im Kino gewesen und auch kaum mal allein mit einer Taxe gefahren. Hier winkte das Abenteuer! Sie schüttelte die Müdigkeit, mit der sie seit dem Essen kämpfte, ab und stand auf.
    «Vielen, vielen Dank, Onkel Geoff, das ist herrlich. Kann ich jetzt gehen?»
    «Wir werden sie hinbringen, ja, Geoffrey?» sagte Wanda, feuchtete einen Finger an und brachte ihr Gesicht vor einem winzigen Spiegelchen in Ordnung. Sie schlüpfte in ihre Schuhe, griff nach einer großen Lackledertasche und einem Paar quastenverzierter Handschuhe und erhob sich. «Komm, mein Herzchen», sagte sie, «gib mir die Hand.»
    Mary ging einen Schritt zurück, und Wanda nahm statt dessen Onkel Geoffrey bei der Hand. Die anderen drei verabschiedeten sich von Mary und sagten: «Mach keine Dummheiten, sei schön brav», und «schreib in dein nächstes Stück auch eine Rolle für mich hinein», und Mary stand auf einem Bein und kicherte.
    «Vorwärts», sagte Onkel Geoffrey, und sie gingen alle drei zusammen hinaus. Es war eine heiße, windstille Nacht, und die ersten Sterne erschienen hoch oben am grünlich schimmernden Himmel. Es tat gut, wieder im Freien zu sein.
    «Vielen Dank für das herrliche Essen», sagte Mary höflich, als sie auf einer Verkehrsinsel mitten auf der Straße warteten.
    «Hast du ein Glück», sagte Wanda, die an Onkel Geoffreys anderem Arm hing, «so einen Onkel zu haben, der mit dir ausgeht. Als ich ein kleines Mädchen war, ist niemand mit mir ausgegangen.» Sie lachte, und es klang, als ob ein Pferd wieherte.
    «Meine Süße, du bist doch heute noch ein kleines Mädchen, oder nicht?» erwiderte Onkel Geoffrey, und Mary, die sein von der Laterne beleuchtetes, schweißüberströmtes Gesicht betrachtete, fand, daß er sehr töricht aussah.
    Sie gingen ein paar Schritte bis zum Kino, und Mary konnte es gar nicht erwarten, sich zu verabschieden und das hellerleuchtete Foyer zu betreten. Im letzten Augenblick kamen Onkel Geoffrey Bedenken, als er sah, daß es außer dem Tom-Mix-Film noch mit Leatrice Joy gab.
    Er studierte die Standfotos mit größtem Interesse, wobei er sein Monokel mal ins eine, mal ins andere Auge klemmte. «Eva mit dem Feigenblatt», sagte er wehmütig und drehte sich zu Wanda herum: «Sollten wir

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