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Mariannes Traenen

Mariannes Traenen

Titel: Mariannes Traenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas M.
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und unbeweglich stand er da, mitten in der Stallgasse, die Hände in den Hostentaschen, und musterte sie. Oh Gott, jetzt bin ich entdeckt , schoß es ihr siedend heiß durch den Kopf.
    „Was tun Sie hier “, fragte sie verzweifelt, nachdem sie wieder Luft bekam. Und schalt sich selbst, daß sie so eine dumme Frage stellen konnte.
    Oh Gott, er hat mich gesehen! Und im gleichen Augenblick wurde ihr die Absurdität der Situation klar. Er sieht dich! Genau jetzt sieht er dich, in einem Stall, angekettet, mit Striemen auf Rücken und Lenden, und auf dem Boden liegt eine Peitsche.
    „Bitte …“, faßte sie sich ein Herz. „Bitte, machen Sie mich los … Bitte!“, flehte sie ihn an.
    Er kam langsam auf sie zu, nahm eine Hand aus der Hostentasche und näherte sie ihrem Gesicht. Unwillkürlich versuchte sie, der Berührung auszuweichen, und er hielt kurz in seiner Bewegung inne. Schließlich sah sie ein, daß sie wehrlos war. Auch seiner Berührung konnte sie sich nicht entziehen. Doch zu ihrer grenzenlosen Erleichterung schlug er sie nicht, sondern strich ihr mit vorsichtiger Geste eine Haarsträhne aus dem Gesicht.
    „Ich löse Sie von den Ketten, wenn Sie es wünschen. Sind Sie sicher, daß Sie das möchten ?“, fragte er leise und mit undurchdringlicher Miene.
    „Was … Sie … ich … bitte! Bitte! Machen Sie mich doch bitte los.“
    Er schloß für eine Sekunde die Augen, dann schüttelte er kaum wahrnehmbar den Kopf. „Vielleicht sollte ich das besser nicht tun.“
    „Aber warum denn nicht?“ Marianne schluckte und kämpfte mit den Tränen. „ Bitte! “
    „Nein “, sagte er. „Es wäre nicht gut.“ Er sah ihr direkt in die Augen und schien einen Moment lang wie traumverloren. „Es wäre nicht gut für Sie.“
    „Aber … aber …“ Marianne fand keine Worte. Sie hatte für einen Moment gehofft, aus ihrer entsetzlichen Lage befreit zu werden. Doch nun?
    „Sie werden erpreßt.“ Er sprach leise und schaute sich kurz um, warf einen Blick zum Eingang.
    „Ich … Sie … Sie wissen …?“
    Er nickte. „Die Bürotür stand offen .“ Und fügte auf Mariannes entsetzte Sprachlosigkeit hinzu: „Lange genug.“
    Marianne schloß die Augen. Das war ihre Vernichtung. Nun gab es keine Rettung mehr. Sie stand vor dem Abgrund.
    „Ich mache Sie los. Aber dann wird zwangsläufig all das geschehen, was Sie zu vermeiden suchten – und weshalb Sie sich jetzt hier in dieser Lage befinden“, erklärte er leise. „Wollen Sie, daß das geschieht?“
    Marianne hielt angestrengt die Augen geschlossen, als wolle sie dadurch den obszönen Reigen der Gedanken und Ängste dahinter im Zaum halten.
    „Es ist schlimm, aber ich fürchte, Sie müssen da jetzt durch“, riß er sie aus ihrer momentanen Trance. „Oder aber ich befreie Sie. Dann wird die Frau Sie sofort bloßstellen mit … mit ihrem Material.“ Er ließ endlose Sekunden verstreichen. „Wollen Sie das wirklich?“, fragte er schließlich.
    „Nein !“, rief Marianne verzweifelt. „Alles, nur das nicht …“ Sie sah ihn an. „ Bitte!“, flehte sie leise. „Bitte! Ich flehe Sie an, helfen sie mir!“
    Nachdenklich sah er sie an. Und dann schien er sich einen Ruck zu geben. Er trat ganz nah an sie heran, und mit einem Mal sprach er schnell, leise und eindringlich. „Hören Sie mir zu“, sagte er. „Ich werde versuchen, Ihnen durch das hier hindurch zu helfen.“ Durch Marianne lief ein unterdrücktes Schluchzen. „Vertrauen Sie mir. Ich werde Sie nicht losketten“, sagte er. „Aber durch die Tortur heute müssen Sie durch. Ich verspreche Ihnen“, beantwortete er den Schrecken in den tiefbraunen, flehenden Augen vor seinem Gesicht, „ich verspreche, Ihnen das Schlimmste zu ersparen.“ Er zögerte einen Moment. „Sie müssen mir jedoch unbedingt vertrauen“, sagte er leise.
    „Ich habe doch … ich habe doch gar keine Wahl …“, bettele Marianne.
    Er schüttelte den Kopf. „Nein “, sagte er leise und kam ihr dabei noch etwas näher. „Die haben Sie leider nicht. Sie werden mir blind vertrauen müssen“, beschwor er sie. „Egal was gleich geschehen wird – wenn ich Ihnen helfen soll, müssen Sie auch das, was ich tun werde, einfach erdulden und dürfen uns mit keinem Wort verraten. Werden Sie das können?“
    Ängstlich, wie ein verschrecktes Kind, nickte sie nur.
    „Sie werden heute abend ausgepeitscht werden – dagegen werde ich nichts tun“, sagte er. „Wenn ich Ihnen helfen soll, aus der Sache herauszukommen, dann darf Ich

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