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Marie ... : Historischer Roman (German Edition)

Marie ... : Historischer Roman (German Edition)

Titel: Marie ... : Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helene Luise Köppel
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herauszuschlagen. Schließlich empörte er sich ein weiteres Mal über die Schildläuse und die Maikäfer - und Juliette hing die ganze Zeit über an seinem Mund wie eine Taubstumme an dem ihres Lehrers. Schande und Schmach.
    Unerwartet kam sie mir doch tatsächlich zu Hilfe, und ich nahm wenigstens für diesen Augenblick alles zurück, was ich jemals über sie gesagt oder von ihr gedacht hatte.
    „Barthélémy“, säuselte sie und klopfte ihm auf den Arm. „Wo liegt denn dieses Grabmal, das du damals gefunden hast? Du hast mir nie davon erzählt. Was hat es damit auf sich?“
    „Dass du das überhaupt noch weißt, Marie. Es ist doch so lange her.“
    Ich zuckte mit den Schultern. „Ich vergesse wohl nur wichtige Dinge ...“
    „Also, ich glaube, ich würde es sofort wiederfinden“, sagte mein Bruder. „Es lag auf einem völlig zugewachsenen Hügel, genau an dem auffälligen Bogen, den der Rialsesse macht, an der Straße zwischen Serres und Arques. Aber sicher existiert das Grabmal längst nicht mehr.“
    Es war gesagt. Dem Herrn sei Dank!
    „Besucht ihr morgen früh die Eltern in ihrem neuen Häuschen?“ lenkte ich behutsam ab.
    Barthélémy nickte. Juliette jedoch zeigte wenig Begeisterung.
    „Ihr müsst sie einfach aufsuchen!“ drängte ich sie. „Sie sind so stolz auf das Häuschen. Schaut es euch an und lasst Olive ruhig noch einen Tag oder zwei bei ihnen, wenn sie es möchte. Sie ist ihr einziges Enkelkind und wird es wohl bleiben.“
    „Aber Marie!“ sagte da Bérenger, inzwischen mehr als zufrieden: „Wie kannst du so eine Voraussage machen? Madame Juliette ist doch noch so jung!“
    Juliette kicherte albern. Ihre Augen strahlten im flackernden Licht der Laterne. „Sie sind zu liebenswürdig, Hochwürden! Ach, und Ihr herrliches Anwesen! Nein, wirklich, so etwas habe ich niemals zuvor gesehen. Wollen Sie mir morgen nach dem Besuch bei den Schwiegereltern Ihre Bibliothek zeigen?“
    „Selbstverständlich, Madame, ich stehe zu ihren Diensten. Aber nur, wenn Sie mir versprechen, keine Angst zu haben vor der Weißen Frau, die dort oben spukt!“
    Juliette kicherte wieder.
    Dieser alte Charmeur. War ein einigermaßen hübsches Weib in seiner Nähe, fing er an, mit ihm zu poussieren.
    Als wir die breiten Treppen wieder hinabstiegen, die von der Terrasse in den Garten führten, zwinkerte er aber mir zu und nicht Juliette.

30
    „Befrage mit zufriedenen Augen
    deinen Spiegel …“
    François Maynard , La belle vieille

    Der Besuch der drei Dénarnauds aus Lyon war dennoch nicht ohne Schatten. Kaum hat man einen kleinen Erfolg verzeichnet, folgt offenbar die Strafe auf dem Fuße. Dass meine Schwägerin neugierig war, hatte ich gewusst. dass sie es aber derart dreist trieb, konnte niemand ahnen.
    Am nächsten Morgen, noch vor Sonnenaufgang, erwischte ich sie, wie sie sich mit einer Kerze in der Hand aus dem Keller schlich. Ich war schon so früh aufgestanden, weil Valentine Maurois vor der Arbeit im Weinberg in die Villa Béthania kommen wollte, um mit mir zusammen aufzuräumen und das Geschirr zu spülen. Henriette hatte sich am Abend zuvor mit einem bösen Hexenschuss ins Bett gelegt.
    „Suchst du etwas Bestimmtes, meine Liebe?“ fragte ich die Schwägerin. Da sie mich nicht bemerkt hatte, erschrak sie fürchterlich.
    „Marie“, kreischte sie knallroten Gesichts, „du bist wie ein Gespenst! Wie schaffst du es nur, dich so unsichtbar zu machen und im unpassendsten Moment aufzutauchen?“
    „Schande und Schmach! Ich höre wohl nicht recht. Ich erwische dich, wie du dich heimlich im Keller herumdrückst, und du sprichst von einem unpassenden Moment? Entschuldige bitte - aber was hast du dort unten gesucht?“
    „Ach, nichts, nichts. Ich konnte nicht mehr schlafen und wollte mich ein wenig umsehen in diesem herrlichen Haus. Sag, Marie, wohnt der Abbé nicht hier?“ versuchte sie abzulenken.
    „Hast du das Schlafzimmer des Abbés gesucht?“
    Sie schüttelte mit gespielter Entrüstung den Kopf. „Aber nein, aber nein! Wo denkst du hin.“
    „Tja, wenn das so wäre, hättest du Pech gehabt. Du wirst ihn hier nicht finden. In der Villa Béthania wohne nur ich allein und natürlich die Gäste, die ihn besuchen. Der Abbé kommt zu den meisten Mahlzeiten herüber, er schläft aber entweder in seinem Turm oder im alten Pfarrhaus, dessen übrige Räume Antoine bewohnt.“
    „Aber warum, Marie? Warum hat er dieses herrliche Haus gebaut, wenn er doch nicht darin wohnen möchte? Hat er es etwa für

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