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Marie ... : Historischer Roman (German Edition)

Marie ... : Historischer Roman (German Edition)

Titel: Marie ... : Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helene Luise Köppel
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Pyrenäenhund des lieben Jacques erinnerte.
    Pomponet? Mela? Welch ausgefallene, verrückte Namen!
    Nein, nicht ganz. Ungefähr von diesem Zeitpunkt ab – wir schrieben inzwischen das Jahr 1895 - überließ Bérenger nichts mehr dem Zufall. Er wollte Freund und Feind verwirren. All jene, die sich mit alter Geschichte beschäftigten, sollten glauben, dass Rennes-le-Château mit Pyrenae gleichzusetzen sei, der Stadt mit Gruben voll fabelhafter Reichtümer. Herodot hatte sie gegen 400 vor Christus erwähnt, und der spanische Schriftsteller Pomponius Mela gab den Hinweis, dass sie genau südlich von Carcassonne zu finden seien. Genau südlich von Carcassonne aber liegt Rennes-le-Château.
    Schande und Schmach, auch wenn ich noch so intensiv darüber nachgrüble, leuchtet es mir nicht ein, warum man die Menschen auf Dinge aufmerksam macht, die man eigentlich geheimhalten will. Doch Bérenger und Boudet waren längst nicht mehr aufzuhalten, forschen war ihre Leidenschaft, verschlüsseln ihr Zauberwort, verwirren ihre Devise.

    Mit den Tieren kam Didier, ein braver junger Mann, der ihre Pflege und die des Parks übernahm. Er war äußerst tüchtig und ein waches Bürschlein. Ich schreibe mit Absicht „war“, denn ein dreiviertel Jahr nach seinem Dienstantritt verschwand er spurlos. Ob sein Verschwinden mit unserem Geheimnis zu tun hatte oder damit, dass er sich auf die Suche nach seiner heißgeliebten Mutter machte, die vor Jahren mit einem Artisten durchgebrannt war, hatten wir damals nicht herausfinden können. Inzwischen weiß ich natürlich den Grund. Damals jedoch rätselten wir wochenlang und befragten alle möglichen Leute. Ohne Bérenger die Arbeit aufzukündigen, ohne vorausgegangenen Streit oder unschönen Wortwechsel, ohne eine Erklärung mir, Henriette oder Antoine gegenüber ist er mit seinem Bündel einfach den Berg hinuntergegangen und nicht mehr zurückgekommen. Bérenger allerdings hat nur mit den Schultern gezuckt und gesagt: „So ist es mit manchen Menschen, Marie. Sie wollen frei sein und den Zeitpunkt ihres Kommens und Gehens selbst bestimmen. Außerdem hat der Junge gutes Geld verdient bei uns, es wird ihm genügt haben, denke ich.“
    Leider war der tüchtige Didier kaum durch jemand anderen zu ersetzen. Schon im Morgengrauen hatte man ihn mit den Futtersäcken auf der Schulter und der Mistgabel antreffen können. In nicht wenigen Vollmondnächten, wenn die Pfauen hysterisch zu kreischen begannen und alle anderen – Mela voran – in das unheimliche Rufen einfielen, war er ohne Murren aufgestanden, um für Ruhe zu sorgen. Didier hatte eine besondere Gabe, mit Bérengers Lieblingen umzugehen. Ganz sicher war er kein Merowingerfürst, aber er schien dennoch die Sprache der Tiere zu verstehen. Mit seinen pechschwarzen Haaren und dunkelglühenden, funkelnden Augen – ich dachte immer, es müsste wohl spanisches Blut in seinen Adern fließen – sah er auf den ersten Blick sehr attraktiv aus. Aber ach, wenn er den Mund aufmachte! Seine langen, schief gewachsenen Schneidezähne waren voller schwarzer Löcher. Das ganze Gebiss hing irgendwie nicht an der richtigen Stelle, und wenn er lachte, was oft vorkam, so bekam man zusätzlich eine breite Front roten, ständig entzündeten Zahnfleischs zu sehen, und man dachte bei seinem Anblick unweigerlich an ein missgestaltetes, krankes Pferd. Für alles gibt es zwar ein Kräutlein, der Salbei- und Kamillenabsud, den ich ihm regelmäßig aufbrühte, um die Entzündung zu lindern, half allerdings kaum. Vielleicht hat er ihn zum Blumengießen oder zur Beruhigung der Tiere benutzt, wer weiß?
    Boudet hatte uns Didier Laforche empfohlen ...
    Boudet? Jetzt - im Augenblick des Niederschreibens - muss ich innehalten: nicht nur ihn, auch mich, mich – die Marie, hatte Boudet dereinst hier heraufgeschickt.
    Sehe ich schon überall Gespenster?
    Doch wie groß ist wirklich Boudets Anteil an meiner, an unserer Geschichte und am Verschwinden Didiers? Welche Kriterien legte dieser Priester an, bei der Auswahl derjenigen, die, aus welchen Gründen auch immer, in Bérengers Nähe gelangen sollten? Hatte oder habe ich überhaupt etwas mit dem verschwundenen Gärtner gemeinsam? Auf den ersten Blick nicht. Didiers Schweigsamkeit, seine Unterwürfigkeit und sein vorauseilender Gehorsam waren mir nicht angeboren. Ich jedoch, ich liebte Bérenger und war ihm aus diesem Grunde ergeben. Wie aber hätte Boudet eine solche Entwicklung vorhersehen können? Hatte er eiskalt eine

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