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Marie ... : Historischer Roman (German Edition)

Marie ... : Historischer Roman (German Edition)

Titel: Marie ... : Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helene Luise Köppel
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machte. Sie stellte plötzlich das Plätteisen zur Seite und lachte hellauf.
    „Was ich dir schon gestern erzählen wollte, Marie - kennst du das neueste Gerücht, das der bucklige Jean verbreitet?“
    „O nein, nicht schon wieder, Henriette! Will er denn niemals Ruhe geben?“ Ich stöhnte und hielt inne mit dem Zusammenlegen der Wäsche.
    „Nein, nein, beruhige dich wieder. Es hat nichts mit dir zu tun. Doch es ist so haarsträubend, dass alle Leute im Dorf darüber lachen!“
    „Was erzählt er denn?“
    „Er erzählt jedem, der es hören will oder auch nicht, dass unser Abbé kürzlich mit einem Fremden durch den Wald gelaufen wäre und dabei laut geschrien hätte: ´Jesus von Galiläa ist nicht hier!`
    Mir fiel der Kopfkissenbezug aus der Hand, und ich wusste nicht, ob ich lachen oder mich vor Henriette entsetzt zeigen sollte. Hatte Jean mir nicht das gleiche nachgerufen, als ich ihn in die Brombeeren gestoßen hatte?
    Am Abend erzählte ich es Bérenger. Kreidebleich im Gesicht sprang er aus seinem Sessel auf.
    „Was erzählt dieser Idiot?“ brüllte er, so dass ich vor Schreck zusammenfuhr. „Der Kerl ist unzurechnungsfähig, niemals habe ich ...“
    Er fing an, auf und ab zu laufen, wie Mela es in seinem Käfig tut.
    „Lass mich allein, Marie!“ stieß er hervor.
    Beunruhigt zog ich mich zurück. Was sollte ich nur davon halten?
    Nach einer halben Stunde steckte er den Kopf zur Küchentür herein und sagte:
    „Marie, wir wissen alle, dass Jean ein armer Kerl ist. Stupide, zurückgeblieben, einfältig. Dennoch können solche Leute ein großes Durcheinander anstellen mit dem, was sie sich in ihrem Kopf zusammenreimen. Ich werde mit ihm über seine Lügenmärchen reden. Du und Henriette, ihr vergesst das Ganze auf der Stelle. Ich dulde kein weiteres Gerede über solch einen Unsinn!“
    Daraufhin eilte er in die Sakristei.
    Ich ging zu Bett, um nachzudenken. Der Bucklige log nicht. Was er im Kornfeld gesehen hatte, war die Wahrheit gewesen - und was er im Wald gehört hatte, wohl auch. Da konnte Bérenger sagen, was er wollte.
    Es lag etwas in der Luft.

    Bérenger wurde von Tag zu Tag schweigsamer. Er hatte kaum Zeit für mich, und unsere Liebe litt darunter. Nur mit Boudet, der offensichtlich noch immer sein eigenes Kirchspiel vernachlässigte und mehr hier heroben war als im Tal, sprach er stundenlang. Ihm hat er auch eine Inschrift gewidmet in der restaurierten Kirche.
    Ich wusste aus Bérengers Tagebuch, dass es Boudets Plan war, Asmodi zu uns kommen zu lassen, (den Teufel). Klauen, Hörner, Gabel, alles war vorhanden, was zu einem richtigen Dämon gehört. Die Manufaktur von Giscard & Sohn in Toulouse wird sich nicht wenig gewundert haben über diesen ungewöhnlichen Auftrag für eine Kirche. Auf dem Sockel der Figur prangt ein rotes Medaillon: „BS“ steht darauf geschrieben.
    „Bérenger Saunière?“
    Auf meine vorsichtige Frage lachte Bérenger nur. „Auch du denkst nur in Schwarz und Weiß, so wie alle anderen im Dorf. Es könnte doch auch gut ´Boudet-Saunière` bedeuten, oder vielleicht ´Basilisk und Salamander`? Nun, Asmodi, der Hüter der Geheimnisse, Wächter verborgener Schätze, ist eine Respektsperson. Einer jüdischen Legende zufolge war er der Erbauer des Tempels in Jerusalem. Auch hier bei uns wird er seine Pflicht erfüllen! Keiner von den Dörflern wird es zukünftig wagen, hinter mir her zu schnüffeln!“
    Ich ignorierte den Teufel weitgehend, machte auch niemanden auf die fast identische Körperhaltung der anderen Statue aufmerksam. Beide jagen sie mir noch heute Angst ein, Asmodi und Unser Herr, so wie sie auf den Boden starren. Asmodis Last, der Weihwasserkessel, drückt ihn tatsächlich nieder wie einst das Kreuz den Herrn, und das Wasser des Täufers zwingt Jesus in die Knie.
    Boudet und Saunière – die beiden Priester. Wer ist Basilisk und wer Salamander?
    Ich weiß es nicht.

    Die Menschen, die zur Einweihung der Kirche von weither heraufgepilgert waren, um endlich mit eigenen Augen den „Leibhaftigen“ zu sehen, von dem man bereits allenthalben sprach, waren gleich mir nicht wenig schockiert, als sie dem Unaussprechlichen plötzlich Aug in Aug gegenüberstanden. Bérenger und Boudet, die am Eingang auf den Bischof warteten, hatten die Leute aus den Augenwinkeln heraus beobachtet und sich, wie sie mir später erzählten, köstlich darüber amüsiert, wie manch einer noch schnell ein Kreuz schlug oder ein kurzes Stoßgebet hervorstieß, in dem Augenblick, in dem

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