Marie + Leo = Liebe (German Edition)
angenommen.
Dennoch konnte Marie nicht nachvollziehen, weshalb Leo nicht nachgab,
während er nicht verstehen wollte, dass es Momente im Leben gab, in denen man
seinen Stolz vergessen musste, wie Marie ihm gerade wiederholt erklärte.
Er seufzte, um zu verdeutlichen, wie sehr sie ihm auf den Wecker ging mit ihrem Waldorf-Gesülze.
„Ich habe dir bestimmt schon tausendmal gesagt, dass ich mit diesem…
Typen“, er rümpfte die Nase, „ nichts zu tun haben will.“
„Ich weiß“, räumte sie ein, „aber das war doch eine ganz andere Situation.“
„Wieso? Er hat meine Mutter und mich immer noch mit einem Arsch voll
Schulden im Stich gelassen. Daran hat sich nichts geändert.“
Er wurde laut und wusste, dass das ungerecht war. Aber bei diesem Thema
wurde er nun einmal wütend. Dass Marie das jetzt zu spüren bekam, tat ihm zwar
leid, aber sie hätte ihm einfach von Anfang an Recht geben sollen, dann wäre
die Sache längst gegessen gewesen.
„Er wird sterben, Leo. Und er will dich sehen. Ich finde wirklich, du
solltest das machen. Verstehst du nicht, dass er das geklärt haben will?“
Er schüttelte den Kopf.
„Ich könnte beim Einsatz auch jede Sekunde draufgehen und hatte trotzdem
noch nie den Wunsch, mich deshalb mit ihm zu versöhnen. Aber wenn es dir so wichtig
ist, fahre ich hin.“
Marie war erleichtert. Sie hielt es für das Beste für alle Beteiligten,
wenn Vater und Sohn sich nach über zwanzig Jahren wenigstens kurz sprachen,
bevor es dafür bald für immer zu spät wäre. Daher war sie über Leos Meinungsumschwung
mehr als froh.
„Dann werde ich dem Wichser mal so richtig die Meinung geigen“, ergänzte
Leo, um Missverständnissen vorzubeugen.
Die nächste Dreiviertelstunde verbrachte Marie nun damit, Leo dazu zu
bewegen, René vielleicht lieber doch nicht mehr zu besuchen.
Drei Wochen später überreichte Leo ihr wortlos einen Umschlag mit der
Todesanzeige von René Faber.
Leo lag neben Marie und grinste
sie so breit an, dass sie den Eckzahn sehen konnte, an dem die Spitze
abgebrochen war.
Wenn man das nicht genau
wusste, fiel es vermutlich gar nicht auf, aber Marie war dabei gewesen, als es
passiert war: an dem Abend, als dieser widerliche Typ sie um jeden Preis hatte
abschleppen wollen. Der andere ging gleich zu Boden und konnte sich schnell überhaupt
nicht mehr wehren gegen Leo, der sicherheitshalber noch ein bisschen weiter auf
ihn eindrosch und erst nach dem Eingreifen des Türstehers damit aufhörte.
Leo bestand darauf, die Kitsche im Zahn zu behalten, schließlich, so meinte er,
symbolisierte sie, dass er Marie für immer beschützen würde. Schon damals hatte
Marie diese Aussage für den Gipfel der Romantik gehalten und auch jetzt, viele
Jahre später, war sie noch gerührt, wenn sie an Leos Versprechen dachte.
Vorsichtig fuhr er mit einem
Finger die Konturen ihres Gesichts nach.
Marie lächelte und musste sich
ein bisschen zusammenreißen, denn sie war sehr kitzlig. Trotzdem ließ sie ihn
anstandslos gewähren. Sie genoss es so sehr, von ihm berührt zu werden, fand es
aber dennoch merkwürdig, dass seine Berührungen noch immer so eine starke
Reaktion bei ihr auslösten.
Sobald er sie berührte, fühlte
sie sich wie unter Strom. Sie hatte jetzt eine Woche lang Zeit gehabt, um sich
daran zu gewöhnen, aber bis jetzt hatte sich nichts geändert.
Sie hatte sich kurzerhand für
ein paar Tage krankgemeldet, ihr Onkel war Arzt und für irgendetwas musste die
gut betuchte Verwandtschaft ja gut sein, wenn sie schon keine dreiwöchigen
Aufenthalte in der Karibik zu Weihnachten verschenkte.
Marie war nicht die einzige aus
der Redaktion, die plötzlich von akuter Unlust befallen worden war, und so
hatte Hanno sich großzügigerweise bereiterklärt, ihr
ein paar Pressemitteilungen zu mailen, zu denen sie Meldungen verfassen sollte,
„damit du nicht ganz aus dem Tritt kommst“. Diese Tätigkeit bestand
größtenteils darin, für jedes Wort in der Meldung ein Synonym zu finden und den
umformulierten Text zurück an die Redaktion zu schicken.
Doch selbst das war gar nicht
so einfach, wenn sie neben Leo auf dem Sofa saß und er gedankenverloren an
ihren Locken zupfte oder sonst irgendwie an ihr herumwuselte .
„Bist du glücklich?“, fragte
Leo.
Marie nickte. Sie hätte ihm am
liebsten in einem üppigen Wortschwall dargelegt, wie glücklich sie war, aber der Kloß in ihrem Hals machte ihr einen
Strich durch die Rechnung. Sie schluckte zwei, drei Mal, dann
Weitere Kostenlose Bücher