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Marilene-Mueller 04 - Wenn Ostfriesen sterben

Marilene-Mueller 04 - Wenn Ostfriesen sterben

Titel: Marilene-Mueller 04 - Wenn Ostfriesen sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beate Sommer
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betraten.
    »Kriminalpolizei Leer«, bellte er denn auch in bester Böser-Bulle-Manier, »zu Herrn Degener!« Er registrierte befriedigt, wie alles vornehm geflüsterte Schachern erstarb und sämtliche gezupften Brauen im Raum irritiert hochflogen. Die anwesenden Männer hingegen konsultierten durchweg ihre teuren Uhren unter den mit teuren Knöpfen bestückten Manschetten, als tue die Uhrzeit des Aufruhrs auch nur das Geringste zur Sache.
    »Haben Sie einen Termin?«, fragte der bebrillte Empfangsbesen spitz.
    »Brauchen wir nicht.« Lübben schüttelte den Kopf und zeigte Zähne.
    Sie schien zu schwanken, was schlimmer wäre, der Anpfiff vom Chef oder die mangelhafte Diskretion. »Wenn Sie mir dann bitte folgen würden?«, entschied sie.
    Der Flur war lang, und sämtliche Vorgänger Degeners blickten überaus seriös von den Wänden auf ihrem Weg, der naturgemäß in einem Vorzimmer endete. Reges Getuschel setzte ein, bevor die zweite Wächterin der Untugend achselzuckend aufstand und hinter einer ledergepolsterten Tür verschwand. Ob dies dem Schallschutz diente oder die Fäuste wütender Anleger vor gravierenden Verletzungen bewahren sollte, erschloss sich Zinkel nicht. In jedem Fall dauerte ihm die Unterhaltung dahinter entschieden zu lang, und er verständigte sich stumm mit Lübben darauf, die Festung zu stürmen.
    Klopfen erübrigte sich, und auf den Griff zur Waffe verzichtete er, wenngleich unwillig. Er öffnete die Tür. »Herr Degener«, sagte er freundlich, es war an der Zeit, umzuschalten, »wie war das doch gleich mit dem Berg und dem Propheten? Es geht um Ihre Tochter, wir werden Sie nicht über Gebühr aufhalten …«
    Die Empfangsdame stöckelte rückwärts hinaus, nettes Kunststück, Zinkel war versucht zu applaudieren, widerstand dem Drang und stellte sich und Lübben vor.
    »Nun denn.« Degener kam hinter seinem ausufernden Schreibtisch hervor und wies auf eine lederne Sitzgarnitur. »Was kann ich für Sie tun?«
    »Sie wissen, dass eine Schulkameradin Ihrer Tochter ums Leben gekommen ist?« Lübben setzte sich sprungbereit auf die äußerste Kante eines der Sessel.
    »Was soll meine Tochter damit zu tun haben?« Degener gab sich rechtschaffen entrüstet und richtete sich zur vollen Größe von maximal eins sechzig auf, inklusive flaumig schütterem Blondhaar, das durch reichlich Gel die Illusion von zusätzlichen zwei Zentimetern schuf.
    Zinkel genoss es, stehen zu bleiben. »Sie ist die Anführerin einer Mobbing-Clique«, erläuterte er.
    »Wer Druck nicht standhalten kann, sollte sich ihm nicht aussetzen«, sagte Degener. »Mobbing, so es das in dem Fall, den Sie im Sinn haben, war, ist meines Wissens kein Straftatbestand. Und vor allem wohl nicht Angelegenheit der Kripo. Also was wollen Sie von mir beziehungsweise Jenny?«
    »Anstiftung zum Suizid ist auch kein Straftatbestand«, warf Lübben ein, »unterlassene Hilfeleistung hingegen schon.«
    »Mord natürlich auch«, übernahm Zinkel wieder, »wo es mit der Anstiftung zum Selbstmord nicht geklappt hat.«
    »Dann entscheiden Sie sich doch erst mal, bevor sie mit Ihren Anschuldigungen hausieren gehen«, sagte Degener.
    »Schon erledigt«, entgegnete Lübben. »Auf dem Körper der Toten wurde reichlich Fremd- DNA gefunden. Wir brauchen eine Vergleichsprobe Ihrer Tochter.«
    »Haben Sie dafür einen richterlichen Beschluss?«
    »Noch nicht«, gab Zinkel zu. »Haben Sie kein Interesse daran, dass wir Ihre Tochter als Täterin ausschließen können?«
    »Wenn das alles ist, warum sind Sie dann hier?«, fragte Degener. »Meine Tochter finden Sie zu Hause oder in der Schule.«
    »Warum sind Sie am Freitag nicht erschienen?«, leitete Lübben den Themenwechsel ein.
    »Das erschien mir überflüssig, zumal Jenny mir glaubhaft versichert hat, dass sie nichts mit dem Tod dieses Mädchens zu tun hat.«
    »Woher hat Jenny das blaue Auge?«, fragte Zinkel.
    »Woher soll ich das wissen?«
    »Haben Sie sie nicht danach gefragt?«
    »Doch, doch, natürlich«, versicherte Degener eilfertig, »eine handfeste Meinungsverschiedenheit unter Schülern, den Namen der Kontrahentin habe ich leider vergessen. Aber auch dafür bin ich der falsche Ansprechpartner. Fragen Sie meine Tochter.«
    »Das haben wir bereits«, sagte Zinkel und registrierte ein winziges Zucken der Brauen, einen Hauch von Unmut, der die glatte Fassade seines milchgesichtigen Gegenübers trübte. Diese Information, erkannte er, war neu für Degener, Mutter wie Tochter zogen es offenbar vor,

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