Marionetten
erklärter Feind des Terrorismus nicht nur bereit, sondern erpicht darauf sind, mit mir zu kooperieren, und zwar in jedweder Art, Gestalt oder Form, die diese hochgeheime Operation erforderlich macht, über die Sie bis auf weiteres absolut im dunkeln gelassen werden. Meine Frage an Sie ist darum: Habe ich recht? Werden Sie kooperieren, oder werden Sie uns wie zuvor bei unserem Krieg gegen den Terror in den Rücken fallen?«
Er ließ Brue keine Zeit, zurückzuschießen. Er hatte aufgehört zu belfern und übte sich schon in Anteilnahme.
»Ganz abgesehen von Ihrem guten Willen, Tommy, an den wir hier ja appellieren: überlegen Sie doch, was alles gegen Sie spricht. Sie sind nur einen kleinen Schritt vom Konkurs entfernt, selbst ohne eine Anzeige wegen Geldwäsche. Dann die Frage, was wohl die Deutschen von einem britischen Bankier halten würden, der auf ihrem Boden mit einem flüchtigen islamistischen Terroristen anbändelt – nicht auszudenken ! Sie wären im Arsch. Dabei könnte es alles so leicht sein. Verstehen Sie, was ich meine? Ich bin mir nicht ganz sicher, daß ich zu Ihnen durchdringe. Muß ich Ihnen mit Annabel kommen?«
»Das heißt also Erpressung«, bemerkte Brue.
»Zuckerbrot und Peitsche, Tommy. Wenn wir das Ding schaukeln, sind die Sünden der Vergangenheit vergessen, die Finanzwelt sieht Sie mit anderen Augen, und Brue Frères geht nicht den Bach runter. Was könnte fairer sein?«
»Und der Junge?«
»Wer?«
»Issa.«
»Ja, richtig. Ihre altruistische Einlage. Tja, das hängt davon ab, wie gut Sie Ihre Rolle spielen. Er gehört natürlich den Deutschen. Wir können ihre Souveränität nicht antasten, letztlich müssen sie entscheiden, was mit ihm passiert. Aber niemand wird ihn nach dieser Sache allzu hart anpacken, ganz sicher nicht. So was würde hier keiner machen.«
»Und Frau Richter? Was soll sie getan haben?«
»Annabel. Oh, die ist auch mächtig in der Bredouille, theoretisch jedenfalls: Sie hat Umgang mit ihm, sie hat ihm beim Untertauchen geholfen, wahrscheinlich darf er sie auch noch flachlegen …«
»Ich habe Sie gefragt, was mit ihr passieren wird.«
»Nein, haben Sie nicht. Sie haben gefragt, was sie getan hat, und ich habe es Ihnen gesagt. Was sie mit ihr machen – fragen Sie mich was Leichteres. Ihr den Kopf waschen und sie laufenlassen, wenn sie einen Funken Verstand haben. Sie hat sagenhafte Beziehungen, aber das wissen Sie ja sicher.«
»Nein, das wußte ich nicht.«
»Alte Juristenfamilie, diplomatischer Dienst, Titel, die sie weglassen, Landsitz bei Freiburg. Ein Klaps auf die Finger und dann ab nach Hause mit ihr, würde ich tippen, so wie dieses Land funktioniert.«
»Dann soll ich Ihnen sozusagen per Blankoscheck meine Dienste zusichern, verstehe ich Sie da richtig?«
»Wenn ich ganz ehrlich sein soll, ja, Tommy. Sie unterschreiben, wir lassen das Vergangene vergangen sein und nehmen proaktiv die Zukunft in Angriff. Und stellen wieder einmal fest, was für einen großartigen, lohnenden Job wir doch machen. Nicht nur für uns. Für all die Menschen da draußen, wie wir in der Branche gern sagen.«
Und zu Brues Erstaunen gab es tatsächlich ein Dokument zu unterzeichnen, und bei genauerer Betrachtung hatte es durchaus Ähnlichkeit mit einem Blankoscheck. Es kam aus einem dicken braunen Umschlag zum Vorschein, der in Lanterns Innentasche verborgen gewesen war, und es verpflichtete Brue zu nicht näher definierten »Aufgaben im Staatsinteresse« und lenkte seine Aufmerksamkeit auf die vielen drakonischen Klauseln des Geheimhaltungsgesetzes und auf die Strafen, die den erwarteten, der gegen sie verstieß. Ratlos sah er erst Lantern an und blickte sich dann in der verglasten Veranda um, ob nicht von irgendwoher Hilfe nahte. Es nahte keine, und so unterschrieb er.
* * *
Lantern war fort.
Hilflos vor Wut – zu wütend, um auch nur seinen Scotch auszutrinken, wie Lantern so fürsorglich vorgeschlagen hatte – stand Brue in seiner eigenen Diele und starrte die Haustür an. Der Blumenstrauß sprang ihm ins Auge, der noch in sein Papier gewickelt auf dem Dielentisch lag. Er hob ihn auf, roch daran, legte ihn wieder hin.
Gardenien. Mitzis Lieblingsblumen. Gute Adresse. Läßt sich nicht lumpen, unser Ian, wenn er das Geld seiner Regierung verbrät.
Warum hatte er überhaupt Blumen mitgebracht? Um zu zeigen, daß er Bescheid wußte? Bescheid worüber? Über Mitzis Vorliebe für Gardenien? So wie er und Foreman auch Bescheid darüber gewußt hatten, wo Brue am
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