Marissa Blumenthal 02 - Trauma
Fahrt zum Außenriff noch ein Nickerchen machen möchte. Haben Sie eine Kabine, in die ich mich zurückziehen kann?«
»Aber sicher«, sagte Rafe. »Sie können die Hauptkabine nehmen.« Der Chinese lächelte. »Also dann bis morgen um acht«, sagte er, sprang vom Boot auf den Pier und entfernte sich schnellen Schritts. Willy Tong war zufrieden. Er wußte, daß Ned Kelly es auch sein würde. Der einzige schwache Punkt in ihrem ganzen Plan war das Problem gewesen, die Frauen zum Außenriff zu bringen. Das schien jetzt bewältigt zu sein. Er betrat The Crab, eine Kneipe am Hafen, und bestellte ein Braunbier. Noch bevor er es ausgetrunken hatte, tauchte Ned auf und setzte sich neben ihn auf den Barhocker.
»Na, wie ist es gegangen, Kumpel?« fragte er.
»Wie geschmiert«, sagte Willy und berichtete ausführlich.
»Großartig«, sagte Ned. »Ich hatte auch keine Schwierigkeiten. Ich habe eins dieser Motorboote gemietet, mit deren Motor man einen Supertanker antreiben könnte. Komm, trink dein Bier aus! Wir müssen Köder kaufen. Jede Menge Köder.«
Das Hamilton Island Resort hatte so viele Spezialitätenrestaurants verschiedener Nationalitäten, daß Marissa und Wendy lange überlegten, welches sie besuchen sollten. Schließlich entschieden sie sich für das polynesische, in der Annahme, es käme dem Landesüblichen am nächsten. Um sich in die rechte Stimmung zu versetzen, hatten sie sich im Geschenkladen des Hotels Sarong-Kleider mit bunten Blumendrucken gekauft.
Nach dem Abschluß der Vorbereitungen für den morgigen Tauchausflug hatten Marissa und Wendy den Rest des Nachmittags am Swimmingpool verbracht und die warme Tropensonne genossen. Obwohl es dort nicht sehr voll war, gab es genügend Sonnenanbeter, um interessante Beobachtungen anstellen zu können. Sie hatten sich sogar in ein Gespräch mit mehreren männlichen Singles eingelassen, die neugierig geworden waren, als sie hörten, daß die Frauen aus Boston stammten.
Marissa staunte, wie viele Australier schon die Staaten besucht hatten. Viele waren auch in Boston gewesen. Australien schien ein Land der Touristen zu sein. Die sechs Wochen Urlaub, die sie jedes Jahr hatten, schienen für sie ein Aufbruch ins Abenteuer zu bedeuten.
»Wir müssen unsere Ankunft in Australien feiern«, schlug Wendy vor. »Laß uns eine Flasche Champagner bestellen! Ich bin so gespannt auf morgen, daß ich es kaum erwarten kann.«
Das Essen war, wie Wendy es ausdrückte, »interessant«, aber Marissa machte sich nicht viel aus Schweinefleisch. Und daß man hier von großen tropischen Blättern aß, erschien ihr nicht sehr appetitlich. Während sie auf den Nachtisch warteten, sah Marissa nachdenklich Wendy an. »Hast du viel an Gustave gedacht?« fragte sie.
»Natürlich«, sagte Wendy. »Ließ sich ja kaum vermeiden, obwohl ich es gar nicht wollte. Hast du an Robert gedacht?«
Marissa gab zu, daß sie es getan habe. »Es fing schon im Flugzeug an«, sagte sie. »Meinst du, daß ich ihn anrufen soll? Vielleicht habe ich bei dem Vorfall mit Donna doch zu heftig reagiert.«
Der Nachtisch kam. Er nannte sich Extravagante Kokosnuß. Sie kosteten. Wendy sagte, er schmecke nicht besonders, und legte den Löffel hin. »Ist seine Kalorien nicht wert.«
Marissa beugte sich vor. »Wendy«, sagte sie mit gedämpfter Stimme, »hinter dir sitzt ein Asiate, der uns beobachtet.«
Wendy fragte sofort: »Wo?« und wollte sich umdrehen. Marissa packte sie am Arm. »Nicht umdrehen!«
Wendy sah sie verblüfft an. »Was soll das heißen, ich soll mich nicht umdrehen? Dann kann ich doch nicht sehen, wen du meinst!«
»Vorsicht!« flüsterte Marissa. »Er sitzt drei Tische hinter dir und ist mit einem dunkelhaarigen Mann zusammen, dessen Gesicht ich nicht sehen kann. Oh, oh!«
»Was ist denn los?« fragte Wendy.
»Der Dunkelhaarige guckt jetzt auch her«, sagte Marissa.
Wendy konnte sich nicht länger beherrschen und drehte sich ganz um. Danach sagte sie zu Marissa: »Na ja, und? Denen gefallen unsere neuen Sarongs.«
»Der Asiate hat etwas an sich, was mir unangenehm ist«, sagte Marissa. »Er macht mich kribblig.«
»Kennst du ihn?« fragte Wendy.
»Nein«, sagte Marissa.
»Vielleicht erinnert er dich an die beiden Kerle in der Frauenklinik«, sagte Wendy.
»Das könnte sein«, antwortete Marissa.
»Vielleicht ist er aus der Volksrepublik«, sagte Wendy. »Alle Bekannten von mir, die schon mal in China waren, haben erzählt, daß ihnen die Leute dort Löcher in den Bauch
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