Marissa Blumenthal 02 - Trauma
einfacher vorgestellt.«
»Vielleicht sollten wir uns lieber verkrümeln«, sagte Wendy. »Es geht bestimmt nicht gut ab.«
»Erst probieren wir es noch bei Ultraschall«, sagte Marissa. »Da kommen wir ja auf dem Weg zum Ausgang sowieso vorbei.«
Die beiden Frauen traten den Rückweg an. Kurz vor dem Warteraum jagte das schrille Aufjaulen einer Sirene ihnen einen mörderischen Schreck ein. Die Sirene wurde immer lauter, erstarb dann aber langsam. Es war nur ein vorbeifahrender Polizeiwagen gewesen. Ihre Erleichterung war groß.
»Mein Gott!« rief Wendy. »Wir sind ja schon die reinsten Nervenbündel.«
Zum zweitenmal kamen sie am Schreibtisch der Aufnahmeschwester vorbei und probierten es jetzt an der Tür zum Ultraschall. Sie war nicht abgeschlossen. Weiter ging es drin durch den engen Vorraum zu den drei Einzelzimmern. Schon die Tür, die sie als erste probierten, ließ sich öffnen.
»Ein gutes Omen«, sagte Marissa. Da das Zimmer fensterlos war, schalteten sie Licht an. Marissa ging noch einmal zurück und machte die Tür zum Wartezimmer zu und danach die Tür zur Ultraschallstation.
Das Zimmer maß ungefähr sechs Meter im Quadrat und hatte zwei Eingänge: den, durch den sie eben hereingekommen waren, und den, der ins Labor führte. Den hinteren Teil des Zimmers beherrschte das Ultraschallgerät samt Untersuchungstisch. Sämtliche komplizierten elektronischen Teile waren in eine Konsole eingebaut, zu der auch ein Computerterminal gehörte.
»Heureka!« sagte Wendy, trat ans Terminal, setzte sich auf den mit Laufrollen ausgestatteten Hocker und zog sich dicht heran. »Ist dir doch recht, ja?« fragte Wendy. »Informatik war im College mein zweites Hauptfach.«
»Bitte, gern«, sagte Marissa. »Ich hoffte ohnehin, daß du die Sache hier übernimmst.«
»Du kannst mir die Daumen drücken«, sagte Wendy und schaltete den Computer an. Der Bildschirm erhellte sich und strahlte einen geisterhaft wirkenden grünlichen Schimmer aus.
»So weit, so gut«, sagte Wendy.
»Ahhii!« rief Alan Fong, der uniformierte Wachmann. »Du hast recht gehabt. Die Frauen sind eingedrungen!« Er sprach aufgeregt auf chinesisch, genauer gesagt, in einem Kanton-Dialekt. Dabei deutete er auf einen stecknadelgroßen Lichtpunkt in der Mitte des Elektronenboards unter den Monitoren. Dieses Bord gab schematisch die Verteilung der Computerterminals in der Klinik wieder.
»Wo sind sie?« fragte David Pao im selben Dialekt. Er war bedeutend ruhiger als sein Gefährte.
»Sie haben den Computer in einem der Ultraschallzimmer angezapft«, sagte Alan und aktivierte von seinem eigenen Terminal aus die Ultraschallzimmer-Monitoren.
»In diesem Zimmer nicht«, sagte Alan und gab einen neuen Code in den Computer ein. Auch diesmal blieb der Monitor leer.
»Schwierigkeiten?« fragte David Pao.
»Dieses Zimmer ist es auch nicht«, sagte Alan und gab den Code für das dritte Ultraschallzimmer ein.
Auf dem Monitor wurde es lebendig. Bald erschien ein Bild. Deutlich sahen sie Wendy vor dem in die Ultraschallkonsole eingebauten Computerterminal sitzen. Neben ihr stand Marissa.
»Soll ich es aufnehmen?« fragte Alan.
»Bitte«, sagte David.
Alan legte ein Band in den Recorder ein und schloß ihn elektronisch an den entsprechenden Monitor an. Dann drückte er die Aufnahmetaste.
»Wie lange soll ich das Band laufen lassen?« fragte Alan.
»Ist egal«, sagte David. »Das genügt jetzt wahrscheinlich schon.« Alan stoppte das Band, nahm es heraus und versah es dann gewissenhaft mit einem Etikett.
»So, und jetzt werden wir mit ihnen abrechnen«, sagte David, zog ein Paar schwarzer Lederhandschuhe heraus und streifte sie über.
Alan zog den langläufigen Revolver aus der Halfter und überprüfte die Trommel. Sie war mit Mantelgeschossen mit freiliegendem Kern geladen.
Davids gelassene Miene zeigte den Anflug eines schwachen ironischen Lächelns. »Hoffentlich leisten sie keinen Widerstand.«
»Keine Sorge«, sagte Alan mit breitem Grinsen. »Wir können es immer so hinstellen, als hätten sie Widerstand geleistet.«
»Das Codierungssystem ist leicht zu durchschauen«, sagte Wendy.
»Es ist ganz einfach aufgebaut. Hier kommt meine Akte.« Wendy hatte die notwendigen Befehle getippt und gab nun über die Tastatur des Terminals ihre Sozialversicherungsnummer ein. Dann drückte sie die Return-Taste, und sofort erschien die Personalienseite ihrer Akte auf dem Bildschirm.
»Was hab ich dir gesagt?« rief Wendy höchst erfreut. Sie wollte gerade
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