Marissa Blumenthal 02 - Trauma
wird Zeit!«
»Schon?« fragte Wendy verschlafen und richtete sich zum Sitzen auf. Dann stöhnte sie: »Ach, du meine Güte, ich fühle mich vielleicht elend!«
Marissa nickte. »Ja, es ist hart. Ich bin auch noch ganz kaputt. Mir ist wie Mitternacht, dabei ist erst Mittag. Aber daran müssen wie uns gewöhnen.«
Wendy warf sich wieder aufs Bett. »Sag dem Reiseleiter, ich bin tot!«
Eine Stunde später fuhren Marissa und Wendy, schon viel besser in Form, mit dem Fahrstuhl ins Foyer hinunter. Eine zweite Dusche und ein vom Zimmerservice gebrachtes »Tucker«, wie der Page das Frühstück nannte, hatte ihre Lebensgeister mehr angeregt, als sie angenommen hätten.
Vom Foyer aus ging Wendy ins nächste Reisebüro, um sich über das Große Barriereriff informieren zu lassen. Indessen stellte sich Marissa wegen einer Stadtrundfahrt in einer Schlange vor der Hotelauskunft an. Eine halbe Stunde später trafen sie sich wieder.
»Ich weiß jetzt genau Bescheid«, sagte Wendy. »Sieh es dir an!« Sie breitete eine Karte der gesamten Queensland-Küste aus, auf der auch die davorliegenden Inseln eingezeichnet waren.
»Heiliges Kanonenrohr!« rief Marissa. »Wie lang ist denn dieses Riff? Sieht aus, als ginge es bis nach Neuguinea.«
»Praktisch ist es auch so«, sagte Wendy. »Es ist weit über 1500 Kilometer lang und bedeckt eine größere Fläche als Großbritannien. Aber wir fahren hierhin, zum Hamilton Island.« Wendys Zeigefinger deutete auf einen Punkt an der Halbinsel. »Sie gehört zu der Gruppe der Pfingstinseln.«
»Bist du sicher, daß es mir da gefallen wird?« fragte Marissa. Sie war ja nicht so tauchbegeistert wie ihre Freundin.
»Du wirst entzückt sein!« sagte Wendy. »Hamilton Island ist eine gute Wahl, weil es da einen Flugplatz gibt, auf dem Linienmaschinen landen können. Wir können mit Ansett Airlines direkt von Brisbane aus hinfliegen. Normalerweise sind sie ziemlich ausgebucht, aber im April ist noch keine Saison.«
»Gerade das macht mich mißtrauisch«, sagte Marissa. »Im allgemeinen hat es einen triftigen Grund, wenn die Saison noch nicht angefangen hat. Wahrscheinlich ist die Jahreszeit nicht günstig.«
»Man hat mir gesagt, wir könnten vielleicht ein, zwei Gewitter erleben«, sagte Wendy. »Aber das ist auch das einzige Negative.«
»Ist das Tauchen am Riff gefährlich?« erkundigte sich Marissa.
»Keine Sorge«, sagte Wendy. »Wir werden einen Tauchlehrer bei uns haben. Wir mieten ein Boot und fahren ans äußere Riff. Da gibt es die meisten Fische, und das Wasser ist am klarsten.«
»Und was ist mit Haien?« fragte Marissa.
»Von Haien haben sie nichts gesagt«, antwortete Wendy. »Aber es ist so, daß sich die Haie draußen im tiefen Wasser aufhalten, während wir am Riff tauchen. Ich sage dir, du wirst entzückt sein. Du kannst dich auf mich verlassen.«
»Nun, ich habe etwas weniger aufregende Auskünfte eingeholt«, sagte Marissa. »Man hat uns empfohlen, eine Stadtrundfahrt mit dem Bus mitzumachen. Zuerst sagte die Dame, wir sollten zu Fuß herumgehen. Aber als ich einwandte, daß wir gerade erst eingeflogen sind, machte sie mich auf die Busse aufmerksam. Und wir sollen nicht versäumen, das Long-Pine-Koala-Schutzgebiet zu besuchen.«
»Wunderbar«, sagte Wendy erfreut. »Ich liebe Koalas.«
So wurde die Busrundfahrt in klimatisierten, bequemen Fahrzeugen ihre erste Unternehmung. Sie besichtigten das Parlament, ein Gebäude im französischen Renaissancestil, und das Schatzamt, ein Gebäude im italienischen Renaissancestil. Überall waren Straßencafes. Marissa kam gar nicht darüber hinweg, wie locker und entspannt alle Leute aussahen.
Allmählich überkam sie wieder die Müdigkeit. In der zweiten Stunde, als der Bus für die Besichtigung des neuen Kulturzentrums von Queensland die Fahrt verlangsamte, waren Marissa und Wendy ein-
genickt. Der Besuch des Long-Pine-Koala-Schutzgebiets munterte sie etwas auf. Es gab hier nicht nur mehr Koala-Bären, als sie sich hätten träumen lassen, sondern darüber hinaus auch Dingos, Kookaburras, Känguruhs und sogar ein Schnabeltier. Sie konnten mitten zwischen den Känguruhs umhergehen und sie füttern. Die Kraft, die die Tiere in den gekrümmten Vorderklauen hatten, überraschte sie.
Aber die bei weitem liebenswürdigsten Tiere waren doch die Koala-Bären. Wendy war begeistert, als sie erfuhr, daß sie einen in den Arm nehmen durfte. Doch als sie es dann tat, schwand ihre Begeisterung. Die Koalas hatten einen bestimmten Geruch
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